Bad Tölz:Rettung für Moralt

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Branchen-Investoren steigen bei insolventem Tischlerplatten-Hersteller ein - und sichern dadurch 120 von 150 Jobs.

Suse Bucher-Pinell

Der Spezialist für Tischlerplatten, die Firma Moralt, hat wieder eine Zukunft. Ein halbes Jahr nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens wurde das Tölzer Traditionsunternehmen in wesentlichen Teilen von der neuen Moralt AG übernommen. Sie wird mit 120 Mitarbeitern von einst knapp 150 am Standort Bad Tölz weitergeführt. Künftig werden sie am Unternehmen beteiligt sein und 20 Prozent der Aktien halten. Die restlichen 80 Prozent teilen sich die SWL GmbH aus dem niedersächsischen Langenberg, der britische Funktionstürenproduzent Halspan Ltd. mit Sitz in Edinburgh sowie Vorstand Klaus Feile, der als Geschäftsführer an der insolventen Vorgänger-Gesellschaft beteiligt war.

Ein Teil des Rettungspakets besteht darin, dass die Mitarbeitern an der neuen AG Anteile übernehmen. Sie sollen künftig 20 Prozent der Aktien halten und so am Erfolg und Misserfolg des Unternehmens beteiligt werden. (Foto: Manfred Neubauer)

Am Mittwoch erfuhr die Belegschaft auf einer Betriebsversammlung offiziell von den Veränderungen zum 1. Mai. Feile zeigte sich froh darüber, dass der Verhandlungsmarathon der vergangenen Wochen erfolgreich abgeschlossen wurde und die Verträge unterschrieben sind. "Endlich kann ich mich wieder auf das operative Geschäft konzentrieren", sagte er der SZ. Das dreht sich bei Moralt künftig hauptsächlich um Stäbchenplatten und Türen, die stärker auch international vertrieben werden sollen. Sämtliche Maschinen sowie das Know-how wurden aus der Insolvenzmasse übernommen, was für Feile eine wesentliche Voraussetzung für den Neustart bedeutet.

Moralt bleibt auch in Zukunft Spezialist für stabile Stäbchentischlerplatten und leichte Platten mit Vollholzkern aus Balsa. Deutlich erweitert werden soll der Bereich Türrohlinge sowie Anwendungssysteme für Funktionstüren im Außen- und Innenbereich. Dafür hatte sich Moralt in der Vergangenheit ein umfangreiches Know-how aufgebaut. SWL, bisher ebenfalls Hersteller von Stäbchenplatten, überträgt diese Tätigkeit ganz auf Moralt, was die Moralt AG in diesen Geschäftsfeldern laut Feile zum Marktführer werden lässt.

Im Gegenzug übernimmt SWL das komplette Stabplattengeschäft aus der Insolvenzmasse und stärkt damit wiederum seine eigene Position in diesem Bereich. Die Vermarktung läuft über eine neu gegründete gemeinsame Vertriebsgesellschaft, die Holzwerkstoffe Vertriebs-GmbH, in der Logistik und Warenwirtschaft in Bad Tölz und Langenberg verknüpft sind. Halspan hingegen wird mit der Moralt AG im internationalen Türengeschäft kooperieren.

Auch Insolvenzverwalterin Birgitt Breiter ist froh über die Rettung. Sie war von Anfang an zuversichtlich und bescheinigte dem im Jahr 1900 von Schreinermeister August Moralt gegründeten Unternehmen trotz der finanziellen Schieflage gute Zukunftsaussichten. Als sie im vorigen August ins Unternehmen kam, fand sie gut gefüllte Auftragsbücher und einen "Betrieb im Aufwind" vor.

Die Beschäftigten bekamen zunächst drei Monate Insolvenzausfallgeld, seit Eröffnung des Verfahrens im November zahlte das Unternehmen Lohn und Gehalt weiter. In Schwierigkeiten geraten war Moralt, einer der größten Arbeitgeber im Landkreis, nachdem die belgisch-niederländische Fortisbank ihre Kreditlinie von 1,5 Millionen Euro auf 600 000 Euro kürzte, Zulieferer ausgefallen waren und auch noch die Finanzkrise die Holzwirtschaft beutelte.

Rund 14 Millionen Euro Verbindlichkeiten bei einem Jahresumsatz von rund 32 Millionen Euro waren aufgelaufen, rund 400 Gläubiger hatten Forderungen. Wie hoch die Insolvenzquote sein wird, also der prozentuale Anteil, den sie aus der Insolvenzmasse erhalten werden, wird erst nach Ende des Verfahrens feststehen. Das kann noch Jahre dauern.

© SZ vom 03.05.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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