Beuerberger Konzertreihe:Fortsetzung erwünscht

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Leon Dreher und Kilian Langrieger eröffnen im Kloster Beuerberg mit "Seelenliedern" eine Konzertreihe, die begabten Nachwuchskünstlern ein Podium bieten soll

Von Paul Schäufele, Beuerberg

Dieser Ort ist ein Gesamtkunstwerk. Auf den steinernen Fliesen des Kreuzgangs zu gehen, dabei die sakralen Objekte zu bewundern, die Düfte aus Klosterküche und Bäckerei zu genießen, um am Ende am Brunnen des bunt bepflanzten Kreuzhofs auszuruhen - ein Besuch des Klosters Beuerberg spricht viele Sinne an. Zum Fest der Stifterin Johanna von Chantal gab es am Sonntag auch etwas zu hören - Leon Dreher und Kilian Langrieger führten "Seelenlieder" in der ehemaligen Schwesternkapelle auf und eröffneten damit eine Reihe, die begabten Jungkünstlern ein Podium bieten soll.

Bis zu einem gewissen Punkt ist Schuberts "Die schöne Müllerin" nach Gedichten von Wilhelm Müller der sommerlich lustige Liederzyklus, als der er denen gilt, die daraus vor allem das Eingangslied kennen. Dieses "Das Wandern ist des Müllers Lust", Paradebeispiel eines zum Volkslied gewordenen Kunstliedes, setzen Dreher und Langrieger an den Anfang. Das wirkt noch etwas unsicher, Drehers Tenor nicht ganz tragfähig und die Begleitung grob. Sei's drum, man hat sich eingesungen und schon im folgenden "Wohin" klingt es anders. Hier zeigt Dreher, dass der muntere Charakter des ersten Liedes, die Wanderschaft des Junggesellen, ein böses Ende nehmen wird.

Leon Dreher (rechts) füllt mit seiner Tenorstimme mühelos die ehemalige Schwesternkapelle im Kloster Beuerberg aus. Begleitet wurde er am Sonntagabend von Kilian Langrieger am Flügel. (Foto: Hartmut Pöstges)

Zwar haben Dreher und Langrieger nur Lieder aus der ersten Hälfte des Zyklus ausgewählt - der singende Geselle weiß hier noch nicht, dass seine Angehimmelte den Jagdsport ansprechender findet als das Müllergewerbe - doch das böse Ende kündigt sich schon an. In den Versen um "Ist das denn meine Straße?" musiziert das Duo die dramatische Moll-Eintrübung mit großem Verständnis für das kommende Unglück. Der Bach ist für den Müller nicht nur Freund auf der Wanderschaft, sondern auch letzte Ruhestätte. Diese Sensibilität und Charakterisierungsgabe findet sich ebenso in "Der Neugierige". Der Sänger stellt Fragen, er möchte wissen, ob das Mädchen ihn wirklich liebt. Im Mittelteil klingt der Musik gewordene Zweifel hier beinahe impressionistisch. Die Skepsis wird hinweggefegt mit dem Triumphlied, dessen zentraler Satz der Glutkern des ganzen Zyklus ist: "Die geliebte Müllerin ist mein!" Dreher schmettert ihn mit trompetenhaftem Glanz und einer Stärke, die fast zu viel ist für die kleine Kapelle. Aber im Sinne der Erzählung ist es ganz einleuchtend: Hier versucht einer, dem Zweifel gekommen sind, sich am Laufen zu halten. Es wäre wünschenswert, zu hören, wie Dreher und Langrieger den Zyklus im Ganzen interpretierten. Dass sie Gespür für die komponierten Doppeldeutigkeiten und die erzählerische Anlage der Lieder haben, kann man schon in der Auswahl hören.

Und für Lieder scheint seine Stimme wie geschaffen: Leon Drehers Tenor ist hell, schlank, schön timbriert. Das kann man in Reinform hören in Schumanns "Du bist wie eine Blume", weil hier der Singstimme über simpler Akkordbegleitung Raum zur Entfaltung gegeben wird, bei Dreher ungekünstelt und ohne falsches Pathos.

Eine völlig angemessene Form von Pathos präsentiert das Duo in "Belsatzar". Die beiden Musiker führen die Schumann-Ballade opernhaft durchgestaltet auf. Dunkel und langsam setzt das Klavier ein - eine Nachtszene - um Spannung und Tempo bis zum berühmten Hohnwort des gotteslästerlichen Monarchen zu steigern: "Ich bin der König von Babylon!" Das klingt einigermaßen hässlich, und so soll es auch sein. Schade nur, dass der Begleiter nicht immer ganz bei der Sache scheint. Bei allem Sinn für Stimmung wirkt manche falsche Note ablenkend. Auch beim solistisch aufgeführten dritten Chopin-Scherzo fehlt es an Substanz, Kontraste sind glattgebügelt, etwa im Mittelteil, wo sich ein Choralthema und brillanter Notenregen kreuzen, und der virtuosen Coda merkt man stellenweise die technische Unsicherheit an.

"Ferdinand" und die Kunstpilger: Zur Eröffnung von Elke Härtels Ausstellung im schwarzen Pavillon des Klosters Beuerberg scharen sich Gäste um den Esel, der im Zentrum der poetischen Installation steht. Anschließend erklingen "Seelenlieder" in der einstigen Schwesternkapelle. (Foto: Hartmut Pöstges)

Dass die beiden im Zusammenspiel dagegen sehr gut funktionieren, wird wieder deutlich bei einem Florilegium aus Brahms' delikaten Volksliedbearbeitungen. Hier wechseln innige und sarkastische, sentimentale und herbe, ernste und humorige Passagen, die Dreher und Langrieger aufeinander reagierend gestalten. Träumerisch-traumhaft auch "Feldeinsamkeit", dessen quasi tonlos vorgetragener Vers "Mir ist, als ob ich längst gestorben bin" für Drehers Interpretationsgabe spricht. Der wird kräftig Beifall gezollt, auch nach den beiden Zugaben. Doch wird nicht nur die Leistung des Abends beklatscht. Es geht auch darum, den jungen Musikern, beide noch in der Ausbildung, zu sagen: Wir sind gespannt auf das, was noch kommt.

© SZ vom 13.08.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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