Benediktbeuern:Der Wasserwart ist jetzt eine Firma

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Weil Benediktbeuern kein Fachpersonal findet, kümmert sich nun die Energie Südbayern um das Wassernetz im Ort

Von Klaus Schieder, Benediktbeuern

Ein Wasserwart hat es nicht einfach. In Gemeinden bis zu 5000 Einwohnern passt er auf die Versorgung mit Trinkwasser auf, rund um die Uhr, 365 Tage im Jahr. Solche Fachkräfte, die quasi immer in Bereitschaft sind und das Wassernetz fast als ihr eigenes begreifen, gibt es kaum noch. In Benediktbeuern ging der Wasserwart im vergangenen Jahr, weshalb der Gemeinderat eine andere Lösung finden musste. Das Gremium beschloss in seiner jüngsten Sitzung, die technische Betriebsführung an das Unternehmen Energie Südbayern GmbH (ESB) zu übergeben. Die Gebühren für die Benediktbeurer dürften dadurch vermutlich um ein paar Cent pro Kubikmeter steigen.

Eines stellte Bürgermeister Anton Ortlieb (Bürgervereinigung Benediktbeuern) klar: Die gesamte Infrastruktur der Wasserversorgung wie Brunnen, Hochbehälter und Leitungen bleibt in den Händen der Kommune. Die Kooperation mit ESB hatte noch der alte Gemeinderat aufs Gleis gesetzt. Der Grund dafür war, dass nach dem Weggang des Wasserwarts kein Nachfolger mit der erforderlichen Qualifikation zu bekommen war. Einen Facharbeiter habe man trotz der Ausschreibung nicht finden können, sagte Ortlieb. "Wenn ich kein eigenes Personal finden kann, dann kann ich auch mit einem Dritten verhandeln." Dies sei rechtlich nach der Bayerische Eigenüberwachungsverordnung möglich, auch wenn die Wasserversorgung zunächst einmal die ureigene Aufgabe einer Gemeinde ist.

Daraufhin verhandelte Benediktbeuern mit Nachbarkommen wie Bichl, dem Wasserversorgungsverband Ried (Kochel) und umliegenden Stadtwerken. Dies habe aber nicht zu den gewünschten Ergebnissen geführt, teilt Ortlieb mit. In der Zwischenzeit wurde Benediktbeuern vom teilzeitangestellten Wasserwart aus Bichl mitbetreut - eine reine Interimslösung. Deshalb wurde nun der Vertrag mit der Energie Südbayern geschlossen, der bis zum 31. Dezember 2024 läuft. Ortlieb sprach von einer "wichtigen, strategischen Entscheidung".

Seit 25 Jahren ist ESB nicht bloß in der Lieferung von Erdgas in Ober- und Niederbayern, sondern auch in der Betriebsführung der Trinkwasserversorgung tätig. Benediktbeuern ist die erste Gemeinde im Oberland, die diese Aufgabe dem Unternehmen überträgt. Insgesamt seien es mittlerweile zehn Kommunen, berichtete Diplom-Ingenieur Reinhard Kunz von der Stabsstelle Technische Dienstleistungen der ESB. Das Klosterdorf wird künftig von der Dependance Wolfratshausen aus mit betreut, eine von 14 Betriebsstellen in der Region. Dort sind unter Wassermeister Erich Eggerstorfer neun Mitarbeiter tätig, Ansprechpartner für Benediktbeuern ist Alexander Metzger. Durch die relative Nähe der Außenstelle in der Loisachstadt könne man alle Störungen "binnen einer halben Stunde in Angriff nehmen", sagte Kunz. Die Energie Südbayern verfüge über genügend Personal, den Bereitschaftsdienst problemlos zu gewährleisten. Außerdem sei man ein zertifiziertes Unternehmen, das Planungssicherheit biete. Auch Kunz stellte klar: "Wir sind nicht Eigentümer des Wassernetzes, wir stellen nur das Fachpersonal."

Auf dem Gebiet von Benediktbeuern befinden sich ein Tiefbrunnen, ein Hochbehälter und circa 23 Kilometer Wasserleitungen. Die Fördermenge beträgt Ortlieb zufolge rund 230 000 Kubikmeter, die Gebühr pro Kubikmeter beträgt 1,14 Euro, plus 36 Euro Grundgebühr im Jahr. Durch den Vertrag mit ESB rechnet der Bürgermeister mit Mehrkosten von rund 25000 Euro per annum. Aber dafür habe man auch eine Qualitätssteigerung und erwarte sich Effizienz-Vorteile, sagte er. ESB bietet Kunz zufolge den Vorzug, "dass wir mehrere Ingenieure, mehrere Wasserwarte haben". Ziel müsse es sein, "die Arbeit so gut zu machen, dass auch andere Gemeinden an uns herantreten".

Mit der Verunreinigung des Trinkwassers durch Coli-Bakterien, die im Anfang August in Benediktbeuern auftrat, hat der Kontrakt der Gemeinde mit Energie Südbayern im Übrigen nichts zu tun. Schon der alte Gemeinderat sei überein gekommen, dass die Betreuung des Wassernetzes nicht mehr hausintern geleistet werden könne, so Ortlieb.

Bei allen Fragen rund um das Thema können sich die Einwohner von Benediktbeuern künftig an die Betriebsstelle Wolfratshausen wenden, Telefon 08171 / 43 64 0 oder 0151 / 68 13 36 71

© SZ vom 23.09.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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