Der Nachfolger Harald Vorleuters:Ein singender Naturwissenschaftler

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Alexander Göbel, Direktor am Tölzer Gymnasium. (Foto: Manfred Neubauer)

Alexander Göbel ist neuer Direktor am Tölzer Gymnasium. Eine Heimkehr nach vielen Umzügen - weltweit

Von Petra Schneider, Bad Tölz

Das Büro von Alexander Göbel sieht aufgeräumt aus. Die Papierstapel, die er bei seinem Antritt Anfang August vorgefunden hat, seien kleiner geworden, sagt der neue Direktor des Gabriel-von-Seidl-Gymnasiums in Bad Tölz. Kreatives Chaos ist nicht seine Sache; Göbel ist Naturwissenschaftler. Er hat Biologie und Chemie an der TU in München studiert und ein Lehramtsstudium an der Ludwig-Maximilians-Universität aufgesattelt. Sich als Nachfolger von Harald Vorleuter zu bewerben, der als Ministerialbeauftragter nach Oberfranken wechselte, sei eine "Bauchentscheidung" gewesen, sagt er. Ungewöhnlich für ihn, denn eigentlich sei er ein sehr rationaler Mensch. "Ich habe die Stellenausschreibung gelesen, und dann hat's klick gemacht", erzählt der 50-Jährige.

Dass er nach fünf Jahren als stellvertretender Schulleiter am Paul-Klee-Gymnasium Gersthofen nun nach Wolfratshausen gezogen ist, ist eine Art Heimkehr: Göbel ist in der Loisachstadt aufgewachsen und hat das Geretsrieder Gymnasium besucht. Seine Lebensgefährtin arbeitet in Bad Tölz, auch viele Freunde hat er hier. "Ich liebe die Landschaft und lebe am liebsten hier."

Göbel ist viel herumgekommen, sein Lebenslauf sei einigermaßen "chaotisch", sagt der geschiedene sechsfache Vater. Einige Jahre lebte er als Kind im Libanon, im Iran und in Algerien, weil sein Vater im Export eines Unternehmens arbeitete und oft Projekte im Ausland übernahm. In Teheran habe er "ein bisschen" Farsi gelernt, erzählt Göbel, auch etwas Arabisch spricht er. Viele Umzüge, viele Schulwechsel: "Das war nicht immer schön, aber ich hab' das ganz gut gepackt." Auch beruflich ist Göbel herumgekommen: Referendariat an Gymnasien in München und Fürstenried, dann Lehrer am Anne-Frank-Gymnasium in Erding. Fünf Jahre lang war im bayerischen Kultusministerium zuständig für Personal- und Fachplanung im Bereich Chemie und Biologie. Anschließend stellvertretender Schulleiter am Dom-Gymnasium in Freising, dann in Gersthofen.

Nun also Direktor am Gabriel-von-Seidl-Gymnasium. Sein Vorgänger Vorleuter habe sich viel Zeit für die Übergabe genommen, sagt Göbel. Er freut sich auf die neue Aufgabe. "Denn alles, was ich bis jetzt hier gesehen habe, macht mir großen Spaß." Er spricht von einem "sehr gut funktionierenden Verwaltungsapparat", "hoch motivierten Kollegen, die begeistert sind von ihrer Sache und zu ihrer Schule stehen", und einem Schulgebäude, das baulich und vor allem hinsichtlich seiner Medienausstattung "einfach klasse ist". Auch das von seinem Vorgänger eingeführte Modell der "erweiterten Schulleitung", bei dem die Mitglieder zusammen mit Lehrern pädagogische Themen bearbeiten, findet er "sehr spannend".

Wenn man Göbel nach seinem Leitbild fragt, winkt er ab. Er will die Schule mit ihren Strukturen erst kennenlernen und ihr kein vorgefertigtes Leitbild aufdrücken. Denn ein solches könne auch einengen. "Situationsangepasst handeln", das sei seine Devise. Das Prinzip der "Offenen Tür" will er beibehalten. "Ich möchte für jeden ansprechbar sein." Vermeiden will der neue Direktor, dass das Tölzer Gymnasium als Eliteschule wahrgenommen wird. Göbel hält eine differenzierte Begabungsförderung für wichtig, bei der jeder Schüler gemäß seinen Stärken und Schwächen gefördert werde. Zum Schuljahr 2018/19 kehren die bayerischen Gymnasium zum G 9 zurück - "darüber freue ich mich", sagt Göbel. Dann könnten Kinder wieder ein bisschen länger Kind sein. Heranwachsende müssten nicht nur lernen, sondern auch reifen. Und eine vertiefte Allgemeinbildung, wie sie das Gymnasium leisten soll, könne man nicht "so husch, husch durchziehen".

In den vergangenen sieben Jahren sind die Schülerzahlen am Tölzer Gymnasium dramatisch von rund 1400 auf 925 gesunken. Das habe vermutlich auch mit dem neuen Gymnasium in Holzkirchen zu tun, das im September 2014 den Betrieb aufgenommen hat. Göbel wünscht sich, dass die Zahlen in Tölz wieder "ein bisschen steigen". Denn sonst würden womöglich Lehrerstunden gekürzt und Kollegen - derzeit etwa 80 - an andere Schulen abgeordnet. Göbel selbst wird keinen Unterricht halten, weil er für das Kultusministerium nebenbei noch eine Datenbank verwaltet. Wenn er nicht in der Schule ist, macht er Taekwondo und singt ("Solo im Bereich Pop"), wandert oder schwimmt.

In seinem Büro hängt eine Schülerarbeit, die sein Vorgänger angebracht hat: Fotografien eines Hundes in verschiedenen Situationen. Die Ohren aufmerksam aufgestellt, der Blick mal angriffslustig, mal freundlich. Göbel gefällt das Bild, weil es jenes situationsangepasste Verhalten zeige, das ihm wichtig ist. "Ich möchte möglichst selten die Zähne fletschen müssen", sagt er und lacht.

© SZ vom 04.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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