Bürgerversammlung:Lenggries will Entwicklung mit Augenmaß

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Kein Gewerbegebiet am Ortsrand, keine Handelsketten im Zentrum: Das städtebauliche Entwicklungskonzept dominiert die Bürgerversammlung der Brauneck-Gemeinde.

Von Petra Schneider, Lenggries

Die Entwicklung ihrer Gemeinde interessiert die Lenggrieser offenkundig: Bei der zweiten Bürgerversammlung zum Thema Ortsentwicklung sind am Mittwoch rund 70 Bürger in den Alpenfestsaal gekommen. Sie informierten sich über den von vier Planungsbüros erarbeiteten Entwurf des integrierten städtebaulichen Entwicklungskonzepts (ISEK) und studierten die ausgestellten Karten und Tafeln. Bei der ersten Veranstaltung vor einem Jahr waren mehr als 100 Anregungen von Bürgern eingegangen. Sie seien gesichtet und bewertet worden, konnten aber nicht alle ins ISEK aufgenommen werden, sagte Bürgermeister Werner Weindl (CSU). "Aber die Gemeinde wird alle weiterverfolgen". Dass die Veranstaltungen zur Ortsentwicklung "nachhaltige Resonanz" gefunden hätten, sei erfreulich. "Denn wenn so ein Projekt über die Köpfe der Bürger hinweg geht, ist es von vornherein zum Scheitern verurteilt." Weindl skizzierte seine Vision für eine Entwicklung: "Wir wollen, dass man in Lenggries gut leben und arbeiten kann und dass die Struktur des Ortes erhalten bleibt." Fehler anderer Kommunen, die mit Einkaufszentren an der Peripherie dazu beigetragen hätten, dass Ortskerne veröden, müsse man vermeiden.

Ein Schwerpunkt im ISEK ist deshalb das Thema Einzelhandel und Nahversorgung, bei dem Lenggries gut abschneidet. Die Gemeinde solle sich "maßvoll und behutsam entwickeln", sagte Weindl. Das bedeute, kein Gewerbegebiet am Ortsrand, keine Handelsketten im Zentrum. Und keine Wohnbebauung auf dem Kasernenareal, das auch von den Planern wegen seiner großen Fläche, der exponierten Lage und dem schützenswerten Gebäudebestand als eines der wichtigsten Entwicklungspotenziale mit höchster Priorität gesehen wird. Wie Planerin Susanne Rentsch sagte, sei ein Nutzungskonzept mit Sport, Freizeit und Bildung, wie im Flächennutzungsplan bereits festgeschrieben, geeignet, um die Tourismusgemeinde zu stärken.

Oberste Dringlichkeit hat nach Ansicht der Planer auch die Aufwertung des Ortskerns um Karl-Pfund-Weg und Marktstraße mit Kirchplatz sowie der Umbau des Gasthofs zur Post, für den bereits ein Konzept mit Gaststube und Saal vorliegt. Die Parkplätze im Zentrum sollten besser organisiert und die Aufenthaltsqualität durch mehr Parkbänke und Bäume erhöht werden. Maßgeblicher Freiraum in Lenggries sei die Isar, die durch Bahnlinie und Bundesstraße abgetrennt sei und über zu wenig Zugänge verfüge. Planer Michael Voit empfahl eine zusätzliche Fußgängerbrücke. Zudem schlug er eine "Isarkonferenz" vor, um Vertreter von Gemeinde, Ämtern, Vereinen und Bürger an einen Tisch zu bringen. Denn zwischen den unterschiedlichen Nutzergruppen - Naturschutz, Wasserwirtschaft, Aktivsportler - gebe es Interessenskonflikte. Auch der Kurgarten brauche eine Verjüngung: Er liege ein bisschen versteckt und sei "in die Jahre gekommen", sagte Voit. Auf Wunsch der Anlieger solle auf eine "lärmintensive Nutzung" verzichtet werden und der Kurgarten als "grüne, ruhige Oase" erhalten bleiben.

Eine wichtige und kostengünstige Maßnahme zur Verkehrsberuhigung ist nach Ansicht von Planer Christian Fahnberg eine neue Wegweisung zum Skigebiet Brauneck: Damit der Kreisverkehr an der Isarbrücke und die Zufahrt zur Talstation der Bergbahn entlastet wird, sollten Wintersportler nach Wegscheid über die Bretonenbrücke geleitet werden. Für "gut aber unrealistisch" hält Bürgermeister Weindl den Wunsch eines Bürgers nach einem Vier- oder Fünf-Sterne Hotel, der nicht ins ISEK aufgenommen wurde. "Wenn Investoren der Meinung wären, das funktioniert bei uns, dann wären sie schon da." In Lenggries setze man lieber auf Unterkünfte für Familien. Das ISEK ist Voraussetzung für Mittel aus den Städtebau-Förderprogrammen. Der Entwurf enthält 24 Handlungsschwerpunkte, vorgestellt wurden Maßnahmen der Priorität eins, die bereits bei der Regierung von Oberbayern eingereicht wurden. Auf Vorschlag eines Bürgers werden die Infostellwände zum Konzept im Lesesaal der Bücherei ausgestellt. Der Gemeinderat entscheidet am 24. April über den Entwurf.

© SZ vom 31.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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