Bad Tölz:Etwas Besonderes machen

Lesezeit: 4 min

Die Macher: Stephanie Hörmann und Peter Frech vor dem Palastzelt. (Foto: Stephanie Schwaderer)

Peter Frech und Stephanie Hörmann stellen mit dem zweiten "Summer Village" ein Festival auf die Beine, das Tausende Zuschauer begeistern wird. Sie selbst werden erstmals Miese machen

Interview von Stephanie Schwaderer

Die Stadt Wolfratshausen hat ihr Flussfestival, Geretsried den Kulturherbst. In Bad Tölz beginnt an diesem Donnerstag das zweite Summer Village: Eine kleine, aber ambitionierte Version des Münchner Tollwood-Festivals, die wieder 20 000 Gäste anlocken dürfte. Das Erstaunlichste daran: Das viertägige Spektakel wird von zwei Tölzern organisiert, die rund um das Jailhouse schon einige Feste gefeiert haben, aber erstmals mit einem Defizit rechnen. Peter Frech und Stephanie Hörmann erreicht man derzeit mit großer Wahrscheinlichkeit bei der Arbeit zwischen Buden und Zirkuszelt, mit viel Glück trifft man beide sogar zusammen auf dem Festgelände an.

SZ: Fürs Telefonieren fehlt Ihnen offenbar gerade die Zeit?

Peter Frech: Gestern haben wir bis um halb Zwölf in der Nacht die Löcher fürs Zirkuszelt in den Boden gebohrt. Von fünf Uhr früh an. Kein Spaß bei der Hitze.

Warum tun Sie sich das an?

Frech: In Tölz ist ja fast nichts los. Als wir das Jailhouse übernommen haben und sich die Möglichkeit auftat, den Festplatz zu nutzen, dachten wir: Na gut, dann machen wir halt mal ein Festl.

Stephanie Hörmann: Mit einem US-Car-Treffen ging es los. 200 Leute haben wir beim ersten Mal erwartet. Mittlerweile kommen jedes Mal 20 000. Auch beim ersten "Summer Village" waren so viele Besucher da.

Die Städte Geretsried und Wolfratshausen beschäftigen für ihre Festivals mehrere Angestellte, den Bauhof und ein ganzes Heer von freiwilligen Helfern. Wie schaffen Sie beide das?

Hörmann: Gar nicht.

Frech: Acht Monate lang hinarbeiten, sich den Arsch aufreißen und zwei zusätzliche Leute einstellen.

Hörmann: Welche zwei Leute?

Frech: Na, die Julia . . .

Hörmann: Die kommt einmal die Woche, um mir bei der Organisation für die Aussteller zu helfen: Rundmails verschicken, Ablaufpläne, Verträge vorbereiten, die Standgrößen festlegen, Sondergenehmigungen für die Fahrzeuge beantragen, all solche Dinge. In mein Büro bin ich seit drei Tagen vor lauter Arbeit nicht mehr gekommen. Und wenn ich mal drin bin, klingelt das Telefon.

Wie viele Aussteller erwarten Sie?

Hörmann: 48 Gastronomen und 17 Einzelhändler. Und neben jeden einzelnen muss man sich hinstellen und kontrollieren, dass er auch wirklich seine Standfläche nicht überzieht.

Frech: Die künstlerische Betreuung hat zum Glück der Christian Gutmair aus Königsdorf übernommen. Weil alles schafft man doch nicht alleine.

Hörmann: Neben den Hauptakts im Palastzelt wird es eine Außenbühne geben, auf der alle 30 Minuten eine andere Nachwuchsband aus der Gegend spielt. Zudem haben wir ein umfangreiches Rahmenprogramm erstellt, das von Ballonkünstlern und Karikaturzeichnern über Wild West Show Girls bis hin zu fantastischen Stelzenläufern geht.

Klingt nach viel Arbeit. Dabei dürfte ja das Jailhouse an sich schon eine Vollzeitbeschäftigung sein, oder?

Frech: Wir wissen oft gar nicht mehr, wo wir die Leute hinsetzen sollen. Aber die Kneipe läuft ja auch nur nebenbei. Eigentlich habe ich ja eine Bau- und eine Security-Firma, mit der ich immer wieder wochenweise auf Band-Tour bin, mit den Toten Hosen, ACDC, Metallica.

Hörmann: Dann packt er seinen Koffer, und ab geht's in den Urlaub.

Frech: Urlaub! Urlaub hatte ich seit zehn Jahren nicht mehr!

Sind Sie miteinander verheiratet?

Hörmann: Peter, wollen wir heiraten?

Frech: Nein! Dazu bin ich zu alt.

Zurück zum Summer Village. Ihr Zirkuszelt ist größer als das beim Geretsrieder Kulturherbst, dazu ein umfangreiches Programm - wie finanzieren Sie das?

Frech: Alles aus der eigenen Tasche. Wir bekommen keinerlei Unterstützung.

Hörmann: Bisher sind alle unsere Feste auf plus minus Null ausgegangen. Wir konnten sogar immer noch einen Teil der Eintrittsgelder spenden, zum Beispiel für Michaela Gerg und ihre Stiftung Schneekristalle oder die Behindertenwerkstätten in Gaißach. Aber diesmal wissen wir schon, dass wir es erstmals nicht auf Null kriegen werden.

Warum nicht?

Frech: Wegen der großen Pyro-Show am Samstag, dem Aktionstheater Pan Optikum. Das frisst uns ein solches Minus in die Bilanz, das wir das definitiv nicht mehr ausgleichen können.

Warum haben Sie diese Show dann ins Programm aufgenommen?

Frech: Es sah ja eine Zeit so aus, als ob wir hier demnächst aufhören müssten, wegen Streitigkeiten mit der Brauerei. Mittlerweile sind wir da wieder auf einem ganz guten Weg. Aber damals haben wir uns gesagt: Machen wir noch einen großen Abgang! Diese Show ist gigantisch, mit Kletterern, Theater, Musik. 26 Leute sind da am Werk.

Also eine Abschiedsshow ohne Abschied. Ist sie denn schon ausverkauft?

Hörmann: Leider noch nicht. Anders als die großen Zeltveranstaltungen: Für La Brass Banda und Harry G. gibt es nur noch Restkarten. Auch der Vorverkauf für den Isarwinkler Abend und das Musical Bibi Blocksberg ist gut angelaufen. Aber bei Open Air-Veranstaltungen warten die Leute immer gerne, wie das Wetter wird. Und hoffentlich spekulieren sie nicht darauf, sich das Ganze von irgendwo außerhalb anzuschauen und sich den Eintritt zu sparen.

Frech: 15 Euro sind ja wohl nicht zu viel verlangt. Wir haben immer wieder diskutiert, ob wir das machen sollen und für wen eigentlich. Die Stephie war dagegen, weil uns diese Veranstaltung den Jahresgewinn wegfressen wird. Aber ich denke: Man darf nicht immer nur jammern, dass nichts los ist. Vielleicht bin ich ein schlechter Rechenkünstler, aber manchmal muss man etwas Besonderes machen.

Summer Village, Moraltpark, Bad Tölz; die Hauptakts: Donnerstag, 23. Juli, La Brass Banda, 20 Uhr; Freitag, 24. Juli, Isarwinkler Abend mit Sepp Kloiber, Leonhard Schwarz, Sonja Schroth u.a. , 19 Uhr; Samstag, 25. Juli, ABBA 99 (19 Uhr) und 60er Jahre Discozelt (23 Uhr), Aktionstheater Pan Optikum (22 Uhr); Sonntag, 26. Juli, Bibi Blocksberg das Musical (12.15 Uhr), Harry G. (19 Uhr); alle Informationen unter www.summer-village.de

© SZ vom 23.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: