Corona in Bad Tölz-Wolfratshausen:Wo der Lockdown light schwer wiegt

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Mit dem Verbot touristischer Übernachtungen im November fehlt Übernachtungsbetrieben wie der Tölzer Sport-Jugendherberge die Gästegruppe

Von Jakob Teterycz, Bad Tölz

Wer in diesen Tagen versucht, bei einer Jugendherberge des Deutschen Jugendherbergswerks (DJH) anzurufen, erreicht in den meisten Fällen keinen Menschen mehr, sondern lediglich eine Mailbox. Der Anrufbeantworter weist darauf hin, das die Herbergen bis Ende November dieses Jahres geschlossen haben. Die am 28. Oktober von Bund und Ländern beschlossenen neuen Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie beeinträchtigen Jugendherbergen stark - darunter auch die Sport-Jugendherberge in Bad Tölz. Mit dem Verbot touristischer Übernachtungen im gesamten November muss das Haus während des Lockdowns erneut schließen. Dank der Mittel aus dem Rettungsschirm "Corona-Programm Soziales" konnte eine Insolvenz und unwiederbringliche Auflösung der Herberge jedoch verhindert werden.

Die runde Sport- und Freizeitstätte eMotion-Base gehört zur Tölzer Jugendherberge dazu. (Foto: Manfred Neubauer)

Holger Strobel, Leiter der Tölzer Jugendherberge, hat durchaus Verständnis für die beschlossenen Vorsichtsmaßnahmen, aber nach einem "Lockdown light fühlt sich die Situation gerade nicht an". Der Zusatz "light" klingt für ihn, als wäre die Situation für die Betroffenen nicht so schwer - im Gegenteil. "Als gemeinnütziger Beherbergungsbetrieb trifft uns das Verbot von touristisch veranlassten Reisen und Übernachtungen extrem hart." Dies bedeute finanzielle Einbußen und Kurzarbeit für das gesamte Mitarbeiterteam. "Wir sind der Bayerischen Staatsregierung und der Stadt Bad Tölz sehr dankbar", so Strobel, denn zum einen könne er auf die dringend benötigten finanziellen Hilfen aus dem Rettungsschirm "Corona-Programm Soziales" zugreifen, zum anderen habe die Entwicklungsgesellschaft der Stadt Bad Tölz die vertraglich geregelten Pachtzahlungen ausgesetzt. "Mit dem Verzicht auf die Pachteinnahmen signalisieren wir, wie sehr uns am Fortbestand der Tölzer Jugendherberge gelegen ist", sagt Ingo Mehner (CSU), Bürgermeister von Bad Tölz. Die hohen Buchungszahlen zu normalen Zeiten belegten "auf eindrückliche Weise", dass die Sport-Jugendherberge nicht nur in Krisenzeiten "hervorragende" Arbeit leiste, sagt der Rathauschef. Aufgrund des Angebots und der Gastfreundschaft sorge sie dafür, dass sich Schüler und Erwachsene in Bad Tölz wohl fühlten.

Die Sport-Jugendherberge Bad Tölz ist eine von etwa 450 des DJH. Im Landkreis gibt es noch zwei weitere Beherbergungsbetriebe, in Lenggries und am Walchensee - auch diese sind aktuell geschlossen.

Die Jugendherberge Bad Tölz versteht sich seit elf Jahren als Bewegungs-, Begegnungs- und Bildungsort für junge Menschen aus der ganzen Welt. Während der Sommermonate konnte der Anteil von Familien mit Kindern unter den Gästen deutlich erweitert werden, heißt es in einer Pressemeldung. Auch Radfahrer hätten verstärkt die Unterkunft aufgesucht. Aufgrund des weiterhin geltenden Verbots von Klassenfahrten fehle allerdings eine zentrale Gästegruppe in der Sport-Jugendherberge und die entsprechenden Umsatzeinbußen ließen sich nicht durch andere Gästegruppen kompensieren. Dennoch arbeiteten das Mitarbeiterteam und die politischen Gremien des DJH an tragfähigen Lösungen für die Corona-Folgen und für das Fortbestehen der Tölzer Sport-Jugendherberge. Denn in der derzeitigen Situation ist es ihnen "nicht möglich, das zu tun, was wir alle am liebsten tun und am besten können - Gastgeber sein", schließt Strobel.

© SZ vom 17.11.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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