Bad Tölz-Wolfratshausen:Flößer-Doku: Filmemacher ringen um Finanzierung

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Gabriele Rüth und Walter Steffen hoffen auf weitere Zuschüsse für das Projekt "Fahr ma obi am Wasser". Einige Gemeinden hatten eine Förderung wegen lückenhafter Informationen zunächst abgelehnt.

Von Thekla Krausseneck, Bad Tölz-Wolfratshausen

Wenn Wolfratshausen im Jahr 2017 die Deutschen Flößertage ausrichtet, soll Walter Steffens neuer Streifen über die Leinwand laufen: "Fahr ma obi am Wasser", ein dokumentarisches Portrait der alten Flößertradition. Entstehen soll dieser Film laut Zeitplan im kommenden Juni, 23 Tage sind für die Dreharbeiten vorgesehen, 50 Tage für die Postproduktion. Das Drehbuch ist fertig und die Mitarbeiter stehen in den Startlöchern - alles, was fehlt, ist das Geld.

Wolfratshausen unterstützt den Film mit 10 000 Euro

Einige Kommunen, die Steffen um eine Finanzierungsspritze gebeten hat, haben abgesagt, bei den anderen steht die Antwort aus - und der Zuschuss derjenigen, die zugesagt haben, ist für die Realisierung des Projekts noch nicht ausreichend. Steffen bleibt hartnäckig, unterstützt von der Vorsitzenden des Vereins Flößerstraße, Gabriele Rüth. Denn so, wie es sich im Fall der Gemeinde Eurasburg herausgestellt hat, könnten einige der Absagen auf ein Missverständnis zurückzuführen sein.

Was aus Steffens Anfrage nicht hervorging, ist, dass hinter dem Projekt der Flößerstraße-Verein steht. Dessen Vorsitzende Rüth hatte die Idee zu dem Film bereits vor einigen Jahren. Es gelang ihr, Walter Steffen in einem persönlichen Gespräch davon zu überzeugen - so sehr, dass dieser geradewegs zur professionellen Umsetzung schritt. Im Handumdrehen hatte er zahlreiche Städte und Gemeinden angeschrieben und um einen Zuschuss von jeweils 2000 Euro gebeten. Nur bei der Stadt Wolfratshausen fragte er wegen der bevorstehenden Deutschen Flößertage einen höheren Betrag an, 10 000 Euro, die er vom Stadtrat auch bewilligt bekam. Etliche andere Gemeinden, wie Lenggries, Icking und Eurasburg, waren weniger angetan von der Anfrage. Zumindest vorerst.

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Der regional verwurzelte Verein wurde für ein privates Unternehmen gehalten

Der Gemeinderat von Eurasburg änderte seine Meinung in einer Sitzung Ende Februar, als das Gremium erfuhr, was Steffen in seinem Schreiben zu erwähnen vergessen hatte. So wurde aus der vermeintlichen Risikofinanzierung eines privatwirtschaftlichen Unternehmens - denn dafür hatte der Gemeinderat Eurasburg Steffens Anfrage gehalten - die Unterstützung für den regional verwurzelten Verein Flößerstraße. Genauso wenig war den Gemeinderäten bewusst gewesen, dass Steffen seine eigenen Einnahmen zurückstellt, bis klar ist, wie viel Umsatz der Film einspielen wird - knapp 50 000 Euro sind es, auf die Steffen einstweilen verzichtet. Insgesamt wird der Film rund 110 000 Euro kosten. Rüth selbst klärte das Missverständnis in Eurasburg auf und brachte so die Mehrheit des Gemeinderats auf ihre Seite. Auch bei anderen Kommunen, die bereits abgesagt haben, wollen Rüth und Steffen nun noch einmal anklopfen.

Beide sehen in dem Film ein Projekt mit großer Wirkung für die Region: "Fahr ma obi am Wasser" werde noch jahrzehntelang aktuell bleiben, könnte in regionalen Tourist-Informationen und Heimatmuseen verkauft werden und wäre vielleicht sogar in entlegeneren Städten wie Hamburg zu vertreiben, was einen enormen Werbeeffekt für die Region hätte, sagt Steffen.

Neben Wolfratshausen hat auch Geretsried die Vorteile des Projekts erkannt und der Förderung in Höhe von 2000 Euro zugestimmt, ebenso wie die Landkreise Bad Tölz-Wolfratshausen und Garmisch-Partenkirchen sowie die Gemeinden Baierbrunn und Straßlach. Außerdem konnte sich das Team Zusagen der Sparkassenstiftung Bad Tölz, der Raiffeisenbank Beuerberg, der Unternehmervereinigung Wirtschaftsraum Wolfratshausen (UWW) und der Metropolregion München sichern.

Mit "Happy Welcome" und "Endtation Sehnsucht" gelangen Steffen Erfolge

Es vergeht kaum ein Jahr, in dem Walter Steffen, Träger des Tassilopreises der SZ, nicht an mindestens einem Spiel- oder Dokumentarfilm arbeitet. Sein jüngster Erfolg ist der Dokumentarstreifen "Happy Welcome", für den er die "Clowns ohne Grenzen" bei ihren Besuchen in acht Erstaufnahme-Einrichtungen für Flüchtlinge begleitet hat. Nach einer Rekorddrehzeit von nur zwei Monaten feierte der Film am 14. November Kinopremiere im Rio-Filmpalast in München, seither ist er deutschlandweit in den Kinos zu sehen. Die Uraufführung hatte im Sommer zuvor auf dem Fünfseen-Festival in Starnberg stattgefunden.

Gabriele Rüth ist Vorsitzende des 2009 gegründeten gemeinnützigen Vereins Flößerstraße, der die Geschichte der Flößerei in Bayern erforscht. (Foto: Pöstges)

Bekannt geworden war der Filmemacher im Jahr 2011 mit seiner Dokumentation "Endstation Seeshaupt", einem Film, der eindringlich die Geschichte des Todeszugs erzählt, der im April 1945 mit KZ-Häftlingen vom Dachau-Außenlager Mühldorf losfuhr. Steffen dokumentiert die Irrfahrt durch Bayern, indem er filmisch der früheren Bahnstrecke folgt und Beiträge von Zeitzeugen und Überlebenden einstreut.

Der Film folgt einem Floß über Isar und Loisach und lässt Flößer erzählen

Ganz ähnlich wird der historische Dokumentarfilm "Fahr ma obi am Wasser" funktionieren: Darin folgt der Zuschauer einem Floß auf seiner Fahrt über Isar und Loisach. Unterwegs wird an markanten Punkten und Orten Halt gemacht, an denen Menschen historische und aktuelle Geschichten über die Flößerei erzählen: Nachfahren von Flößern und heutige Flößer, aber auch Historiker, Museumsleiter, Bauern, Handwerker, Anwohner und Schauspieler aus der Region, die literarische Fundstücke am "Ort des Geschehens" vortragen, darunter etwa Ludwig Thomas Erzählung über die "Seeschlacht auf der Isar". Zu den Mitwirkenden gehören, so viel verrät Steffens Exposé, auch die Schauspieler Christian Tramitz und Thomas Darchinger. Die Musik zum Film komponiert der in Geretsried lebende Musiker Titus Vollmer.

Das Floß, das im Film Loisach und Isar hinabfährt, gibt es derzeit noch nicht, es soll erst noch gebaut werden: mit traditionellen Werkzeugen und in historischer Kleidung im Rahmen eines sogenannten Reenactments, der authentischen Nachstellung geschichtlicher Ereignisse. Der Bau und die Fahrt des Floßes werden in Schwarz-Weiß gedreht, wodurch der Eindruck entstehen soll, es handle sich um ein historisches Filmdokument.

Steffen hatte mehr als 20 Gemeinden angeschrieben, gut 80 Prozent aller Antworten seien jedoch negativ ausgefallen, sagt der Filmemacher. Icking sagte ab, weil es nur Künstler aus der eigenen Gemeinde fördern wolle, sagt Rüth. Offen sind bislang die Antworten aus Bad Tölz, Penzberg und Grünwald sowie die des Landkreises München.

Eine Reaktion der Alpenwelt Karwendel, zuständig für Krün, Mittenwald und Wallgau, erwarten Rüth und Steffen in nächster Zeit. Die Gemeinde Schäftlarn behandelt das Thema in ihrer Ratssitzung am Mittwoch, 16. März. Die Zeit wird allmählich knapp: Falls der Plan eingehalten werden soll, muss die Finanzierungsfrage bis Ende des Monats geklärt sein. Einen Plan B, sagt Rüth, gebe es nicht.

© SZ vom 08.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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