Bad Tölz:Was vom Alpamare übrig blieb

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Michael Fackelmann hat die Tage vor und nach der Schließung des Spaßbads auf Fotos und auf einer Film-CD festgehalten. Seine teils dokumentarischen, teil expressiven Aufnahmen stellt er jetzt im Tölzer Kunstsalon aus.

Von Klaus Schieder, Bad Tölz

Das Wasser im Indoor-Becken ist abgelassen. Auf den Kacheln des wellenförmigen Bodens liegen ein paar Surfbretter wie Strandgut herum. Sie blieben übrig, nachdem das "Alpamare" am 31. August vergangenen Jahres geschlossen wurde. Ein anderes Bild zeigt das leere Becken des Hallenbads, auf dem ein Alpabob-Reifen gelandet ist, der eigentlich zu den Rutschen gehört. Michael Fackelmann hat diese Aufnahmen gemacht. Der Fotograf und Filmemacher durfte mit Erlaubnis von Jod AG-Chef Anton Hoefter noch in das Spaßbad hinein, als es schon Geschichte war. "Servus Alpamare" lautet der Titel seiner Fotoausstellung, die an diesem Samstag, 19 Uhr, im Tölzer Kunstsalon in der Marktstraße eröffnet wird. Die Schau sei eine Hommage an das Spaßbad, "eine Würdigung des Orts, der vielen Menschen über 45 Jahre hinweg Lebensfreude gespendet hat", sagt Fackelmann.

Das Alpamare kannte der in Hamburg aufgewachsene und in München lebende Fotograf schon lange, ehe er vor zwei Jahren eine Ferienwohnung in Bad Tölz nahm. Die Stadt und das Spaßbad, das sei wie Hamburg und die Reeperbahn, sagt der 75-Jährige: "Bad Tölz ist das Alpamare, das Alpamare ist Bad Tölz." Zunächst kam er wie jeder andere als Gast zum Schwimmen. Als dann die Schließung im Schwange war und die Verhandlungen der Stadt mit der Jod AG über den Einbau eines Wellnessbades platzten, griff er zur Kamera, um die letzten Tage des Bades festzuhalten. "Ich wollte dem Alpamare ein fotografisches Denkmal setzen", sagt er.

Mit seinen Bildern will er dem ehemaligen Spaßbad "ein fotografisches Denkmal" setzen. (Foto: Michael Fackelmann)

Oft war er schon morgens da, ehe die ersten Gäste erschienen, oder noch spätabends, als alle gegangen waren. Wie ein melancholischer Abgesang wirken diese Aufnahmen in meist blauen und grünen Tönen, die zum Beispiel ein fast menschenleeres Außenbecken zeigen, dahinter den Lichtschein im Wellenbad, in dem auch niemand mehr ist. Aber nicht alle Bilder verströmen diese Einsamkeit wie auf Gemälden von Edward Hopper.

Auf anderen sind die Szenen so quicklebendig eingefangen, dass man die Badegeräusche zu hören meint. Da ging Fackelmann ganz nahe heran mit seinen beiden Leikas: an Jungen, die auf Surfbrettern knien, an einen Badenden, von dem nur die grünen Taucherflossen über die Wasseroberfläche ragen, an die springenden Wassertropfen im Sprudelbecken. Der 75-Jährige begab sich selbst mit seiner Kamera auf Tauchstation, um Unterwasseraufnahmen zu bekommen. Auf einer von ihnen geht ein Junge durchs Wasser, umgeben von Wassertröpfchen und beleuchtet von einem mondförmigen Scheinwerfer. Fackelmann lichtete nicht einfach Badegäste ab, sondern setzte Statisten ein: "Ich habe Kinder von Freunden gefragt."

Für die Ausstellung mit etwa 30 Fotografien kam es Fackelmann vor allem darauf an, das Alpamare als "organisches, belebtes Wesen" zu zeigen, "nicht als toten Beton". Einige seiner Bilder haben eher dokumentarischen Charakter, andere sind subjektiv-expressiv. Das Besondere an dem Spaßbad ist für ihn, dass es "einen aus der Zeit gefallenen Charme" an sich habe. Der ist auf einem Bild mit dem nächtlich leeren Kassenhäuschen zu spüren. Dabei hatte ihn das Entrée zum Spaßbad zunächst nicht gerade begeistert, als er zum Schwimmen kommen wollte. "Am Anfang wollte ich gar nicht reingehen, weil mir der Eingang so altmodisch erschien."

In den Monaten vor und nach der Schließung war Fotograf Michael Fackelmann (re.) mit seinen Kameras im Alpamare unterwegs. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Fackelmann studierte an der Kunsthochschule Hamburg und der Fotoschule München. Er arbeitete zunächst für zahlreiche Tageszeitungen, unter anderem für die Süddeutsche Zeitung, Die Welt, die FAZ und Die Zeit. Danach produzierte er Kurzfilme fürs Kino und drehte kurze Spielfilme wie für die ZDF-Kinderserie "Die Rappelkiste", wofür er mit dem Grimme-Preis ausgezeichnet wurde. Außerdem schrieb er Drehbücher, unter anderem für "Das feuerrote Spielmobil" im Bayerischen Fernsehen. Zudem brachte er Fotobücher über Hamburg und München heraus. Die Ausstellung in Tölz wurde noch von Patricia Zewe arrangiert. Die Gründerin des Kunstsalons legte im April ihr Amt als Vorsitzende des Kunstvereins Tölzer Land nieder, dem Fackelmann angehört. Ein Foto zeigt auch sie im Alpamare. Im langen Kleid steht Zewe an der Treppe des Mineralwasserbeckens und lächelt leicht in die Kamera.

Die Schau im Kunstsalon umfasst nicht bloß die 30 Fotos: In einem kleinen Raum steht eine Leinwand, auf dem während der Schau ein 32-minütiger Fotofilm von Fackelmann über das Spaßbad läuft, ebenfalls unter dem Titel "Servus Alpamare". Zusammen mit Klaus Wagenhäuser hat er die CD gestaltet, auf der sie rund 150 Fotografien arrangiert haben, in Überblendtechnik und geschwenkt, außerdem einige Videos. Dazu sind Zwischentitel zu sehen, Musik und Badegeräusche zu hören. Der Film soll zehn Euro kosten und über Tölzer Buchhandlungen oder als kostenpflichtiger Download im Internet zu bekommen sein.

Trostloses Pflaster: Das leere Wellenbecken. (Foto: Michael Fackelmann)

Auf einen Kommentar zum Streit zwischen Stadt und Jod AG über das Alpamare verzichtet der 75-Jährige, auf seinen Fotos ebenso wie in seinen Äußerungen. Die Aussagen beider Seiten seien ja widersprüchlich, sagt er. Ohnehin sieht er das nicht als seine Aufgabe als Fotokünstler. Was das Schwimmen angeht, hat er schon einen Ersatz im Blick. Das Alpenwarmbad in Benediktbeuern, sagt er, sei doch auch "sehr schön". Eine Fotoserie plant er dort allerdings nicht.

Die Ausstellung ist bis einschließlich Sonntag, 19. Juni, im Tölzer Kunstsalon, Marktstraße 6, zu sehen. Geöffnet ist Freitag bis Sonntag, jeweils von 14 bis 18 Uhr.

© SZ vom 04.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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