Beim Stammtisch in Geretsried:"Wertvoll für die Entwicklung der Persönlichkeit"

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Der CSU-Bundestagsabgeordnete Tobias Zech bedauert die Abschaffung der Wehrpflicht.

Von Thekla Krausseneck, Geretsried

Für einfache Antworten sind manche Themen schlicht zu komplex. Wer trotzdem behauptet, einfache Antworten geben zu können, habe das Thema eben nicht tief genug durchdrungen, sagt Tobias Zech. Beim CSU-Stammtisch hat der christsoziale Bundestagsabgeordnete am Sonntag den Versuch unternommen, den Themenkomplex Fluchtursachen und Syrien auf den Punkt zu bringen. Vor dem Hintergrund des Bundestagswahlkampfs blieb es dabei jedoch nicht, und so kam es in der anschließenden Diskussion doch noch zu ein paar einfachen Antworten: Zur Rettung der Bundeswehr forderte Zech eine Hilfspflicht und dem von SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz vorgeschlagenen Chancenkonto erteilte er eine deutliche Abfuhr. "Jeder ist für den eigenen Wohlstand selbst verantwortlich", sagte Zech.

Der 36-Jährige stellte dem Vortrag seinen Lebenslauf voraus: Begonnen habe er bei Edeka, danach habe er das Fachabitur gemacht, sei zur Bundeswehr gegangen und habe dort BWL studiert. In die Politik sei er "wie alle in der CSU" über die Lokalpolitik gekommen: Zech kam mit 21 Jahren in den Gemeinderat von Garching an der Alz. "Ich wollte immer Außenpolitik machen", sagte Zech, der seit 2013 im Bundestag und seit 2014 in der Parlamentarischen Versammlung des Europarates sitzt.

Als Mitglied des europäischen Unterausschusses für den Mittleren Osten und die Arabische Welt besuche er häufig krisengebeutelte Regionen der Erde. Darunter das politisch besonders komplizierte Syrien, in dem sich 26 verschiedene Gruppen bekämpften, Assad die Bevölkerung spalte und der IS wüte. Für diesen Konflikt gebe es - "und das sage ich als Soldat" - keine militärische Lösung, sondern nur eine diplomatische. Schwierig gestalte sich daran, dass es auf Seiten der Opposition keinen Ansprechpartner gebe.

Derzeit seien 14 Millionen Syrer auf der Flucht, neun Millionen im eigenen Land. 70 Prozent derjenigen, die das Land verlassen, bleiben in den Nachbarländern, im Libanon, in Jordanien oder in der Türkei. Letzteres sei das Land, das mit 2,8 Millionen Flüchtlingen weltweit am meisten aufnehme. Auf Platz zwei sei Pakistan (1,6 Millionen Menschen), während sich Platz drei Deutschland und Libanon teilten (je 1,2 Millionen Menschen). Deutschland und die Türkei seien die einzigen G20-Länder, die so viele Flüchtlinge hereinließen, sagte Zech. Aber auch die EU müsse sich weiterentwickeln. Derzeit mangele es den Mitgliedsländern an Solidarität: Die Flüchtlingskrise werde von Griechenland, Italien und Deutschland getragen, eine "große Lösung" fehle. Zustimmung erhielt Zech von den Geretsrieder Christsozialen für seine Forderung nach einer Unterscheidung zwischen einem Kriegsflüchtling und einem Flüchtling, "der kommt, weil er hier ein besseres Leben hat, denn dann müssten wir 95 Prozent der Weltbevölkerung aufnehmen". Gerade aus Afrika kämen "nur die reichsten, die klügsten und die fittesten": Die aufzunehmen sei "inhuman".

Um den Zustand der Bundeswehr zu bessern - ein Besucher, ebenfalls ehemaliger Soldat, nannte ihn "desolat" - will der Bundestagsabgeordnete eine sogenannte Hilfspflicht einführen, und zwar ohne "den Schmarrn mit der Verweigerung". Bei der Hilfspflicht müsste jeder junge Mensch entweder zur Bundeswehr oder zu einer Blaulichtorganisation wie der Feuerwehr oder dem Roten Kreuz gehen. Nach der Abschaffung der Wehrpflicht seien alle Personalakten vernichtet, Ausbilder entlassen und Kasernen geschlossen worden, sagte Zech, der acht Jahre lang bei der Bundeswehr diente, mit hörbarer Fassungslosigkeit. Das wieder rückgängig zu machen, koste viel Zeit, "aber ich kämpfe dafür".

Die Ausbildung bei der Bundeswehr beschrieb Zech als wertvoll für die Persönlichkeitsentwicklung. Eine Absage erteilte er dafür dem Chancenkonto. "Wer mit 35 Jahren erst mit dem Studium fertig wird und dann nicht weiß, was er machen soll, der braucht auch keine 20 000 Euro von der SPD". Das Chancenkonto soll nach Schulz' Idee Weiterbildungen, Existenzgründungen oder Sabbaticals finanzieren. Er selbst habe früh angefangen zu arbeiten, sagte Zech.

© SZ vom 28.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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