Parkplatz oder Lager:Streit im Baurechtsdschungel

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Wanderparkplatz oder Lagerungsstätte? Dieses Bild nahm Familie Thumm vor ihrem Haus in Benediktbeuern auf. (Foto: Privat)

Eine Familie in Benediktbeuern liegt schon länger im Clinch mit der Gemeinde. Nun will sie gegen die Kommune vorgehen, die seit zwei Jahren Aushub vor ihrer Haustür ablagern lässt

Von Nora Schumann, Benediktbeuern

Stefan Thumm sagt, er habe es zuerst nicht glauben wollen, als die ersten Erdhaufen vor seiner Haustüre abgekippt worden seien. Der gelernte Ingenieur wohnt mit seiner Familie in einem Neubaugebiet im Mariabrunnweg in Benediktbeuern und liegt mit der Gemeinde wegen eines nicht genehmigten Bauvorhabens bereits länger im Konflikt. Und dann auch noch das: Seit 2017 lagere die Gemeinde nun Bauschutt direkt vor seiner Haustür ab, auf einem Gelände, das eigentlich als Parkplatz genutzt worden sei, sagt Thumm.

Er und seine Frau fühlen sich schikaniert. Denn der Fall hängt für das Paar eng mit einem bislang nicht verwirklichten Projekt von Ehefrau Lucia Thumm zusammen: einem Eis- und Kaffeeverkauf aus dem "Tiny House"-Anhänger auf ihrem Grundstück. "Am 17. Juni habe ich das Landratsamt über die illegalen Ablagerungen informiert und am gleichen Tag wurde ein Beseitigungsschreiben für den Hänger erstellt", erklärt Thumm ihre Vermutung.

Bürgermeister Ortlieb erklärt, die Fläche werde seit Jahren zur Lagerung genutzt

Der Bürgermeister von Benediktbeuern, Anton Ortlieb (Bürgervereinigung), weist die Vorwürfe von sich. Das betroffene Areal sei seit jeher als Lagerfläche genutzt worden, auch wenn dies für die Zukunft nicht mehr vorgesehen sei, weil die Fläche als Wanderparkplatz dienen soll, sagt er. Parkplatz oder Lagerfläche? Ganz so einfach scheint das nicht zu sein. Laut Ortlieb müsste die Gemeinde eine Nutzungsänderung für einen offiziellen Parkplatz genehmigen, die bisherige Lagerung von Baumaterial stelle hingegen kein Problem dar. Die Gemeinde ist Pächter des Grundstücks, auf dem die Erdhaufen deponiert wurden.

"Eine Genehmigung zur Lagerung des Aushubmaterials war nicht erforderlich", sagt Ortlieb, da der Aushub kein Abfall im Sinn des Abfallschutzrechts sei. Der entscheidende Faktor dabei sei, ob es sich um Baumaterial oder Bauschutt handle. Der Bürgermeister erklärt, dass kein Aushub sondern "gesiebtes und gebrochenes Aushubmaterial" vom Baugebiet am Klostergarten gelagert wurde. Das wiederum bereitet den Thumms die Sorge, dass das Material mit Giftstoffen verseucht sein könnte. Denn im Klostergartenbaugebiet wurde Medienberichten zufolge im Jahr 2015 Gleisschotter und Schlackenreste gefunden, die mit Giftstoffen wie zum Beispiel Glyphosat belastetet waren.

Während der Aushub laut einem Gutachten von 2015 "erhebliche Belastungen" aufweist, sei das "gesiebte und gebrochene Aushubmaterial" untersucht worden und weise keinerlei Belastung auf, erklärt Ortlieb. Thumm ist skeptisch. "Wir haben die Lastwagen gesehen und mit den Arbeitern gesprochen", entgegnet er. Er habe beruflich viel mit Bodengutachten zu tun und die Erfahrung gemacht, dass Ergebnisse von Gutachten je nach Preis durchaus dehnbar seien, fügt er hinzu.

Die Regierung von Oberbayern untersucht den Vorfall

Die Sprecherin des Landratsamts, Sabine Schmid, bestätigt, dass die Gemeinde unbelastetes Material - keine Bauabfälle - zwischenlagern dürfe, ohne eine Genehmigung einzuholen. Müssen Anwohner also damit leben, wenn die Kommune beschließt, vor deren Haustür haufenweise Baumaterial zu lagern?

Bürgermeister Ortlieb sagt, er verstehe den Ärger der Familie Thumm, aber "wenn ich was kaufe, sollte ich mich auch am Bauplatz umsehen". Der historisch genutzte Lagerplatz bestehe schon jahrelang. Stefan Thumm will sich mit der Situation nicht zufrieden geben. Er hat Beschwerde bei der Regierung von Oberbayern eingereicht. Deren Pressesprecherin teilte am Donnerstag mit, dass die Behörde den Fall prüfe und derzeit auf eine Stellungnahme des Landratsamts warte.

© SZ vom 27.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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