Bad Tölz:Sagt einer "Grüß Gott" in der Münchner U-Bahn

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Martin Frank überzeugt im Tölzer Gasthaus mit gekonntem Typenkabarett, Tom Oswalds Geschichten kreisen um die Frau

Von Petra Schneider, Bad Tölz

Kabarettpreise gibt es inzwischen ungefähr so viele wie Teesorten. Auch die Namen sind ähnlich blumig. "Kufsteiner Salzfassl" zum Beispiel. "Freistädter Frischling" oder "Salzburger Sprössling". Martin Frank hat sie alle gewonnen und noch ein paar mehr. Und das mit gutem Grund. Denn der junge Mann aus Niederbayern ist ein großes Nachwuchstalent, wie er am Mittwoch im nur spärlich besetzten Gasthaus beweist.

Sein zweites Soloprogramm "Alles ein bisschen anders! - vom Land in d'Stadt" ist eine runde Sache. Gekonntes Typenkabarett mit geschlossenem Rahmen, aufgelockert durch italienisch-bairische Arien und Lieder. Manchmal erinnert Frank an Hape Kerkeling, wenn er etwa beim Warm-up freundlich und mit glucksendem Lachen persönlich seine Gäste begrüßt. "Petra, Melanie, da kenn' ich ja fast scho den ganzen Saal", sagt er. Frank, der in der Nähe von Passau geboren ist, ist erst 23. Sein Lebenslauf klingt ähnlich abenteuerlich wie seine Kabarettpreise: Er ist auf einem Bauernhof aufgewachsen, hat eine Ausbildung zum Standesbeamten und Kirchenorganisten gemacht, gekündigt und das Abitur nachgeholt. Seit vielen Jahren nimmt er Gesangsunterricht und studiert an einer Münchner Schauspielschule mit Schwerpunkt Operngesang. "Aber des derf der Papa ned wissen", sagt er.

In seinem Programm beeindruckt er mit einer vollen Baritonstimme und Kostproben aus Rigoletto, Xerxes oder italienischen Gassenhauern wie "O sole mio". Sein Thema ist das Leben des Exilniederbayern in der Großstadt. Ein Leben, geprägt von Missverständnissen und mangelnder Integration. Ein "Grüß Gott" in der Münchner U-Bahn etwa trage nicht zur allgemeinen Stimmung bei. Im Gegenteil. "Wir wollen nicht, dass Sie uns Ihre Religion aufzwingen", habe ihn neulich ein Fräulein angeraunzt. Oder die Sache mit der Jutetasche mit Aufdruck, in der Stadt momentan das modische Muss. "Wenn ich groß bin, bin ich eine Louis Vuitton", stehe da zum Beispiel. Da kann ein Niederbayer freilich mithalten. Mit einer Jutetasche von der Oma. Aufdruck: "CSU Passau".

Kabarett der jungen Männer: Martin Frank (23) singt auch italienisch-bairische Arien. (Foto: Manfred Neubauer)

Viele komische Figuren, die der Schauspielschüler gekonnt parodiert, treten in diesem Culture-Clash-Programm auf: Die Business-Schnepfe, die das gesamte Abteil an ihrer "Tagesagenda" teilhaben lässt. Die tschechische Gesangslehrerin, natürlich die Oma, oder die Feriengäste Brigitte und Klaus aus Duisburg. "Mia san ein weltoffener und toleranter Bauernhof", sagt Frank. Aber wenn man halt so gar keine Ahnung von der Landwirtschaft habe? Wie die Brigitte zum Beispiel, die wegen einer toten Henne ganz verstört ist. "Wat machen Se jetzt mit dem Huhn? Schicken Nuggets oder beerdigen Se dat?"

Wenn Frank seine skurrilen Geschichten erzählt, wirkt das zurückgenommen und nie grell. Von den erfolglosen Frauenanmach-Versuchen zum Beispiel ("Ich bin Single, seit ich 18 bin. Und davor a scho.") Vom selbst gemachten Pausen-Pressack von der Oma oder dem Begräbnis für Hühner. Das sei eine Marktlücke in Niederbayern, wo Hühner normalerweise nicht versterben, sondern "varrecken". Der Brigitte zuliebe stehen nun der Pfarrer und der Gockel vor dem Misthaufen, der Gockel "psychisch gar ned guat beinand".

Der Tölzer Tom Oswald (22) bleibt locker. (Foto: Manfred Neubauer)

Den zweiten Teil des Abends bestreitet Tom Oswald, 22-jähriger Nachwuchscomedian aus Bad Tölz. Seit drei Jahren macht Oswald, der bei einem Radiosender arbeitet, Comedy, im Herbst will er mit seinem ersten abendfüllenden Soloprogramm starten. Seine Themen, die er locker und frech präsentiert, kreisen um die Lebenswirklichkeit junger Leute auf dem Land: Feiern und Kater ("Hast an Schädel auf, wie die Daniela Katzenberger nach einer Bruchrechnung"), Sauna, Gesundheitswahn und vor allem Frauen. Auch er erzählt eine witzige Episode über ein Erlebnis in der Münchner U-Bahn. "Aber Griaß God hab' i da ned gsagt. I bin ja ned bled", sagt er.

© SZ vom 13.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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