Bürgerversammlung:Die dörfliche Struktur erhalten

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Vom Kreispflegeheim über die Kaserne zur Kläranlage: Lenggries bewegen viele Themen

Von Petra Schneider, Lenggries

Die Brauneckgemeinde will nicht Stadt werden: Obwohl Ende 2017 mit 10 049 gemeldeten Einwohnern ein Kriterium für den Stadt-Status erfüllt wäre, erteilte Bürgermeister Werner Weindl (CSU) entsprechenden Überlegungen eine Absage: "Ich sehe darin keinen Vorteil", sagte er bei der Bürgerversammlung am Freitag, zu der rund 120 Bürger in den Alpenfestsaal gekommen waren. Das sei ein "Titel ohne Mittel". Wichtiger sei ihm, "unsere dörfliche Struktur zu erhalten". Zumal Lenggries weitere Kriterien der Bayerischen Gemeindeordnung nicht erfülle: Die Steuerkraft liege mit 69 Prozent deutlich unter dem Landesdurchschnitt, und die Gemeinde könne weder eine "geschlossene Siedlungsform", noch eine "industrielle Prägung" vorweisen. Den Vorschlag seines Tölzer Amtskollegen Josef Janker (CSU), das Lenggrieser Kreispflegeheim und das Tölzer Josefistift künftig unter dem Dach der Josefispitalstiftung zu betreiben, befürwortete Weindl. Ein aktuelles Gutachten zeige "klare Synergieeffekte". Zuerst müsse aber der Tölzer Stadtrat über eine nötige Satzungsänderung entscheiden. "Unser Ziel ist ein neues, zeitgemäßes Haus, bei dem die Gemeinde Einfluss auf das Pflegekonzept hat."

Eine Idee gibt es auch für den nordwestlichen Teil des Kasernenareals, den die Gemeinde von der Aktiengesellschaft Action Sports gekauft hat. Bei einem Termin habe Markus Söder, damals noch Heimat- und Finanzminister, einen neuen Hochschulstandort in der Region Oberland in Aussicht gestellt. "Da werden wir die Kaserne anbieten", sagte Weindl. Dies würde mit dem geltenden Bebauungsplan konform gehen, der eine Nutzung im Bereich Sport, Freizeit oder Bildung vorgibt.

Nichts Neues konnte der Bürgermeister zum Stand der vor einem Jahr überraschend geschlossenen geriatrischen Reha-Klinik sagen. "Wir sind mit dem neuen Eigentümer im Gespräch". Eine Nutzungsänderung sei kein Thema, sagte Weindl auf Anfrage. Es gelte der rechtskräftige Bebauungsplan, der eine Nutzung im Bereich Pflege festlege. Änderungen könne nur der Gemeinderat beschließen, "aber da ist bisher nichts im Gespräch."

Klar sind dagegen die Konsequenzen aus dem Fund des schadstoffbelasteten Dichtungsmaterials in der Kläranlage, das im Mai bei Umbauarbeiten zutage kam: Die aufwendige Sanierung des mit krebserregenden Teerstoffen kontaminierten Schlammbehälters verursacht laut Weindl Mehrkosten in Höhe von 120 000 Euro. Zudem verzögere sich die rund 2,6 Millionen teure Erweiterung und Umrüstung um "mehrere Monate".

Ausführlich informierte Weindl über die vor fünf Jahren eingeführte "Gästekarte Plus", die ein "Erfolgsmodell" sei. Laut Weindl beteiligen sich 59 Gastgeber an diesem Programm, 30 000 Gäste-Plus-Karten seien ausgegeben worden. Die Nachfrage, vor allem von Familien, steige. Das Angebot sei ein "Alleinstellungsmerkmal über die Landkreisgrenzen hinaus", sagte Weindl. Auch die touristische Bilanz der Gemeinde sieht gut aus: Seit dem Jahr 2012 sind die Ankünfte um 37 Prozent gestiegen. Mit rund 270 000 Übernachtungen ergab sich 2017 im Vergleich zum Vorjahr eine Steigerung um fünf Prozent. Auch Fragen und Wünsche von Bürgern gab es: Mehr Schwimmkurse wurden angeregt, die in der Gemeinde "Mangelware" seien, obwohl "wir zwei tolle Bäder haben", wie eine Teilnehmerin sagte. Lenggrieser Kinder hätten Vorrang, betonte Weindl, und versprach, mit der Wasserwacht über eine Erweiterung des Angebots zu sprechen. Auch der Hochwasserschutz am Dorfbach war Thema: Bei einer Infoveranstaltung hatten Vertreter des Wasserwirtschaftsamt Weilheim (WWA) umfangreiche Maßnahmen vorgestellt: Um für ein 100-jähriges Hochwasser gerüstet zu sein, müsse überschüssiges Wasser aus Reiter-, Hals- und Weiherbach in die Isar abgeleitet werden. Geschätzte Kosten: 10,5 Millionen plus Grunderwerb. Was die Gemeinde von den Planungen halte, wollte eine Bürgerin wissen. Den Termin des Baubeginns 2020 hält Weindl für wenig realistisch und die Kosten, die die Gemeinde zur Hälfte übernehmen müsste, seien nicht finanzierbar. Man habe das WWA gebeten, Alternativen zu erarbeiten. Weitere Fragen drehten sich um günstiges Bauland im Einheimischenmodell, für das es derzeit keine Flächen gebe, wie Weindl sagte. Auch bauliche Maßnahmen für die Krötenwanderung und mehr Unterstützer wurden gefordert.

© SZ vom 20.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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