Bad Tölzer Politik:Streit um neues Wohngebiet

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Die Stadt Bad Tölz will preiswerte Quartiere zwischen dem Gabriel-von-Seidl-Weg und dem Isarleitenweg bauen. Wegen der geplanten Zufahrt und einem privaten Grünzug sind sich die Stadträte uneins über den Bebauungsplan

Von Klaus Schieder, Bad Tölz

Mit den neuen Häusern an der Osterleite und der Königsdorfer Straße schafft die Stadt Bad Tölz bezahlbaren Wohnraum für Paare und Familien, die sich die überbordenden Mieten auf dem Immobilienmarkt nicht leisten können. Damit nicht genug: Zwischen dem Gabriel-von-Seidl-Weg und dem Isarleitenweg - schrägt gegenüber der Asklepios-Klinik - sollen künftig ebenfalls preisgünstige Domizile entstehen. Der dafür erforderliche Bebauungsplan stieß im Stadtrat am Dienstagabend jedoch auf starke Vorbehalte. Kritik entzündete sich an der geplanten Zufahrt zu dem Wohngebiet und am privaten Grünzug, der am Isarleitenweg festgeschrieben werden soll. Am Ende wurde der Plan nach anderthalbstündiger, teils hitziger Debatte mit einer Mehrheit von 15 zu sechs zehn Stimmen gebilligt.

Das Areal wurde schon vor Jahren für ein kleines Wohngebiet auserkoren, als die Stadt mit der österreichischen Firma Geiger noch die Planungen für ein Luxushotel an der Arzbacher Straße vorantrieb. Die Wohnhäuser sollten damals zur Gegenfinanzierung des Hotels dienen. Nachdem dieses Projekt gestorben war, kam die Arbeitsgruppe Wohnen mit Vertretern des Stadtrats und der Verwaltung überein, dort bezahlbare Wohnungen für Einheimische zu errichten. Einen entsprechenden Beschluss fasste der Stadtrat im Januar 2018. Vorgesehen ist nun, zwischen dem Seidl-Weg und dem Isarleitenweg zwei Bauflächen auszuweisen, in dem zwei, vielleicht auch drei Gebäude mit etwa 30 günstigen Wohnungen gebaut werden können. Klar ist, dass diese Quartiere nur in einem Geschossbau unterzubringen sind, kaum in Einfamilien- oder Reihenhäusern, wie sie in der Nachbarschaft stehen.

Für Zündstoff sorgte im Stadtrat die geplante Zufahrt zu dem neuen Wohngebiet. Dem Stadtbauamt schwebt vor, eine kleine Stichstraße zu errichten, die vom Seitenarm der Bundesstraße 472 knapp unterhalb der Arzbacher Straße zum bisherigen Parkplatz der Asklepios-Klinik und so zu den neuen Häuser führen würde. Dies hätte den Vorteil, dass der Gabriel-von-Seidl-Weg unangetastet bliebe. Das Staatliche Bauamt ist mit dieser Variante jedoch nicht glücklich. Die Befürchtung: Dafür wäre eine zweite Linksabbiegespur auf dem Weg von der Bundesstraße 472 hinunter zur Bockschützstraße nötig, gleich nach der schon bestehenden Abbiegespur in die Arzbacher Straße. Dies könnte eine Rückstau bis zur Bundesstraße bewirken.

Eine Sorge, die Bauamtsleiter Christian Fürstberger nicht teilt. Die Stadt habe wegen der geplanten Zufahrtsrampe ein eigenes, circa 160 Seiten umfassendes Gutachten in Auftrag gegeben, sagte er. Am Tag würden demnach nur 100 Fahrzeuge ins neue Wohnbaugebiet fahren, in beiden Richtungen. Filiz Cetin (SPD) überzeugte dies nicht. "Einen Bebauungsplan auszulegen, in dem die Zufahrt noch nicht geklärt war, ist mit neu", sagte sie. Ihr fehle die Abstimmung mit dem Staatlichen Bauamt. Den Einwand von Bürgermeister Ingo Mehner (CSU), dass er eine klare Position des Stadtrats zur geplanten Zufahrt für die weiteren Gespräche mit der Weilheimer Behörde brauche, wies Cetin zurück. "Ich weiß nicht, ob sich das Staatliche Bauamt beeinflussen lässt, wenn wir 24 Leute da herinnen Ja dazu sagen." Ihr Antrag, deshalb über den Plan nicht abzustimmen, wurde mit vier Gegenstimmen abgelehnt.

Strittig war außerdem der Grünzug an der westlichen Seite des Isarleitenwegs. Der befindet sich teils in Besitz der Stadt, teils in Privateigentum. Mit dem Bebauungsplan würde die Baumreihe als "privater Grünzug" festgelegt. Damit lege man juristisch nur fest, was da sei, meinte Mehner. Dies bedeute nicht, dass jemand etwas verkaufen müsse. Allerdings wäre es für die Eigentümer nur schwer möglich, künftig bis an die Grenze ihres Grundstücks am Isarleitenweg zu bauen. Anton Mayer (CSU) sprach von einer "stillen Enteignung" und schlug vor, von der Festlegung des privaten Grünzugs abzusehen. Dies lehnte der Stadtrat mit elf zu zehn Stimmen ab. Auch Richard Hoch (Grüne) kritisierte den "Eingriff in Privateigentum" - vor allem angesichts der neuen Wohnblocks und des Hotels, das unten an der Bockschützstraße entstehen soll.

Josef Steigenberger (CSU) plädierte dafür, einen Bebauungsplan im großen Umgriff für das gesamte Gebiet von der Arzbacher Straße bis zur Bockschützstraße aufzustellen. Dem widersprach Bürgermeister Mehner. Sein Argument: Dies würde die Aufstellung des Plans um ein Jahr verzögern. "Den günstigen Wohnraum für Tölzer werden wir dann nicht so schnell verwirklichen." Den Vorwurf von Julia Dosttaler (CSU) und Johannes Gundermann (Grüne), über die Köpfe der Anwohner zu entscheiden, wies der Rathauschef vehement zurück. Jeder habe die Möglichkeit, "dass er zu mir Kontakt aufnimmt", so Mehner.

CSU-Fraktionssprecher René Mühlberger forderte den Stadtrat auf, "einfache Projekte nicht zu problematisieren". Noch befinde man sich nach der ersten Auslegung des Plans in einer Vorstufe der Öffentlichkeitsbeteiligung. Das Verfahren sollte man nicht verzögern, bat Mühlberger. Noch ist auch völlig unklar, wie groß die neuen Häuser werden, wie viele Wohnungen entstehen, wer einziehen soll.

© SZ vom 29.04.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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