Bad Tölz:Zwei, die alle Register ziehen

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Kandidaten für den Tassilo-Preis: Sepp van Hüllen und Hansjörg Albrecht leiten die Tölzer Orgelfesttage.

Von Reinhard Szyszka, Bad Tölz

Am Anfang stand eine zufällige Begegnung, tausend Kilometer von der Heimat entfernt. Sepp van Hüllen, pensionierter Manager und Orgel-Enthusiast aus Bad Tölz, traf auf einem Kammermusik-Festival in Finnland den Organisten und Dirigenten Hansjörg Albrecht und fragte ihn, ob er bereit sei, in Tölz aufzutreten. Albrecht, hauptamtlich Leiter des Münchner Bach-Chors und Bach-Orchesters, sagte zu, kam und spielte Bachs Goldberg-Variationen. Bald fand sich ein Verein zusammen, und die Tölzer Orgelfesttage wurden zu einer ständigen Einrichtung, mit Albrecht als künstlerischem Leiter und van Hüllen als Vereinsvorsitzendem. 2016 gehen die Orgelfesttage ins achte Jahr.

Jedes Jahr stehen zwei europäische Länder im Mittelpunkt

Das Konzept der Konzertreihe ist deutschlandweit einmalig. In jedem Jahr stehen ein oder zwei europäische Länder im Mittelpunkt, und sowohl die Auswahl der eingeladenen Musiker als auch das gesamte Programm nehmen auf diese Länder Bezug. Vielerorts erlebt man es ja, dass das Motto eines Festivals für ein oder zwei Alibi-Veranstaltungen herhalten muss, während ansonsten jeder Künstler sein Standard-Repertoire spielt. Nicht so in Bad Tölz: hier wählt Albrecht sowohl die besten Organisten als auch die charakteristischen Orgelwerke aus den jeweiligen Ländern aus und stellt in Absprache mit den Musikern die Programme selbst zusammen. In diesem Jahr lautet die Überschrift "Vom Prater zum Matterhorn", und man ahnt: die musikalische Europareise führt nach Österreich und in die Schweiz. Der Besucher kann sicher sein: Jedes, wirklich jedes Stück, was da erklingt, hat einen engen Bezug zu einem dieser Länder. Meist handelt es sich um Werke von österreichischen oder schweizerischen Komponisten, aber auch Rossinis "Wilhelm Tell"-Ouvertüre ist vertreten, denn diese Oper ist natürlich in der Schweiz angesiedelt.

Viele fragen bei der Abreise, wann sie wiederkommen dürfen

Hansjörg Albrecht kümmert sich von München aus um die künstlerischen Belange der Orgelfesttage und setzt sich auch jedes Jahr in einem oder zwei Konzerten selbst ans Instrument. Doch alle Mühen wären vergebens, gäbe es nicht in Bad Tölz eine kleine Schar von "Orgelverrückten" rings um Sepp van Hüllen, die sich um die Organisation kümmern. Die Stadtpfarrkirche will reserviert und die Konzerte wollen beworben sein, die Künstler müssen vom Flughafen abgeholt, untergebracht und betreut werden. Dicke Gagen kann der Verein nicht zahlen, doch die Musiker fühlen sich wohl, weil ihnen das gesamte Ambiente und die persönliche Atmosphäre zusagen. Viele fragen bei der Abreise, wann sie wieder kommen dürfen, und erzählen zu Hause ihren Kollegen voller Begeisterung von ihren Erlebnissen in Bad Tölz.

So ist es kein Wunder, dass Albrecht und van Hüllen immer wieder Anfragen von Spitzenorganisten erhalten, die gerne bei den Tölzer Orgelfesttagen auftreten möchten. Selbst aus den USA kam schon eine Meldung, und van Hüllen spielt mit dem Gedanken, den Radius über Europa hinaus auszudehnen.

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"Förderung der Orgelkunst" hat sich der Verein auf die Fahnen geschrieben, und um dieses Ziel zu erreichen, gibt es außer den Konzerten auch Orgelreisen, Orgelführungen für Schulklassen und vieles andere mehr. Alles in allem stellen die Tölzer Orgelfesttage eine enorme kulturelle Bereicherung dar, wie sie in der Region ihresgleichen sucht.

© SZ vom 26.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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