Corona in Bad Tölz-Wolfratshausen:Erschreckend ansteckend

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Das BRK Geretsried bietet Schulungen für betriebliche Corona-Testhelfer an. Nun gibt es einen neuen Termin. (Foto: Hartmut Pöstges)

Das Coronavirus kommt im Landkreis vergleichsweise spät an. Erst Mitte März werden die ersten Fälle bekannt. Vor allem gegen Ende des Jahres breitet sich die Krankheit dann aber sehr rasch aus

Von Florian Zick, Bad Tölz-Wolfratshausen

Es ist der 11. März, da erreicht das Coronavirus auch den Landkreis. Das Tölzer Landratsamt meldet an diesem Tag gegen Mittag den ersten nachgewiesenen Fall. Bis dahin hatte die Seuche einen großen Bogen um die Region gemacht - erstaunlich lange. Aber an diesem Tag wird ein Mann um die 50 positiv getestet. Er soll sich im Ausland angesteckt haben. Auch der Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen hat damit seinen ersten Infizierten - viele weitere sollen folgen.

Es ist ein von Unsicherheit geprägter Start in die Pandemie. Bereits Ende Januar hatten sich viele Leute mit Atemschutzmasken eingedeckt. Da war bei der Firma Webasto im benachbarten Landkreis Starnberg gerade ein Corona-Fall aufgetreten, der erste überhaupt in Deutschland. Die Apotheken jedenfalls sind schnell leergekauft. Die Maskenpflicht in den Supermärkten und bei Versammlungen kommt allerdings erst sehr viel später. Selbst bei der Kommunalwahl Mitte März treten sich die Bürgermeisterkandidaten quasi noch mit offenem Visier gegenüber. Mund und Nase hat kaum jemand bedeckt. Nur Händeschütteln, das tut da schon keiner mehr. Statt mit einem Handshake gratuliert man sich da bereits mit dem Ellenbogengruß.

Die Vorsicht hat einen Grund. Denn am 6. März bekommt man eine Ahnung davon, wie ernst das noch alles werden könnte. Da untersagte Landrat Josef Niedermaier (Freie Wähler) unter großem Bedauern das Josefifest am Kloster Reutberg. Im Landkreis gibt es zu diesem Zeitpunkt zwar offiziell noch keine einzige Infektion. Das Josefifest zieht aber immer auch Besucher aus der weiteren Umgebung an. Und zu einer Superspreader-Region, wie es im Winter der Tiroler Skiort Ischgl war, möchte der Landkreis nicht werden.

2020 haben sich fast 2500 Landkreisbewohner mit dem Coronavirus angesteckt, 26 sind gestorben - und das trotz schneller Gegenmaßnahmen. Vom 18. März an müssen die meisten Geschäfte geschlossen bleiben. Es ist der erste bundesweite Lockdown. Auch die Restaurants und Wirtshäuser dürfen keine Gäste mehr reinlassen. Das Da Nonno in der Pupplinger Au führt deshalb einen Drive-in ein. Vorfahren, Pizza einpacken, weiter fahren - das ist zu dem Zeitpunkt noch eine kleine Sensation. Schon bald bieten aber fast alle Gaststätten einen Abholservice an. Jetzt, im zweiten Lockdown, ist das fast schon zu einer Art Gewohnheit geworden.

Apropos Drive-in: Am 19. März eröffnet das Gesundheitsamt in Bad Tölz die erste Corona-Teststation - zunächst steht sie auf der Flinthöhe, später dann gibt es eine Zweigstelle im Farchet. Der Ablauf dort funktioniert im Prinzip wie beim Pizza-Abholen - nur deutlich unangenehmer. Vorfahren, Stäbchen rein, weiter fahren. Der Arzt Jörg Lohse macht in Münsing später eine zweite Teststation auf. Wer unter Corona-Verdacht steht, muss sich dort einem Test unterziehen.

Mitte Mai verbreitet sich langsam eine neue Kennzahl. Der Sieben-Tage-Wert dient künftig als Gradmesser dafür, wie ernst die Corona-Lage aktuell ist. Dieser Wert beschreibt die Zahl der Neuinfektionen, die in den vergangenen sieben Tagen je 100 000 Einwohner aufgetreten sind. Im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen liegt dieser Wert Mitte Mai bei unter vier. Richtung Winter steigt diese sogenannte Inzidenz allerdings auch im Landkreis auf besorgniserregende 200.

Wegen der höhen Ansteckungsquote wird gegen Ende des Jahres alles abgesagt: die Tölzer Leonhardifahrt findet nicht statt, Reichersbeuern muss seine 1000-Jahr-Feier verschieben, selbst die mickrigen Überbleibsel der Christkindlmärkte müssen abgebaut werden. Und Mitte Dezember kommt dann auch der zweite Lockdown. Viele Geschäfte bieten einen Abhol- oder Lieferservice an, um doch noch etwas vom wichtigen Weihnachtsgeschäft zu haben. In vielen Lokalen kann man sich deshalb ein Festessen zum Mitnehmen buchen.

Was bleibt, ist die Hoffnung auf Besserung. Am Kreiskrankenhaus in Wolfratshausen und der Tölzer Asklepios-Klinik stehen inzwischen Impfzentren bereit. Seit dem 27. Dezember sind die ersten Impfdosen im Landkreis angekommen, mobile Impfteams haben die ersten Pikser in Heimen gesetzt - für ein besseres und vor allem gesünderes Jahr 2021.

© SZ vom 28.12.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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