Bilder von früher:Sommerfrische und Sündenpfuhl

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Die Gemeinde Münsing hat eine Privatsammlung mit 500 Postkarten gekauft, die die Entwicklung der Kommune zwischen dem ausgehenden 19. Jahrhundert und den 70er Jahren zeigen. Eine Auswahl gibt es jetzt als Buch

Von Benjamin Engel, Münsing

Mit seinen Türmchen, Erkern und der überdachten Veranda im ersten Stock wirkt das Bayerische Haus wie ein mondänes Hotel. Unter dichten Bäumen sitzen die Gäste an Tischen. Daneben steht ein Gebäude für Fremden-Stallungen. Direkt am Seeufer ist ein Landungssteg für ein Motorboot zu erkennen. In weiteren Gebäuden sind die See-Bäder des Hotels untergebracht: Was auf der Postkarte um 1907 zu sehen ist, gehört längst in die Vergangenheit. Das Hotel existierte nur wenige Jahre. Das Haupthaus an der nördlichen Seestraße zwischen Ammerland und Leoni (Gemeinde Berg) steht noch, ist aber schon lange in Privatbesitz und umgestaltet.

Die Darstellung des Bayerischen Hauses ist Teil einer Sammlung von 500 Postkarten mit Motiven aus Münsing. Die Kommune hat alle im vergangenen Jahr einem Sammler aus Pähl abgekauft, der anonym bleiben will. Jetzt hat Fritz Wagner vom Ambacher Verlag rund 60 Motive ausgewählt und sie in einem Buch veröffentlicht. Beispielhaft lässt sich darin die Entwicklung Münsings vom Ende des 19. Jahrhunderts bis in die 1970er Jahre zwischen bäuerlicher Prägung, dem Aufkommen der Sommerfrische bis zum modernen Tourismus nachvollziehen.

Drei Generationen haben die Sammlung zusammengetragen. Großvater und Vater des bisherigen Besitzers haben bereits zu sammeln begonnen. Er selbst fand viele Motive auf Messen und Flohmärkten in Bayern, Nord- und Ostdeutschland. Außerdem besitzt er noch viele Postkarten aus Kommunen der Landkreise Starnberg, Bad Tölz-Wolfratshausen und Weilheim. Der Sammler sagt, dass er die Münsinger Motive in guten Händen wisse. Es sei ihm nicht schwer gefallen, die 500 Postkarten der Kommune zu verkaufen.

Die ältesten Karten in dem Buch des Verlages stammen aus der Zeit um 1900. "Gruß aus Ammerland" steht auf einer. Sie ist koloriert, zeigt das Pocci-Schloss und den See samt Dampfschiff und Bergpanorama. Immer wiederkehrende Motive sind der Dampfersteg von Ammerland mit dem heute noch existierenden Hotel am See und Ambach mit dem Gasthaus Fischmeister der Familie Bierbichler. Weitere Motive zeigen die zum Trocknen in langen Bahnen ausgehängten Netze der Fischer, etwa aus den 1920-er Jahren.

Viel hat sich im vergangenen Jahrhundert verändert: Die Seestraße war einst ein staubiger Schotterweg. Und manches illustre Gebäude existiert nicht mehr, so wie das Café Hubertus in Ammerland. Dessen Besitzer organisierten einst Bälle für Jung und Alt. Wagner erinnert sich, dass das Café damals als "Sündenpfuhl" bekannt war. 1988 wurde das Haus an der Ammerlander Hauptstraße abgerissen. Wie dünn bebaut der Hauptort Münsing noch 1919 war, zeigt eine Karte mit Dorfpanorama und Abbildungen der Häuser des örtlichen Arztes und des damaligen Bürgermeister- und Postgebäudes an der Hauptstraße.

Zwei große Ordner füllen die Postkarten zu Münsing. Wagner hat alle Motive digitalisiert und teils restauriert. "Manche Postkarten waren vergilbt", sagt er. Zwei CDs mit sämtlichen Darstellungen lagern im Archiv der Gemeinde. Sie können auch eingesehen werden. Das Postkartenbuch ist beim Edeka-Markt in Münsing, am Kiosk in Ambach, beim Café Waldhauser in Holzhausen sowie beim Fischermichel in Ammerland und am Sitz des Ambacher Verlags im Gewerbegebiet am Schlichtfeld zu kaufen.

Dorf & See. Die Gemeinde Münsing in historischen Bildern und Fotografien, 64 Seiten, Hardcover, Ambacher Verlag, 16,90 Euro.

© SZ vom 08.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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