Bad Tölz:Raser bekommen Saures

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Die Polizei kennt das Problem mit den Rasern. (Foto: Claus Schunk)

Zusammen mit Kindern kontrolliert die Polizei die 30er-Zone vor Grundschulen in Bad Tölz und Wolfratshausen. Die Schüler belohnen die braven Fahrer mit Schokolade - und den zu schnellen brummen sie eine kleine Strafe auf

Von Alexandra Vecchiato, Bad Tölz

Das Lasermessgerät steht gut sichtbar an der Ecke Jahnstraße/Theodor-Körner-Straße. Aber das nutzt den Autofahrern nichts. Wenn Hauptkommissarin Bianka Luferseder damit die entgegenkommenden Fahrzeuge anvisiert, ist es zu spät fürs Bremsen. Tempo 30 ist vorgeschrieben. "Der fährt 45, schnell raus mit ihm", sagt sie zu ihrer Kollegin, Polizeihauptmeisterin Susanna Weber. Die schwingt ihre Kelle - und um die Ecke bricht Begeisterung aus.

Wer da so aufgeregt dem entgegenfiebert, was gleich passiert, ist die Klasse 3a der Grundschule an der Jahnstraße. Die 26 Schüler zwischen acht und neun Jahren dürfen in zwei Gruppen der Tölzer Polizei bei einer Geschwindigkeitskontrolle zur Hand gehen. Die Präventionsaktion im Rahmen der Schwerpunktwoche Geschwindigkeit des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd heißt "Schokolade und Zitrone" - denn brave Autofahrer bekommen Süßes und zu rasante Saures.

Vorab hatten Hauptkommissar Lars Weber und seine Kollegen den Grundschülern in der Klasse erklärt, worum es bei der Aktion geht. Zudem konnten die Kinder üben, wie sie mit den fremden Autofahrern sprechen sollen. Denn das gehört zu dieser Aktion: Die angehaltenen Verkehrsteilnehmer werden von jeweils zwei bis drei Kindern befragt, gelobt aber auch gerügt. Dazu hatten sich die Buben und Mädchen Spickzettel geschrieben. Darauf steht "Danke, dass Sie so langsam an unserer Schule vorbeigefahren sind?" oder "Wissen Sie, wie viele Kinder jährlich überfahren werden?", erzählen Maxi und Lara, beide neun, sowie Lena, acht. Autofahrer, die das Tempolimit einhalten, bekommen von den Kindern Schokolade, die anderen einen sauren Kaugummi - eine "echte Strafe", wie Weber versichert. Wobei die Tölzer Beamten an diesem Tag ausgesprochen tolerant sind. Im vergangenen Jahr habe es diese Aktion als Pilotprojekt in Rosenheim gegeben. Er hoffe, sie werde dauerhaft Bestandteil in der Jugendverkehrsarbeit, sagt der Hauptkommissar. Sie sei sehr geeignet, Kinder und Verkehrsteilnehmer gleichermaßen für das Thema Geschwindigkeit zu sensibilisieren.

Das denkt auch Klassenleiterin Elke Keil: "Ich glaube, die Aktion bringt nachhaltig etwas, schon allein deshalb, weil die Kinder ihren Eltern zu Hause auch davon erzählen werden." Er finde die Aktion toll, bekräftigt Helmut Pagel, den die Beamtinnen gerade herausgewinkt haben. Pagel gehört zu den vorbildlichen Autofahrern. Er selbst wohne im Badeteil mit Tempo-30-Beschränkung und könne ein Lied davon singen, dass viele sich nicht daran halten würden.

Ein Autofahrer nach dem anderen wird an die Seite gebeten. Die meisten haben sich Schokolade verdient. "Von fünf Verkehrsteilnehmern fährt vielleicht einer zu schnell", sagt Hauptkommissarin Lufers-eder. Wobei sich keiner exakt an 30 Stundenkilometer halte. "Wir lasern eh erst ab 39 km/h. "

Aufregend und toll findet Nehir die ganze Sache. "Es macht Spaß. Es ist ein bisschen so, als ob man selbst Polizist wäre", sagt die Neunjährige aus Bad Tölz. "So eine Aktion könnte es gerne mal öfters geben." Die neunjährige Melek, auch aus Bad Tölz, findet das Ganze lustig, aber auch peinlich. "Das ist schon komisch, plötzlich mit fremden Menschen zu reden. Aber wir haben das gut gemacht", lacht sie.

Bereits am Mittwoch fand die Aktion "Schokolade und Zitrone" in Wolfratshausen statt. Mit großem Erfolg, wie Hauptkommissar Lars Weber sagte. Gemeinsam mit Kindern der vierten Klasse der Grundschule Weidach gab es eine Geschwindigkeitskontrolle in der Weidacher Hauptstraße. Nur wenige Geschwindigkeitsüberschreitungen im unteren Verwarnungsbereich habe es gegeben. Das Verhalten der Fahrzeuglenker sei insgesamt vorbildlich gewesen, teilt die Wolfratshauser Polizei mit.

© SZ vom 15.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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