Konzert in Geretsried:Daheim in Jazz und Klassik

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Mit Jazz und und adaptierten Klassik-Stücken heizte Cicos Jazzorchester dem Publikum im Geretsrieder Ratsstubensaal ein. (Foto: Hartmut Pöstges)

Cicos Jazzorchester unter der Leitung von Horia-Dinu Nicolaescu heizt dem Publikum im Saal der Ratsstuben ordentlich ein. Und Sängerin Betty Akhigbe gibt dem Abend mit ihrem großen Stimmumfang noch eine besondere Note.

Von Quirin Hacker, Geretsried

Ob es an den schweißtreibenden Jazzarrangements lag? Oder doch eher an der Hitze im Saal? Beim Konzert von Cicos Jazzorchester ist am Freitagabend jedenfalls viel Schweiß geflossen. Sicher ist: Die Big Band heizte dem Publikum mit Arrangements klassischer Werke und bekannten Jazzstücken ordentlich ein. Unter dem Titel "Jazz dahoam" hatte die Stadt Geretsried die Musiker unter der Leitung von Horia "Cico" Nicolaescu in den Saal der Ratsstuben geholt. Highlight des Abends war Sängerin Betty Akhigbe, die mit ihrer geübten Stimme die Zuhörer beeindruckte.

Mit ihrem weiten Stimmumfang beeindruckte Sängerin Betty Akhigbe die Zuhörer in Geretsried. (Foto: Hartmut Pöstges)

"So, fang ma o, sagt der Bayer": In legerem Boarisch startete Leiter Horia-Dinu "Cico" Nicolaescu das Konzert. Im dunklen Hemd stand er da und ließ mit den Bewegungen seiner Hände die Musik geradezu sichtbar werden: Hier der Einsatz der Saxofone, da ein Akzent der Trompeten. Los ging es mit "Oh Soul Mio", gefolgt von "Blues on Parade", ein Stück mit vielen Solos, die das Publikum mit Applaus würdigte. Dann bat Cico die Sängerin Betty Akhigbe nach vorne, die an der Musikhochschule München Gesang studiert und zusätzlich die Instrumente Violine und Kontrabass beherrscht. Sie und ihr Ehemann Daniel Akhigbe, der ebenfalls im Jazzorchester als Sänger und Trompeter auftritt, bilden ansonsten auch das Hochzeitsduo " musicmadewithlove".

"Jazz ist genauso anspruchsvoll wie klassische Musik": Horia-Dinu Nicolaescu, Leiter des Cicos Jazzorchesters. (Foto: Hartmut Pöstges)

Zwischen den Stücken unterhielt Nicolaescu die Jazzfreunde mit seinen oft weitschweifigen Ankündigungen. "Jazz ist genauso anspruchsvoll wie klassische Musik. Er muss auch genauso ernst genommen werden." Der Leiter sprach nicht ohne Grund von Klassik, denn zwei der Stücke, die das Jazzorchester an diesem Abend darbot, waren verjazzte klassische Kompositionen. Die erste hieß "Song of India", eine Adaption eines Stücks aus Nikolai Rimsky-Korsakows Oper "Sadko", die der russische Komponist 1898 fertigstellte. Die Gruppe brachte die umgeschriebene Version des klassischen Titels überzeugend auf die Bühne. "Mit den Anspielungen auf klassische Musik möchte ich meinen verstorbenen Freund Eugen Cicero ehren", sagte Cico in der Pause. "Er war genial."

Eugen Cicero, Vater des bekannten Jazz- und Popmusikers Roger Cicero, wuchs wie Nicolaescu in Rumänien auf. Anfang der 1960er Jahre floh er nach einem Konzert in Ost-Berlin in die Bundesrepublik. "Er hat klassische Musik zu Jazz gemacht, von Bach über Albinioni zu Mozart und Beethoven." Die zweite Klassikadaption mit dem Titel "Reverie" basierte auf der gleichnamigen Komposition von Claude Debussy. Während das Schlagzeug ein gemäßigtes Tempo vorgab, ließ die Solotrompete vor dem Klanghintergrund der Saxofone ihre komplexen Arrangements erklingen. "Reverie" verhallte mit einer mehrstimmigen Harmonie. Die abschließende Spannung blieb unaufgelöst.

Auch in der zweiten Hälfte des Konzerts glänzten Daniel und Betty Akhigbe mit ihrem Gesang. Das Lied "I wanna dance with somebody" rückte die Sängerin voll und ganz in den Vordergrund. Die Band wirkte dazu wie eine aufwendige Begleitung. In diesem Stück deutete sich der weite Stimmumfang der Musikerin an, den sie nicht völlig ausreizte. Daniel Akhigbe legte in "Mini the Moocha" seine Trompete beiseite und brachte mit einem Call-and-Response zwischen ihm und der Band das überwiegend ältere Publikum zum Mitwippen.

"So, das war es!", schloss Cico ziemlich abrupt das Konzert. Doch wer nahe genug am Dirigenten saß, konnte erkennen, dass er auf seinem handgeschriebenen Programmblatt noch drei Zugaben notiert hatte. Nicolaescu, der Jazz schon als Student in Rumänien spielte, arbeitete 36 Jahre lang in Deutschland als Musiklehrer. Der Unterricht allein habe ihm aber nicht ausgereicht, sagt er. "Wenigstens ein Teil der Schüler sollte so begeistert sein, dass sie auch selbst musizieren wollen. So habe ich das Jazzorchester aufgebaut." Auch wenn er heute nicht mehr als Lehrer tätig ist, spielen immer noch viele ehemalige Schüler unter seiner Leitung. Zum Beispiel Gitarrist Christian Radojewski, der Nicolaescu seit 25 Jahren kennt und inzwischen selbst Lehrer ist. Über die Zeit habe sich die Besetzung viele Male verändert, so der Leiter. In der jetzigen Besetzung ist Sängerin Betty die einzige Frau. "Zwischendurch waren viele Frauen dabei. Eine Zeit lang hatte die Band eine Streicherbesetzung. Da waren alle Mädels", sagt Nicolaescu.

Die letzte der drei Zugaben übergab er an Sängerin Betty Akhigbe. Das schnelle Stück "Ain't no other man" gab dem zufriedenen Publikum viel Energie für den Heimweg.

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