Bad Tölz:Zwischen Ängsten und Wohlwollen

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Ingo Mehner will den Flüchtlingen Toleranz erklären (Foto: MAN)

Bürgermeister Janker ruft bei Partei-Veranstaltung zum Verständnis für Flüchtlinge auf. Doch die CSU ist auch in Tölz die CSU: Ingo Mehner fordert eine Reduzierung der Zuwanderung

Von Klaus Schieder, Bad Tölz

Eine Mutter sagt, sie habe ein Problem damit, dass junge Asylbewerber stets in Gruppen in Bad Tölz unterwegs seien. Sie frage sich, ob sie ihre Tochter noch raus lassen soll, wenn es dunkel wird. "Man weiß ja nicht, wie man sich verhalten soll", sagt sie. Josef Janker äußert dafür Verständnis. Auch er sei nachts schon einer solchen Gruppe junger Männer begegnet, erzählt er. Da habe plötzlich einer von ihnen gewunken und "Hallo" gerufen. Er erkannte den Tölzer Bürgermeister vom Jugend-Asylgipfel wieder, damals saß er neben ihm. Dann wechselt Janker die Perspektive: "Die Flüchtlinge haben nicht so tolle Sachen erlebt auf dem Weg hierher, auch sie vermuten vielleicht, dass nicht jeder, dem sie hier begegnen, wohlwollend gesinnt ist."

Flüchtlinge und Bad Tölz - das ist das Thema beim CSU-Diskussionsabend am Donnerstag im Gasthaus Kolberbräu. Vor nur etwa 20 Zuhörern ist dem Bürgermeister vor allem daran gelegen, dass sich Tölzer und Asylsuchende nicht mit schweigendem Misstrauen begegnen. "Wenn man miteinander reden würde, wäre manches einfacher", sagt er. Damit spielt er etwa auf den Konflikt in der Kurbücherei an, als sich die Stammgäste von Flüchtlingen gestört fühlten, die dort über das Wlan-Netz nach Hause telefonierten. Janker sprach mit den Bibliotheksbesuchern, ohne sie zu überzeugen. Die Kurbücherei sei ein sozialer Treffpunkt, nicht bloß für Deutsche und Weißhäutige, sondern für alle Menschen, sagte er. Dieser Hinweis sei als "nicht stichhaltig" abgetan worden. Deshalb richtete er ein Wlan-Netz mit zwei Megabit Leistung im Kleinen Kurhaus ein, das die benachbarte Asylunterkunft im Hotel Jodquellenhof versorgt.

Aber nicht alle Tölzer verhalten sich ablehnend. Der Helferkreis wächst und umfasst laut Janker inzwischen 180 ehrenamtliche Kräfte. 300 Flüchtlinge leben derzeit in der Stadt, hinzu kommen 150 in der Erstaufnahme in der Turnhalle des Tölzer Gymnasiums, die jedoch nur wenige Woche bleiben. Bewahrheiten sich die Prognosen des Landratsamtes, muss Tölz nächstes Jahr insgesamt 800 Flüchtlinge beherbergen. Das Asylbewerberhaus mit 170 Plätzen, das die Stadt 2016 für vier Millionen Euro auf der Flinthöhe baut und später als günstige Wohnungen anbieten will, wird da nicht ausreichen. Nötig seien eine GU2 und eine GU3, sagt Janker. Im Klartext: weitere Gemeinschaftsunterkünfte. Wichtig ist dem Bürgermeister auch, allen Flüchtlingen die Chance zu geben, Deutsch zu lernen - egal, woher sie kommen und ob sie eine Bleibeperspektive haben. Schon alleine deshalb, sagt er, "damit sie beschäftigt sind". Die CSU ist aber auch in Bad Tölz die CSU. Ingo Mehner, Fraktionssprecher im Stadtrat, fordert eine Reduzierung der Zuwanderung und eine Integration, die nicht nur fördert, sondern fordert. Wichtig sei eine dauerhafte Begleitung der Zuwanderer, "nicht Applaudieren am Hauptbahnhof". Den Flüchtlingen müsse man erklären, was ein tolerantes Miteinander bedeute, sagt Mehner und liefert die Antwort gleich mit: "Nicht das Nebeneinanderleben einer multikulturellen Gesellschaft."

Janker kritisiert, dass die Bundesregierung sich erst seit einem halben Jahr mit dem Thema Asyl befasse. Dabei sei die Zunahme der Asylsuchenden seit Jahren absehbar gewesen, wenngleich nicht in der momentanen Dimension. "Wer sagt, er sei überrascht worden, hat die ganze Zeit geschlafen", sagt Janker. In Bad Tölz habe man schon seit 2012 mit der Aufnahme der ersten 50 Asylbewerber vorausschauend agiert. Das soll auch künftig so sein. Janker kündigte an, die soziale Kommunalplanung im Rathaus - gewissermaßen das Sozialamt - personell aufzustocken. Denn nach den Deutschkursen müssten die Flüchtlinge auch Arbeit finden. "Das wird ein Problem sein."

© SZ vom 07.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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