Bauprojekt in Kochel am See:Verstärkeramt muss weichen

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Abrissgenehmigung ist längst erteilt - eine neue Petition bringt das ans Licht

Von Petra Schneider, Kochel am See

Die Zukunft des ehemaligen Verstärkeramts ist besiegelt: Bereits am 1. Oktober 2019 hat die Untere Denkmalschutzbehörde im Landratsamt den Abriss genehmigt. Informiert wurden die Bürger über diese Entscheidung nicht; erst eine neuerliche Petition des Weilheimer Architekten Heiko Folkerts macht den Sachstand nun bekannt.

Folkerts und seine Mitstreiter, die im Juni vorigen Jahres mit einer Petition beim Landtag dafür gesorgt hatten, dass das Verstärkeramt aus den Jahren 1926/27 als "herausragendes Beispiel der Münchner Postbauschule" in die Denkmalliste aufgenommen wurde, wollen einen Abriss nicht hinnehmen. Sie haben sich nun erneut an den Bayerischen Landtag gewandt und fordern, dass "die skandalöse Abrisserlaubnis dieses bedeutenden Denkmals vom Landratsamt aufgehoben wird." Zudem wollen sie, dass die Zusage öffentlicher Fördermittel für einen aus ihrer Sicht "überflüssigen Neubau widerrufen" wird und stattdessen Zuschüsse für eine denkmalgerechte Renovierung bewilligt werden. Die Bausubstanz des Verstärkeramts sei gut, und die vorhandenen Wohnungen könnten renoviert und bezahlbar vermietet werden. Zwei ehemalige Technikräume "wären perfekt für die Gemeinbedarfsnutzung geeignet", heißt es in dem Schreiben. Als Grund für den von der Gemeinde forcierten Abriss vermuten sie Spekulation "auf Kosten des Steuerzahlers": Die Gemeinde habe das Verstärkeramt "zu einem extrem günstigen Preis" erworben. Bei Abriss und Neubau mit Wohnungen könne sie mit erheblichen Zuschüssen aus dem kommunalen Wohnraumförderprogramm rechnen. Bürgermeister Thomas Holz (CSU) will das nicht kommentieren, diese Vorwürfe seien "genauso falsch wie anderes in der Petition." So sei ein denkmalgerechter Umbau zu einem Bauhof, den die Gemeinde dringend braucht, "technisch" nicht möglich. Zudem steige auch in Kochel der Bedarf an bezahlbarem Wohnraum; so seien die ursprünglichen Planungen aus dem Jahr 2017 auf Anraten der Regierung von Oberbayern geändert worden, "um noch mehr Wohnungen unterzubringen." Dass er im Gemeinderat nicht über die Entscheidung des Landratsamts informiert hat, begründet Holz so: Aus Rücksicht auf die 87-jährige Dame, die derzeit noch im Verstärkeramt wohnt, habe er die Abrissgenehmigung "bewusst nicht öffentlich gemacht", sagt Holz. Die Mieterin sei informiert, man stehe in "gutem Kontakt". Auf dem Areal an der Bahnhofstraße sollen nach dem Abriss des Verstärkeramts 16 barrierefreie Wohnungen, rund 170 Quadratmeter Fläche für Obachlosenunterkünfte und der neue Bauhof entstehen. Wann die Bagger anrücken, steht noch nicht fest, "einen Zeitplan gibt es nicht", sagt Holz.

An der verfahrenen Situation, die nun wohl zulasten des Baudenkmals ausgeht, trägt das Landesamt für Denkmalpflege zumindest eine Mitschuld. Denn erst einen Monat, nachdem der Gemeinderat im Juli 2018 den Bebauungsplan einstimmig beschlossen hatte, wurde das Verstärkeramt in die Denkmalliste aufgenommen. Die Behörde war laut Holz im vorangehenden Verfahren beteiligt, hatte aber keine Stellungnahme abgegeben. Die Gemeinde war daraufhin davon ausgegangen, dass es sich nicht um ein Denkmal handelt. "Wenn es anders gewesen wäre, hätten wir das Verstärkeramt nie gekauft", betont Holz. Denn die vorrangige Zielsetzung sei immer ein neuer Bauhof gewesen. Der Gemeinderat habe sich in der Folge mehrfach mit der Denkmaleigenschaft beschäftigt, allerdings einstimmig beschlossen, die Planungen weiterzuverfolgen. Entscheiden musste das Landratsamt. Wie Pressesprecherin Marlis Peischer erklärt, habe es mehrere Ortstermine, unter anderem mit dem Landesamt für Denkmalpflege und der Regierung von Oberbayern, gegeben. Nach einer umfassenden Prüfung und Abwägung der Belange des Denkmalschutzes mit denen der Gemeinde, bei der auch die Vorgeschichte berücksichtigt worden sei, habe man "die Belange des Denkmalschutzes in diesem Fall zurückgestellt" und den Abriss genehmigt.

© SZ vom 13.03.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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