Benediktbeuern: Tradition von ihrer Bilderbuchseite

Zwischen dampfenden Wurstkesseln und Weihrauchschwaden feiert Benediktbeuern seine 131. Leonhardifahrt. Welcher Wagen bei den Besuchern das Rennen gemacht hat - darüber bestehen keine Zweifel

Warum sollte das Glück der Erde auf dem Rücken der Pferde liegen? Diese Frage mag sich einigen Leuten stellen, nicht jedoch dieser jungen Reiterin in Benediktbeuern. Ganz offensichtlich gibt es auf einer Wallfahrt keinen wärmeren und vor allem kräftigeren Liegeplatz als diesen. (Foto: Manfred Neubauer)

Eigentlich hatten die Wetterdienste Regen angekündigt: "Der Süden kriegt die volle Ladung ab", hieß es noch beinahe schadenfroh am Vorabend auf einer Wetterseite im Internet. Doch nichts da. In gleißender Herbstsonne strahlt Benediktbeuern am Sonntagmorgen, die schmucken Häuser liegen weiß und zufrieden da, während sich zwischen acht und neun Uhr die Dorfstraße mit Zuschauern füllt. Voll mit riechendem Pferdemist ist sie da bereits und die Ministranten müssen auf dem Weg zu ihrem Wagen vorsichtig um ihn herumhuschen.

In Benediktbeuern findet die Leonhardi-Wallfahrt traditionell an dem Sonntag statt, der dem Namenstag des Heiligen am 6. November am nächsten liegt. Mit ihr wird Sankt Leonhard als Schutzpatron der Tiere in der Landwirtschaft geehrt. Dieses Jahr ziehen mehr als 200 Pferde - mit Schleifchen in der Mähne und Blumen im Schweif - die 51 Wagen von der Dorfmitte zum Kloster. Drei kräftige Rösser führen den langen Zug an; mit wippendem Gamsbart trägt ein Reiter die Standarte vorneweg, dann folgen die ersten Wagen, in denen Pfarr- und Klostergeistlichkeit sitzen. Im ersten hat der CSU-Landtagsabgeordnete Martin Bachhuber bei Pfarrer Heiner Heim Platz genommen, im zweiten fahren Pater Leo Weber, Landrat Josef Niedermaier und dessen Frau Andrea.

Das schönste Gefährt ist, keine Frage, der Bildwagen "Auf der Alm": Zwei rothaarige Kinder sitzen auf einem Bänkchen im Rücken des Kutschers und schauen auf die Ladefläche, die als sanft geschwungene Hügellandschaft aus echtem Moos gestaltet ist. Wer genau hinsieht, erkennt, dass echtes Wasser als Bergbach durch die Mooshügel fließt. Andere Bildwagen-Kinder haben es nicht so bequem. Der Engel vom "Glaube, Liebe, Hoffnung"-Wagen muss sich die ganze Fahrt über auf den Beinen halten, um drei von bunten Schleiern umflorte Mädchen zu "segnen". Und für die zwei Buben, die auf dem "Bauernstand" Holzpferde an der Leine halten, hätte eher der Wagenname "Wackelstand" gepasst.

Es ist eine friedliche Leonhardifahrt in Benediktbeuern. Zwar blicken von den Hälsen der Damen und Mädchen Hunderte Fuchsaugen das Publikum an und vor den goaßlschnalzenden Kutschern zucken Nicht-Einheimische ängstlich zurück, aber es kommt weder zu Alkoholexzessen wie 2010 in Tölz, noch gehen Pferde im Glöckchen- und Peitschenrausch durch.

An der Klosterpforte stauen sich dann die Frühaufsteher erst einmal vor dampfenden Wurstkesseln; drinnen warten die Weihrauchschwaden der Basilika, in der um 10 Uhr der Gottesdienst beginnt. Markus Eller, der Abt der Benediktinerabtei Scheyern, ist Hauptzelebrant. Im Innenhof wird es derweil eng vor lauter Menschen, Pferden und Wagen. Der Gottesdienst wird zwar mit Lautsprechern nach außen übertragen, doch das tut der aufkommenden Volksfeststimmung keinen Abbruch: Die Wagenfahrer und Trachtenträgerinnen holen ihre Flaschen heraus, die Großen bekommen Klaren, die Mädchen schlecken aus kleinen Gläsern Eierlikör.

An der Leonhardi-Säule hinter der Basilika aber, die im 17. Jahrhundert eigens als Wallfahrtsziel errichtet wurde, ist niemand zu sehen. Den Abschluss bildet später nach der Rückfahrt ins Dorf das Goaßlschnalzen der Fuhrleute. Im Gasthof zur Post geht der Festtag mit dem traditionellen Leonharditanz zu Ende.

Eine Bildstrecke gibt es im Internet unter www.sz.de/wor