Bahnübergang bei Bad Tölz:Wenn der BÜP das Plastikband spannt

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Weil zwischen Bichl und Benediktbeuern die Schranke defekt ist, müssen zwei Posten die Straße sichern - mit Plastikband. Schutzhütte und Toilette gibt es nicht.

Von Ingrid Hügenell, Bichl

Vom Schrankenwärter hat sich der moderne Mensch eigentlich längst verabschiedet. Manchmal aber gibt es sie noch, wenn auch unter anderem Namen. Seit Wochen sind am Bahnübergang der Bundesstraße 11 zwischen Bichl und Benediktbeuern bei Bad Tölz zwei dieser Bahnübergangsposten (BÜP), nun ja, postiert. Sie ersetzen die Schranke, die kaputt ist. Mit einer rot-weißen Plastikabsperrung, die sie quer über die Fahrbahn ziehen, wenn ein Zug kommt. Die eingleisige Strecke verbindet Tutzing und Kochel am See. Unter der Woche tagsüber fährt viermal pro Stunde ein Zug, nachts und an den Wochenenden zweimal stündlich. Jedes Mal ziehen die BÜPs die Plastikabsperrung über die Straße, damit Autofahrer und sonstige Verkehrsteilnehmer anhalten. Nachts schwenken sie zusätzlich rote Lampen. Und zwischen den Zügen warten sie, ob es regnet, stürmt oder die Sonne vom Himmel brennt.

Die DGS Dienst für Bahn und Sicherung GmbH organisiert die Maßnahme für die Bahn; bezahlt werden die Posten von der DB Netz AG. Dauern wird der Zustand noch etwa zwei Monate. Denn so lange wird die Schranke nicht funktionieren. Der Zuständige der DGS, der seinen Namen nicht genannt haben möchte, sagt nur: "Wir sind das ausführende Organ. Wir stellen die Leute zur Verfügung." Jeweils zwei sind es, die in zwei Schichten von kurz vor 5 Uhr morgens bis 0.30 Uhr nachts mit Band und Lampen tätig sind. Die Männer und Frauen seien bestens ausgerüstet, sagt der Zuständige von der DGS , sie hätten Regen- und Schutzkleidung und sogar ein Auto zur Verfügung. Damit können sie zum etwa einen Kilometer entfernten Bichler Bahnhof fahren, wo sie jederzeit die Toilette des Fahrdienstleiters benutzen können. Oder sie können sich im Wagen aufhalten. Eine Schutzhütte oder wenigstens ein Dixie-Klo gibt es nicht. "Das ist nicht erforderlich", findet der Mann von der DGS. Alles entspreche den Vorschriften der Bahn, das rot-weiße Plastikband ebenso wie die Ausbildung der Bahnübergangsposten. Ohne Ausbildung nämlich, erklärt der Mann, gehe bei der Bahn nichts. Und er betont, wie vertrauenswürdig diese Form der Sicherung sei: "Menschen sichern das besser ab als eine technische Einrichtung." Denn das menschliche Auge und Ohr seien aufmerksamer.

Benedikt Pössenbacher, Bürgermeister von Bichl, hat kein rechtes Verständnis dafür, dass es so lange dauert, die Schranke zu richten, die nicht mehr funktioniert, seit ein Auto gegen den Verteilerkasten gefahren ist. Das war im Juni. "Eine Schande für den Standort Deutschland", nennt er die Sache. Sein Benediktbeurer Kollege Hans Kiefersauer äußert sich "als Laie": "Wenn man da einen ortsansässigen Elektriker hinschicken würde, tät' ich dem schon zutrauen, dass der die Schranke in kürzester Zeit zum Laufen brächte."

So einfach ist die Sache aber nicht. Denn die Bahnübergangsanlage, wie die Schranke im schönsten Behördendeutsch heißt, könne nicht mehr repariert werden, teilt der Pressesprecher der Bahn mit. Auch eine Erneuerung sei nicht möglich - dieser Anlagentyp werde nicht mehr gebaut. Es muss also eine neue Anlage her. Das macht es kompliziert. Denn die Neuanlage sei sicherheitsrelevant. Daher sei "eine umfangreiche Planung notwendig, die dem Eisenbahnbundesamt zur Prüfung vorgelegt wird, und erst nach deren behördlicher Zustimmung kann der Bau beginnen", erklärt der Bahnsprecher. Die Planung sei in die Wege geleitet, "und wir gehen davon aus, dass die Erneuerung im September/Oktober abgeschlossen sein wird." Und bis dahin sind ja die BÜPs vor Ort.

© SZ vom 28.07.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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