Wer viel Geld in der Tasche hat, für den ist es in der Regel kein Problem, Wohnraum zu finden. Das sieht für Menschen mit geringem Einkommen oder in Notsituationen anders aus. Günstiger Wohnraum bleibt knapp. Das ist keine neue Erkenntnis, aber die Lage hat sich über die Jahre hinweg verschärft. Das bestätigt Wolfgang Schweiger, Geschäftsführer des Caritas-Zentrums Bad Tölz-Wolfratshausen. Die Caritas hat daher "Jeder Mensch braucht ein Zuhause" zum Motto für ihre Jahresaktion gemacht. Die Kreis-Caritas ist eines von zwei Zentren der Diözese München-Freising, die Aktionen rund um das Thema in den drei Städten Bad Tölz, Geretsried und Wolfratshausen anbietet.
Es gibt verschiedene Gründe, warum Menschen bei der Caritas vorstellig werden, wenn sie keine Wohnung finden oder ihr Zuhause verlassen müssen. Im vergangenen Jahr registrierten die Fachleute 137 Anfragen wegen Räumungsklagen. Setze das Gericht eine Frist, bis zu der die Wohnung verlassen werden muss, blieben oftmals nur einige Wochen, berichtet Thomas Faller, Leiter der Wohnungslosenhilfe der Caritas im Landkreis. Ziel sei es, den Wohnraum zu erhalten. Sollte die Kündigung wegen Mietrückständen erfolgt sein, versuchten die Berater, entsprechende Hilfen zu beantragen. "Aber es wird zunehmend schwieriger", betont er.
Längst sind nicht mehr alleinstehende Männer mit Suchtproblemen die Hauptklientel. "Früher kamen im Jahr auf 100 Männer mal drei bis vier Frauen, die bei uns Rat suchten", berichtet Faller. Inzwischen seien Seniorinnen und Alleinerziehende die größte Gruppe. Auch junge Erwachsene unter 30, für die das Jugendamt nicht mehr zuständig sei, würden verstärkt von der Caritas betreut. Dafür habe man eine eigene Stelle geschaffen, so Faller. Im Übrigen sei die Zusammenarbeit mit den Kommunen gut. Denn es sind die Städte und Gemeinden, die Wohnungslose in ihren Notunterkünften unterbringen müssen. In den Rathäusern gebe es ein Umdenken, sagt Faller. Die Caritas stehe im regen Austausch mit den Ordnungsämtern, drei bis vier Mal im Jahr setze man sich zusammen.
Schweiger sieht nicht nur die Politik in der Verantwortung, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Denn in der Fläche zu bauen werde das Problem nicht lösen, sagt er. Was nütze es, eine alleinerziehende Mutter in einem Dorf unterzubringen, wenn sie von dort mangels Verkehrsanbindung nicht zu ihrem Arbeitsplatz komme. Denn ein Auto könnten sich Menschen in solchen Situationen kaum leisten.
Der Geschäftsleiter wünscht sich ein gesamtgesellschaftliches Umdenken und den Mut zu mehr Kreativität. Darunter versteht Schweiger, neue Wohnformen konsequent umzusetzen. Er verweist auf die Idee, auf den Flachdächern von Supermärkten und ähnlichen Gebäuden Wohnungen zu schaffen. "Es hat jemand ausgerechnet, dass man deutschlandweit so eine Million Wohnungen schaffen könnte." Im ländlichen Raum drängten sich andere Lösungen auf, sagt Schweiger. Etwa, dass Senioren ihren großen Wohnraum entweder mit anderen teilten oder diesen tauschten. "Kostengünstiges, schönes Wohnen in der Prärie kann sich halt nicht jeder leisten und hat sich auch nie jeder leisten können." Natürlich sehe er in diesem Punkt auch die Kirche in der Pflicht, die über größere Liegenschaften verfüge. Nicht mehr bewohnte Klöster, wie es in Reutberg vielleicht bald der Fall sein werde, könnten umfunktioniert werden. "Die Kirche setzt sich damit auseinander, wenngleich auch etwas langsam."
Mit einem Info-Stand war die Caritas am Dienstag in der Tölzer Marktstraße präsent. Dieser ist jeweils von 10 bis 13 Uhr an diesem Mittwoch, 25. Juli, auf dem Neuen Platz in Geretsried und Donnerstag, 26. Juli, am Marienplatz in Wolfratshausen zu finden.