Bad Tölz:Streit über Leonhardi-Exzess

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Das Jugendamt und die Polizei nehmen Minderjährige in Schutz: "Die älteren Betrunkenen waren nur weniger auffällig."

Frederik Obermaier

Dass bei der Tölzer Leonhardifahrt gesoffen wurde, bestreiten mittlerweile nur noch wenige. Das Jugendamt und die Tölzer Polizei wehren sich jetzt allerdings gegen den Eindruck, insbesondere Minderjährige seien an den Exzessen schuld. "Den Jugendlichen den Schwarzen Peter zuzuschieben, das ist etwas, was mich stört", sagt Claudia Koch vom Tölzer Jugendamt. Nach der offiziellen Leonhardi-Nachbesprechung hatte Bürgermeister Josef Janker jüngst erklärt, es hätten sich auf dem Weg zum Kalvarienberg "vornehmlich jüngere Menschen" betrunken (wir berichteten). Die Rede war auch von Minderjährigen, die auf den Festwagen Schnaps ausgeschenkt hätten.

Der Schnaps, der Rausch und Leonhardi: Nach teils heftiger Kritik an den Tölzer Gastwirten versuchte Bürgermeister Josef Janker, die Wirte zu besänftigen.  (Foto: Hartmut Pöstges)

"Die Jugendlichen waren natürlich auch beteiligt, aber dass Jugendliche gesoffen hätten ohne Ende, das stimmt nicht", sagt Koch. Vielmehr seien es junge Erwachsene gewesen - "das ist ein großer Unterschied". Denn junge Erwachsene, also Menschen über 18 Jahren, dürfen Hochprozentiges trinken. Jugendliche - Minderjährige über 14 Jahren - hingegen nicht.

"Junge Erwachsene", die sich prügelten oder randalierten, seien zwar der Grund für die meisten Einsätze am Leonhardi-Tag gewesen, sagt Johannes Kufner von der Polizei in Bad Tölz. Der Begriff "junge Erwachsene" sei jedoch sehr breit aufzufassen: "Es gibt 35-Jährige, die man da immer noch dazuzählen kann." Es sei keinesfalls so, dass sich nur junge Menschen betrunken hätten. "Den Schluss möchte ich nicht zulassen", sagt Kufner, "die älteren Betrunkenen waren nur weniger auffällig".

Am Rausch der Jüngeren seien die Älteren mit schuld, findet Barbara Oberhofer vom Alkoholpräventionsprojekt "HaLT" in Bad Tölz: "Man muss sich schon auch fragen, was für ein Vorbild Erwachsene abgeben, die bei Leonhardi betrunken durch die Stadt torkeln."

Der Schnaps und die Wallfahrt - das gehört für Leonhardi-Lader Ludwig Bauer zusammen: "Ich weiß keinen, der an Leonhardi nicht schon mal einen besseren Rausch gehabt hätte." Darin sieht Bauer auch kein größeres Problem. "Das hat es schon immer gegeben, dass man beim Feiern ein bisschen zu viel gefeiert hat." Als Hauptschuldige an den diesjährigen Leonhardi-Exzessen hatte Bürgermeister Josef Janker jüngst die Tölzer Gastwirte angeprangert.

Die Inhaber der Lokale waren entsetzt - zumal Janker acht Lokale namentlich als "Brennpunkte" genannt hatte. Ein eilig einberufenes Treffen Jankers mit den Tölzer Gastronomen am heutigen Freitag soll nun helfen, "Unklarheiten zu beseitigen und Lösungsansätze zu suchen", wie die Stadt mitteilte.

© SZ vom 26.11.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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