Bad Tölz:Tölz kehrt zum Sozialwohnungsbau zurück

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Katastrophal sei die Lage in Bad Tölz nicht, sagt Bürgermeister Josef Janker. "Noch nicht." (Foto: Manfred Neubauer)

Die Stadt hat nach Ansicht ihres Bürgermeisters Josef Janker vor mehr als zehn Jahren "eine Dummheit sondergleichen" begangen. Die Preise auf dem Markt sind für Normalverdiener unerschwinglich

Von Klaus Schieder, Bad Tölz

Bad Tölz ist für Mieter ein teures Pflaster. Der Quadratmeterpreis bewegt sich im Schnitt um zehn Euro, kann aber auch schon mal bis auf knapp 14 Euro klettern - ohne Nebenkosten. Das können sich Gutverdiener und betuchte Senioren leisten, die vermehrt in die Kurstadt ziehen, alle anderen haben es schwer, bezahlbare Wohnungen zu finden. Das liegt auch daran, dass die Stadt vor mehr als zehn Jahren aus dem sozialen Wohnungsbau ausstieg. "Eine Dummheit sondergleichen", findet Bürgermeister Josef Janker (CSU). Das soll sich nun wieder ändern: In der jüngsten Klausur kam der Stadtrat überein, günstige Quartiere zu schaffen.

In Tölz gibt es mehr als 300 städtische Wohnungen, für die sechs bis sieben Euro Miete pro Quadratmeter fällig sind. Die Wartelisten sind Janker zufolge lange. Dies bestätigt der kommunale Sozialplaner Armin Ebersberger. Für Zwei- bis Drei-Zimmer-Domizile verzeichne man bis zu 60 Antragsteller, sagt er: "Das ist eine ganze Menge." Unter ihnen befinden sich nicht bloß arme Rentner, Alleinerziehende und Leute mit kleinem Einkommen, sondern auch Normalverdiener quer durch die Berufsgruppen. Eine Familie benötigt Ebersberger zufolge ein 40 bis 50 Prozent höheres Einkommen, um in Tölz angemessen wohnen zu können. "Das liegt an den enormen Preisen am Wohnungsmarkt." Wenn die Stadt nun in den sozialen Wohnungsbau zurückkehrt, schwenkt sie nach Ansicht des kommunalen Sozialplaners auf den richtigen Weg ein. Das werde zwar "nicht sofort das große Feuer löschen, aber die Leitungen werden gelegt", meint er.

Von einer katastrophalen Lage auf dem Mietmarkt mag der Tölzer Bürgermeister zwar nicht sprechen, fügt aber gleich hinzu: "Noch nicht." Tue man jetzt nichts, "dann haben wir in zwei Jahren eine solche Not", prophezeit Janker. Im Blick hat er dabei nicht alleine Einheimische, sondern auch anerkannte Asylbewerber, die aus den Sammelunterkünften ausziehen und sich draußen eine Bleibe suchen müssen. Das gelingt oftmals nicht, schon jetzt hat der Landkreis etwa 70 sogenannte Fehlbeleger in seinen Quartieren für Flüchtlinge. Die Stadt hat laut Janker bislang sechs Familien in städtischen Wohnungen untergebracht. Aber es gebe "einen Engpass", sagt er und verweist darauf, dass die Zahl der Asylsuchenden noch zunehmen wird. Ebersberger führt einen weiteren Aspekt an, der die Situation nicht eben entschärft: In manch großen und vergleichsweise preiswerten Wohnungen, die früher Großfamilien beherbergten, blieben Eltern nach dem Auszug der Kinder alleine zurück, könnten sich aber kein kleineres Domizil suchen. Denn das käme sie teurer als ihr gewohntes Heim.

Drei Grundstücke werden derzeit für sozialen Wohnungsbau geprüft: die 800 Quadratmeter große Wiese an der Ecke Bahnhofstraße/Eisenbergerstraße, ein etwa ebenso großes Areal an der Kohlstattstraße sowie das alte Schulhaus in Ellbach mit circa 1400 Quadratmetern. Gebaut werden soll dort im nächsten Jahr. Die Stadt sucht bei diesen Projekten die Zusammenarbeit mit der Isarwinkler und der Lenggrieser Baugenossenschaft, erste Gespräche finden Janker zufolge in der Woche nach Pfingsten statt. Sollte es keine Einigung geben, will die Stadt die neuen Häuser in Eigenregie planen und finanzieren. Staatliche Fördermittel fließen dafür nicht. Wie der Bürgermeister mitteilt, sollen die Vorhaben über ein Darlehen finanziert werden, "das sich dann rechnen muss".

Für Stadtrat Willi Streicher (SPD) ist die Rückkehr der Stadt zum sozialen Wohnungsbau unabdingbar. "Wer soll es sonst machen?" Die Baugenossenschaften im Landkreis leisteten gute Arbeit, seien aber auf günstige Grundstücke angewiesen, sagt er. Für ihn kommt es nicht bloß darauf an, Geringverdienern oder Flüchtlingen zu helfen. Genauso wichtig sei es, Einheimischen mit normalem Einkommen bezahlbaren Wohnraum zu verschaffen. Dass Bad Tölz den Bau von Sozialwohnungen überhaupt dermaßen vernachlässigte, hat für Streicher drei Gründe. Erstens seien keine Fördermittel mehr geflossen, zweitens habe die Stadt in den 1990-er Jahren die Wohnungen am Lettenholz von der US-Armee übernommen und damit einen großen Bestand gehabt. Drittens seien damals Einheimischenmodelle im Stadtrat verpönt gewesen. Janker vermutet noch ein viertes Motiv: "Vielleicht war der Ansatz, dass man mit Häusern im sozialen Wohnungsbau den Wohnungsspekulanten noch Geld in den Rachen schmeißt." Verstehen kann er das nicht. Baugenossenschaft seien schließlich keine Haie, sagt er. "Aber Politik musst du nicht immer verstehen."

© SZ vom 13.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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