Buhlen um Erstwähler:Forderungen hier, Stichworte da

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Jusos und CSU nutzen die Geretsrieder Jugendzentren als Wahlkampfarenen

Von Thekla Krausseneck, Geretsried

Countdown zur Bundestagswahl, und das bedeutet: Der Wahlkampf läuft auf Hochtouren. Im Landkreis zeigen sich Bundestagskandidaten und Minister an Orten, an denen sie nie oder selten zuvor gewesen sind: Ein kleiner Feuerwehrbus der Jusos Oberbayern parkte am Mittwoch vor dem Jugendzentrum Ein-Stein in Geretsried; einen Tag später brachte eine Limousine mit Fahrer den Bayerischen Kultusminister Ludwig Spaenle (CSU) zum Jugendhaus Saftladen. Ein "sensibles Thema" nannte Rudi Mühlhans den Wahlkampf der Parteien in den Jugendzentren. Denn das Beispiel von SPD und CSU macht die Runde: Auch die Piraten hätten inzwischen angefragt, ob sie eine Veranstaltung im Saftladen machen dürften. Der Trägerverein Jugendarbeit, dessen Geschäftsführer Mühlhans ist, sei zwar zu Neutralität verpflichtet. Jedoch seien solche Veranstaltungen gut für den Verein, um Themen zu platzieren. Und so waren es am Ende nicht nur die beiden Parteien, die ihren Wahlkampf austrugen - sondern vor allem Mühlhans.

Der Erzieher und Sozialpädagoge bekleidet auch selbst ein politisches Amt, indem er für die Freie Bürgerliste Miteinander im Gemeinderat Benediktbeuern sitzt. Dort erfüllt er außerdem die Funktion des Familienbeauftragten. Einen Auftrag wollte Mühlhans spürbar auch gegenüber den Jungsozialisten und der CSU erfüllen, indem er den Amtsträgern und Bundestagskandidaten Kritik und Forderungen mit auf den Weg gab. Die lauteten gegenüber den Jusos: Der Bund müsse die lokale Sozialarbeit stärker wertschätzen, wegkommen von der unnötig bürokratischen und verwaltungsaufwendigen Projektförderung und sich mehr darauf konzentrieren, den Kommunen Geld zufließen zu lassen, um auf diesem Umweg die institutionelle Förderung zu stärken.

Juso-Bundesvorsitzende Johanna Ueckermann (l.), Sandra Mader (2.v.l.), Rudi Mühlhans (3.v.l.) und SPD-Bundestagskandidat Hannes Gräbner (rechts). (Foto: Manfred Neubauer)

Die Jusos kamen zu zehnt: Mit dabei waren die Bundesvorsitzende Johanna Ueckermann, der Bundestagskandidat Hannes Gräbner und der Vorsitzende der Jusos Oberbayern, Josef Parzinger. Nur zwei Juso-Mitglieder kamen aus dem Landkreis - nämlich aus Kochel am See und Bad Tölz -, die übrigen waren alle in Miesbach zugestiegen. Den ganzen Tag über pilgerten die jungen Genossen durch das Oberland, besuchten ein Seniorenheim, machten Wahlkampf auf der Straße - und sahen sich auf Gräbners Initiative hin auch das Geretsrieder Jugendzentrum an.

Bei dem von der Frauen-Union organisierten Weißwurstfrühstück im Saftladen drehte sich das Thema zum Großteil um die bayerischen Realschulen. Seine kurze Rede vor 35 Zuhörern und dem Kultusminister kündigte Mühlhans mit den Worten an, dass er nicht nur Geschäftsführer, sondern auch Sozialarbeiter sei, und dass er den Finger in eine Wunde legen wolle: Nämlich in die der Ganztagsbetreuung an der Mittelschule ("Herr Spaenle, die Mittel wurden angepasst, das ist gut und schön, aber es reicht noch nicht"), und in die der Schulsozialarbeit. Die finanziert der Freistaat nämlich nur an Förder-, Grund- und Mittelschulen, obwohl sie laut Mühlhans auch an den Realschulen dringend benötigt werde. Im Rahmen eines vom Landkreis finanzierten Modellprojekts konnte der Trägerverein sich davon selbst überzeugen. Seit September 2016 wird zwar Schulsozialarbeit an den staatlichen Realschulen im Landkreis angeboten, doch das sei bundesweit einzigartig. Finanziert werde sie durch Mittel der Jugendhilfe; das Kultusministerium hatte abgelehnt.

Am Saftladen: Hans Ketelhut (l.), Sabine Lorenz, Ludwig Spaenle. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Spaenle machte dazu keine Versprechungen, sondern stützte sich auf Stichworte: So sei es notwendig, in Bildung zu investieren; das neue Bildungspaket habe das Motto: "Stark machen"; und die Schulen sollten konzeptionell weiterentwickelt werden. Für einen Vortrag von Christine Venus-Michel, Konrektorin der Realschule, bedankte sich Spaenle: An der Schule war im vergangenen Jahr erfolgreich das Konzept der Lerninseln erprobt worden, das den Jugendlichen ein selbständiges, individuelles Lernen mit kurzen Frontalphasen ermöglichte. Nach Spaenle könnten solche Konzepte, die transparente, offene Räume erfordern, künftig in Schulneubauten umgesetzt werden.

© SZ vom 08.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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