Bergbahn aufs Brauneck:Rollstuhlfahrer müssen für Brauneckbahn zahlen

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Der Geretsrieder Stadtrat Franz Wirtensohn ist verärgert über die neue Tarifregelung, bei der die Freifahrt gestrichen wurde. Der Chef der Bahn rechtfertigt die Umstellung - und möchte die Umstellung dennoch überdenken.

Bernhard Lohr

Das Wetter hat gepasst, die Sonne hat geschienen. Und doch bereitete dem Geretsrieder CSU-Stadtrat Franz Wirtensohn der Ausflug aufs Brauneck großen Verdruss. Seit Jahren fuhr er mit seiner im Rollstuhl sitzenden Frau immer wieder mit der Brauneckbahn hoch, um die Aussicht zu genießen. Zehn Mal im Jahr waren beide dort oben, weil sie früher gerne in den Bergen gewandert sind. Und immer war für die Frau die Fahrt kostenfrei.

Die Fahrt aufs Brauneck ist für Rollstuhlfahrer teuer geworden. (Foto: Manfred Neubauer)

Doch diesmal sollte Wirtensohn für sie plötzlich bezahlen. Wenn man oben im Restaurant noch etwas esse, sagt er, dann sei man schnell 70 Euro los. Eine Frechheit findet Wirtensohn die neue Preisregelung: "Ein Gesunder kann zu Fuß raufgehen." Ein Rollstuhlfahrer aber habe keine Alternative.

Bergbahnen haben es erst möglich gemacht, mit Gehbehinderung die Berge zu genießen. Die Kabinen der Brauneckbahn sind zwar eng und für große Rollstühle nicht geeignet. Doch wie der Geschäftsführer der Brauneck- und Wallbergbahnen GmbH, Peter Lorenz, erzählt, ist man auf Rollstuhlfahrer sehr wohl eingestellt. Das Personal sei angehalten, beim Ein- und Ausstieg zu helfen, und wenn nötig, werde der Rollstuhl in einer zweiten Kabine extra hochchauffiert. Beim Umbau des Panoramarestaurants wurde ein Aufzug eingebaut. Auch Behindertentoiletten gibt es. Immer wieder kommen Gruppen mit Behinderten von den nahen Oberland-Werkstätten vorbei. "Die lassen wir mal einen Tag auch so fahren", sagt Lorenz.

Dennoch war er, als die Preise angepasst wurden, dafür, die Freifahrten zu streichen. Er habe es für ungerecht gehalten, sagt er, Rollstuhlfahrern mit eingetragener Begleitperson im Behindertenausweis solche zu gewähren, anderen Behinderten aber nicht. Man habe sich an Regelungen anderer Bergbahnen orientiert. 18 Euro kostet nach der jüngsten Preiserhöhung um zwei Euro in diesem Frühjahr die Fahrt aufs Brauneck und wieder zurück. Ermäßigt zahlen Rollstuhlfahrer mit Begleiter je 16 Euro, also zusammen 32 Euro. Ähnlich sieht es bei der Karwendelbahn in Mittenwald aus, wo die ermäßigten Tickets einen Euro günstiger sind. Bei der Herzogstandbahn am Walchensee aber ist die Fahrt für Behinderte mit Ausweis "selbstverständlich" frei, wie der Stellvertretende Betriebsleiter Christian Held sagt.

Als Wirtensohn aufs Brauneck wollte, bekam er an der Kasse den Tipp, am "Tag der Behinderten" wiederzukommen: Dann sei die Fahrt frei. Wirtensohn lehnte dankend ab und sagte, er wolle bei schönem Wetter aufs Brauneck, und nicht, wenn die Fahrt umsonst sei. Er sieht nicht ein, dass die Bahn auf paar Euro der Rollstuhlfahrer angewiesen sein soll. Deren Chef fragt sich das mittlerweile auch und hält eine Rückkehr zur alten Regelung für möglich. "Wir können das nochmal überdenken."

© SZ vom 26.06.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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