Bad Tölz:Muskeltier und Monster

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Mit einfachen Mitteln und großer Kreativität haben die Kinder Kostüme und Bühne gestaltet. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Drei Tölzer Schulen bringen mit ansteckender Spielfreude den starken Wanja auf die Bühne

Von Christa Gebhardt, Bad Tölz

Benito und Lucia finden das Theaterstück "Die Abenteuer des starken Wanja" so cool, dass sie es nach der ersten Aufführung im vorigen Sommer an der Lettenholzschule unbedingt noch mal sehen wollen. Der Siebenjährige und seine neunjährige Schwester sitzen am Sonntag in der ersten Reihe im Dachstuhlraum des evangelischen Gemeindehauses Bad Tölz und freuen sich auf ihren Helden Wanja, der schwierige Aufgaben bewältigen muss: den bösen Och, die grausame Hexe Baba Jaga und den gewaltigen steinernen Ritter Foma Drachensohn besiegen.

Benito ist von der Heldenrolle fasziniert. Denn aus dem faulen Wanja, der sieben Jahre auf dem Backofen liegt und Sonnenblumenkerne isst, wird der starke Wanja, der es mit dem ungeheuer Bösen aufnimmt, schließlich den Zarenthron erobert und die Zarentochter Wassilissa zur Frau bekommt. Benito verkleidet sich deshalb im Fasching auch als "Muskeltier", während seine Schwester Lucia mehr von der dunklen Seite des alten russischen Märchens angezogen ist und gerne in die Rolle der Monster schlüpfen würde.

Die Tölzer Sopranistin Stephanie Krug hat die Bühnenfassung des alten russischen Märchens in der Fassung von Otfried Preussler erstellt, Regie geführt, inszeniert und die Kinder für ihre Rollen mit wertvollen Tipps versorgt. Heraus kam dabei großer Theaterspaß. Die Figuren des Stücks entsprechen der fantasievollen Bilderwelt der Kinder. Die Spielfreude der 14 jungen Schauspieler ist in jeder Szene spürbar. Mit großer Leidenschaft spielen, musizieren und singen die Kinder der fünften Klassen des Gymnasiums, der Realschule und Mittelschule in diesem schulübergreifenden Theaterprojekt.

In 44 Rollen bringen sie die Atmosphäre der ärmlichen russischen Bauernwelt auf die Bühne. Enorm, wie sie alle ihre Texte beherrschen und wie kreativ sie mit einfachen Requisiten das Bühnenbild gestalten. Pelzmützen, Felljacken und schwere Stiefel für die Jungen, Mieder, Blumenkleider und Schürzen für die Mädchen stammen aus dem Fundus der Schauspielerfamilien. Wunderbar witzige Einfälle der Inszenierung reizen das Publikum zum Lachen: die schwarzen Gestalten, die für den grünen bösen Och (Alexander Gellert) den Wohnbaum bilden; der Einkaufswagen, auf dem die in schwarze Lumpen gekleidete, herrlich kreischende Hexe Baba Jaga (Agathe Koch) von maskierten Wesen über die Bühne gezogen wird; der einfache Hocker, auf dem Wanja und der Soldat Mischa (Vincent Schneider) vor den Flammen (Mia Kettner, Lea Ullrich, und Agathe Koch in rote Tücher gehüllt) fliehen. Jonathan Dechentreiter als Wanja bringt seinen umfangreichen Text so frisch und überzeugend, dass die Zuschauer ihm gespannt folgen, aber auch Mischa alias Vincent Schneider verbreitet mit seinen zackigen "Melde gehorsamst"-Sprüchen gute Stimmung.

Die Kinder haben eine tolle Leistung gebracht - die ist aber auch das Verdienst von Stephanie Krug. Sie hat die jungen Schauspieler nie überfordert und ihre Spontanität gefördert. Befragte Mütter und Väter berichten, die Kinder hätten begeistert mitgemacht, ganz locker ihre Texte gelernt und ihre Liebe zum Theater entdeckt. Den Applaus genießen die Schauspieler beim Verbeugen sichtlich und wirkten dabei auch erleichtert. Denn ein bisschen Lampenfieber hatten sie ja schon.

© SZ vom 21.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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