Bad Tölz:Zurück in den Beruf

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Etwa hundert Frauen haben Claudia Harasser im ersten Jahr der Servicestelle "Frau und Beruf" aufgesucht. (Foto: Manfred Neubauer)

Die Servicestelle berät und coacht Frauen, die nach der Familienzeit wieder eine Stelle suchen

Von Klaus Schieder, Bad Tölz

Eine Frau absolviert ein Studium oder eine andere Ausbildung, arbeitet einige Jahre, bekommt Kinder, widmet sich ganz der Familie und will wieder zurück in den Beruf, wenn der Nachwuchs in den Kindergarten oder die Schule geht: Das ist der klassische Fall, mit dem die Servicestelle "Frau und Beruf" auf der Tölzer Flinthöhe zu tun hat. Vor gut einem Jahr wurde sie von der gleichnamigen "Frau und Beruf GmbH" aus München zusammen mit dem Katholischen Kreisbildungswerk eingerichtet. Mit Erfolg: Etwa hundert Teilnehmerinnen suchten seither die Hilfe von Claudia Harrasser, die deshalb nun personelle Verstärkung bekommen hat. Seit vier Wochen arbeitet Claudia Lechner auf einer Teilzeitstelle mit.

Im Schnitt sind die Frauen, die in die Servicestelle kommen, um die 40 und seit etwa sechs Jahren raus aus dem Beruf. Sie wollten wieder etwas Anderes machen als Haushalt und Kinder und sich weiterentwickeln, "das ist das Erste", sagte Harrasser am Donnerstag in einem Pressegespräch. In dem Büro im Eck zwischen Polizei und Arbeitsagentur auf der Flinthöhe bekommen sie Coaching und Beratung, außerdem können sie an einer Reihe von Workshops teilnehmen. Zum Beispiel zum Thema Bewerbung. Viele Frauen seien sich unsicher, wie man sich online bewirbt und worauf es inzwischen in solchen Schreiben an einen Arbeitgeber ankommt, sagt Lechner. Geübt werde auch, wie man sich in einem Vorstellungsgespräch gibt. In einem anderen Kurs wird erst einmal die Kompetenz der Teilnehmerin erfasst. "Wir versuchen auch, sie in der Persönlichkeitsentwicklung zu unterstützen", sagt Harrasser. Auf dem Programm stehen überdies Netzwerktreffen mit Vertretern von Firmen. Dabei kämen die Frauen "in die Denke von Unternehmen rein", so Harasser. Dies wolle man in Zukunft noch ausbauen. Alle Angebote sind kostenlos und unverbindlich.

Der Arbeitsmarkt ist günstig, auch für Frauen, die in den Beruf zurückkehren möchten. Viele von ihnen seien gut ausgebildet, sagt Harasser. Dennoch ist es nicht die Regel, dass der Einstieg sofort zustande kommt. Das Ganze ist ein Prozess, der Zeit braucht, zur Orientierung, mitunter auch zur Qualifizierung. Für Nicole Habig von der Arbeitsagentur, zuständig für Berufsrückkehrerinnen, spielt eine wesentliche Rolle, "wie eng die Mütter aufgestellt sind, ob ich noch Möglichkeiten habe, einen passenden Arbeitgeber zu finden". Wenn eine Kundin sage, sie habe der Kinder wegen bloß zwischen 8 und 10 oder zwischen 18 und 20 Uhr Zeit, werde es schwierig. Umso hilfreicher ist es für Habig, dass sich die Frauen bei der Servicestelle eine andere Beratung holen können, "als bei uns unter festen Rahmenbedingungen". Harrasser verweist darauf, dass die Möglichkeiten der Kinderbetreuung im Landkreis zwar noch nicht perfekt, aber weitaus besser seien als noch vor ein paar Jahren.

Die Servicestelle berät und vermittelt, berufliche Qualifizierung bietet sie jedoch nicht an. Finanziert wird das Projekt vom Freistaat und der EU, mindestens noch bis 2018. Die Zielmarke sei, dass rund 60 Prozent der Teilnehmerinnen wieder in den Beruf finden, sagt Harrasser. "Und das schaffen wir auch." Nicht zuletzt deshalb, weil sie und Lechner selbst Mütter sind und die Situation der Frauen aus eigenem Erleben kennen. Das gilt auch für Ursula Menke, Organisatorin und Programmgestalterin beim Katholischen Kreisbildungswerk. "Vor 13 Jahren war ich selber an so einem Punkt, wo ich sehen musste, was ich mache", sagt sie. Die Servicestelle habe ein tolles Angebot, "das hätte ich damals angenommen". Das Kreisbildungswerk unterstützt "Frau und Beruf" mit Kontakten, bei Veranstaltungen und vor allem mit Öffentlichkeitsarbeit.

Claudia Lechner arbeitete früher in der Personalabteilung einer Münchner Privatbank, danach war die 46-Jährige freiberuflich als Coach und Trainerin tätig. Als solche hatte sie sich auch bei der Servicestelle gemeldet. "Aber schwupps, hatte ich eine Stelle", sagt sie.

Servicestelle Frau und Beruf, Prof-Max-Lange-Platz 8 in Bad Tölz, Telefon 08041/796 15-95, E-Mail: claudia.harrasser@frau-und-beruf.net

© SZ vom 14.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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