Bananafishbones in Bad Tölz:Bestes aus der Küchenschublade

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Die Konzerte der Fishbones gehören für viele traditionell zur Weihnachtszeit. Da darf auch mal eine Lebkuchendose musikalisch glänzen. (Foto: Manfred_Neubauer)

Die Band beherrscht bei ihrem Weihnachtskonzert im Tölzer Kurhaus die Gratwanderung zwischen Guter-Laune-Musik und stimmungsvollen Hommagen.

Von Arnold Zimprich, Bad Tölz

Ein eigenartig warmer Wind umweht das festlich beleuchtete Tölzer Kurhaus an diesem Freitagabend, den sich die Bananafishbones wieder für das erste ihrer vier ausverkauften Weihnachtskonzerte ausgesucht haben. "Ob sie Dein Lieblingslied spielen?", fragt eine Mutter den Nachwuchs. "Hoffentlich!"

"Ich könnte mir keinen schöneren Ferienanfang vorstellen als mit Euch", eröffnet Sänger Sebastian Horn den Abend. Die Isarstadt und ihre Band, sie sind zusammengewachsen mit den Jahren, die Weihnachtskonzerte des Trios gehören für viele zu den Fixpunkten im Jahresablauf.

Die warmen Außentemperaturen nutzt Horn, um auf ein ganz besonderes Konzert zurückzublicken. "Am 29. November spielten wir für die 'Fridays-for-Future'-Demo unter der Isarbrücke. Das war eine Stimmung. Ich hab' so Gänsehaut gehabt!"

Gänsehaut gibt es auch im Kurhaus, als die Bananafishbones eine Coverversion von The Cars' "Drive" anstimmen, deren Sänger Rick Ocasek 2019 mit 75 Jahren gestorben ist - eine erste Verbeugung der Band vor Musikern, die den nahenden Jahreswechsel nicht mehr erleben werden. Die Fishbones, wie die Band liebevoll von ihren Fans abgekürzt wird, lassen jedoch erst gar nicht erst Raum für übermäßigen Pathos, sie beherrschen die Gratwanderung zwischen Guter-Laune-Musik und stimmungsvollen, melancholischeren Stücken.

Vor dem Stück "Snowflakes in Hell" sinniert Horn über die Schneekanonen am Lenggrieser Brauneck und die "lustigen weißen Flecken, die sich den Berg hinaufziehen", sind doch die kläglichen Schneeansammlungen rund um die Kanonen schon längst wieder am Abschmelzen. "Aber das nächste Schneechaos kommt bestimmt!"

Unter Zuhilfenahme beeindruckender Riff-Samples schraubt das Trio einige Bretter in die Tölzer Nacht, liefert dem Publikum im Kurhaus eine bunte Mischung aus selbstkomponierten und gecoverten Stücken, aus Improvisiertem und kurzen, humorigen Intermezzi.

Natürlich darf an einem solchen Abend auch The Cure nicht fehlen - schließlich hat sich die Band nach einem Song der Gruppe benannt. Und so gibt es am Freitagabend ein "Friday I'm in Love", bei dem Sebastian Horns sonorer Keller-Bass einen schönen Kontrast zu Robert Smiths Falsett darstellt. Passend zum melancholischen Indie-Wave-Pop der englischen Kultband singt er anschließend "Numb" ("Every single year I'm drowning in my tears"), zum Stück "Croco Tears" wird auf der Tribüne und neben der Bühne getanzt.

Die Bananafishbones wären nicht die Bananafishbones, wenn sie nicht auch politisch werden würden - an diesem Abend nehmen sie die Tölzer Verkehrspolitik und -planung auf die Schippe. So hätten die Sachsenkamer während der Verkehrszählung, auf deren Grundlage die Rechtsabbiegerspur auf der Bundesstraße 13 Richtung Holzkirchen an der Tölzer Flinthöhe konzipiert wurde, bestimmt ein Schild aufgestellt. Darauf das lockende Versprechen: "Freibier in Reutberg". Anders sei, so die Band, die bevorzugte Behandlung der von Osten kommenden Rechtsabbieger nicht zu erklären.

Zwischendurch liefert Drummer Florian Rein ein beeindruckendes Solo mit leuchtenden Drumsticks, während Gitarrist Peter Horn ungewöhnliche Töne aus seiner "magischen Gitarre" zaubert - die Technik macht es möglich, die Show darf an einem Abend wie diesem eben auch nicht zu knapp kommen.

Costa Cordalis' "Anita", Karel Gotts "Biene Maja", Dolores O'Riordans "Zombie" - die Reihe der Hommagen an verstorbene Stars setzt sich fort - die sehr lebendigen Fishbones werden indes von Tobias Kalweit und Elias Barzinpour, die auch unter dem Bandnamen DisM firmieren, tatkräftig an der Gitarre unterstützt. So ganz nebenbei machen Kalweit und Barzinpour auch noch ungeniert Werbung für ihre Pommesbude - "Schaut's vorbei in Reichenhall bei de Kartoffelbuam!"

Es ist kurz vor Weihnachten, Zeit der Wünsche, so ist eben alles erlaubt im Kurhaus, und es verwundert es nicht weiter, als mit Florian Riedl am Saxofon und Andi Unterreiner an der Trompete noch zwei Blasmusikanten die Bühne betreten, die die Band beim Song "Kids" von MGMT supporten. Ein Weihnachtsmedley verwandelt sich schließlich in den Fishbones-Klassiker "Come to Sin", bei dem Riedl noch ein beeindruckendes Saxofon-Solo hinlegt.

"Ich sehe mich oft wie so 'ne Küchenschublade, wo man alles reinwirft", sagt Sebastian Horn. Manchmal müsse man den Inhalt dann wieder ausleeren, wovon das nächste Stück "She said" handelt. Es sind viele Botschaften, die das Trio, das sich einst am Tölzer Gymnasium zusammengetan hat, in die Welt sendet - und so kann sich jeder im Publikum, egal ob jung oder alt, sein Stück Fishbones mit nach Hause nehmen - sogar Billie Eilish und Deichkind werden noch serviert.

Die Zugabe umfasst gleich drei Stücke - und dann gibt es als viertes noch ein i-Tüpfelchen. "Blister in the Sun" von den Violent Femmes komplett ohne Strom - Florian Rein verwendet Lebkuchendosen als Schlagzeug. Wenn das nicht weihnachtlich ist, was dann.

© SZ vom 23.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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