Bad Tölz:Zugänglich und warm

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Das Tölzer Rathaus wird generalsaniert und umgebaut. Dadurch wird es weitgehend behindertengerecht - und beim Energieverbrauch gibt es deutliche Verbesserungen

Von Klaus Schieder, Bad Tölz

Wenn Bürgermeister Josef Janker (CSU) montags zur Arbeit kommt, herrschen in seinem Eckzimmer im Rathaus winters manchmal hochsommerliche Temperaturen, weil sich die Heizung übers Wochenende eingeschaltet hat. 28 Grad hat er schon gemessen. "Eine brütende Hitze", sagt er. "Was machst' da? Du machst das Fenster auf." An anderen Tagen wiederum ist der Raum eiskalt. So ist das in einem Rathaus, das energetisch bestenfalls auf dem Stand von Vorgestern ist. Nach ausufernden Debatten über Konzepte und Kosten eines Umbaus verständigte sich der Stadt vor zwei Jahren auf eine Generalsanierung. Die ist jetzt so weit gediehen, dass in gut zwei Wochen das Richtfest gefeiert werden kann.

Von außen sah man auf der Baustelle monatelang kaum Fortschritte. Den Neubau, der aus den Fünfzigerjahren stammt, umgab ein Gerüst, das war's auch schon. Aber der Eindruck täuscht. Der neue Sitzungssaal, für den der Westflügel um eine Etage aufgestockt wird, ist fertiggestellt. Dort werden künftig nicht bloß die Stadträte tagen, der rund 200 Quadratmeter große Saal soll auch für Empfänge und andere Veranstaltungen zur Verfügung stehen. An der Westseite des Neubaus ist inzwischen der gläserne Turm für den Aufzug angedockt. Im Moment wird das Dach auf den neueren Teil des Rathauses gesetzt, dann ist der Rohbau fertig. 2016 ist die Inneninstallationen an der Reihe, von Elektroarbeiten bis zu neuen Sanitäranlagen, so Stadtbaumeister Hannes Strunz.

Es geht voran: Die Generalsanierung des Tölzer Rathauses ist so weit gediehen, dass am 4. November das Richtfest gefeiert werden kann. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Ein wichtiger Grund für die Generalsanierung war der energetische Anachronismus des Tölzer Rathauses: Fenster, die nicht richtig schließen, ein Haupteingang ohne Windfang, keinerlei Wärmedämmung und ein alter Heizkessel, der "bloß noch brummt", wie Janker sagt. Die neue Heizung ist eine Besonderheit: Die Stadträte entschieden sich für einen Eisspeicher mit Wärmepumpe.

Der ist etwa 200 Kubikmeter groß und liegt unter dem Parkplatz des Rathauses. Das Trinkwasser in dem Speicher wird im Sommer mit Solarenergie erwärmt und kann durch die Erdwärme ringsum ohne großen Aufwand gespeichert werden. Die Wärmepumpe entzieht dem Wasser im Herbst die Wärme und speist sie in das Heizsystem ein, das darauf basiert, dass beim Übergang von Wasser zu Eis jede Menge Kristallisationswärme frei wird. Laut Bürgermeister Janker verbraucht die Stadt dann nur noch halb so viel Energie wie bisher. Auf dem Dach des Rathaus-Neubaus wird darüber hinaus eine Fotovoltaikanlage installiert.

Rollstuhlfahrer und Gehbehinderte sollen nach dem Umbau im Sitz der Stadtverwaltung besser zurecht kommen. Weil es keinen Lift gab, brauchte etwa ein Rollstuhlfahrer, der eine Sitzung des Stadtrats verfolgen wollte, mindestens zwei Helfer, die ihn über die Treppen hievten. Im mittleren Trakt, in dem das neue Bürgerbüro angesiedelt ist, gibt es künftig einen Aufzug. Der Einbau war nicht einfach, weil die Geschosse des Alt- und des Neubaus unterschiedlich hoch sind, zudem musste der Lift auf acht Bohrpfähle gesetzt werden, damit er die Nutzlast tragen kann.

Mit dem Umbau werden Neubau, Mitteltrakt und Altbau energetisch auf einen modernen Stand gebracht und barrierefrei. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Während des Umbaus bleiben das Bauamt, das Standesamt, das Einwohnermeldeamt, die Poststelle, die Friedhofsverwaltung und das Bürgermeisterbüro im Altbau am Schlossplatz. Alle anderen Abteilungen wurden in die Jahnschule ausgelagert. Von Bürgern seien ihm keine Klagen zu Ohren gekommen, sagt Strunz. Allerdings sei immer wieder mal jemand gekommen, der vom Umbau nichts wusste, "dem haben wir halt den Weg gezeigt". Bei den Rathaus-Bediensteten, die umziehen mussten, gab es nur anfangs ein paar Bedenken, wie Janker erzählt. Sie fragten sich vor allem, wo sie an der Schule parken sollten. Aber nachdem ein Teil des Pausenhofs für Stellplätze abgetrennt worden war, habe sich "alles in Wohlgefallen aufgelöst". So ein Auszug habe auch Vorteile, sagt der Bürgermeister halb im Scherz: "Du räumst auf, schmeißt die Hälfte weg und bist plötzlich eine Last los." Außerdem sei die Jahnschule geräumig, gut gedämmt und barrierefrei, "das ist schon ein gutes Arbeiten". So ganz ohne Einschränkungen bleiben die Umbauarbeiten auch für die Verbliebenen im Rathaus nicht. Weil die Sanitäranlagen gesperrt sind, müssen sie die Toilette in der Musikschule gegenüber nutzen.

Der mittlere Trakt und der Neubau sollen bis Ende 2016 bezugsfertig sein. Dann ziehen die Mitarbeiter im Altbau dorthin um. Wenn die Sanierung des Altbaus abgeschlossen ist, kehren sie zurück und ihre Kollegen kommen von der Jahnschule in den Neubau. Im alten Trakt sollen die Bürger dann auch kleine Aufenthaltsbereiche vor den Ämtern vorfinden. Bisher sitzen sie dort auf Bänken im Gang. "Wie Hennen auf der Stange", sagt Janker. Die Kosten für die Generalsanierung liegen nach derzeitigem Stand bei acht Millionen Euro, veranschlagt sind 8,5 Millionen. Wegen der Kosten muss es Janker also nicht heiß werden.

© SZ vom 17.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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