Bad Tölz:Mit Rat und Tat zur Stelle

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Reden und zuhören hilft, sagt Dorfhelferin Anni Stöckl. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Anni Stöckl unterrichtet und koordiniert Dorfhelferinnen

Von Petra Schneider, Bad Tölz

Eine Erfahrung der vergangenen 13 Jahren bewegt Anni Stöckl bis heute: Eine alleinerziehende Mutter wollte noch einmal Weihnachten mit ihrer vierjährigen Tochter verbringen. Die Frau war schwer krank und auf Hilfe angewiesen, Stöckl vermittelte eine Dorfhelferin. Alle Hilfe kam zu spät, die Frau erlebte das Weihnachtsfest nicht mehr. Für die junge Dorfhelferin sei das eine belastende Erfahrung gewesen.

Reden und zuhören hilft, auffangen und Rat geben - diese Arbeit leistet Stöckl seit 13 Jahren ehrenamtlich. Sie ist Einsatzleiterin der katholischen Dorfhelferinnen im Landkreis, betreut das inzwischen siebenköpfige Team und arbeitet mit dem Maschinenring zusammen, der vor sieben Jahren die Koordination der Dorfhelferinnen übernommen hat. Das Nothilfesystem, das in Trägerschaft von Bauernverband und Caritas liegt, ist aus der Katholischen Landvolkbewegung hervorgegangen, deren Vorsitzende Stöckl ist. Inzwischen übernehmen alle Krankenkassen die Leistungen, die Einsätze wurden ausgeweitet.

Familien müssen "weder katholisch noch bäuerlich sein", um eine Dorfhelferin zu bekommen, sagt Stöckl. Auch in Flüchtlingsheimen seien sie eingesetzt worden und immer öfter in Familien mit pflegebedürftigen Senioren. "Wir sind für alle offen", betont Stöckl, die auf einem Bauernhof in Münsing aufgewachsen ist.

Die 54-Jährige ist eine patente Frau, die gut zuhören kann. Die gelernte Floristin hat über das Telekolleg das Abitur nachgemacht und sich nach der Geburt der ersten Tochter ein "persönliches Ziel" verwirklicht: Sie studierte an der Hochschule in Benediktbeuern Soziale Arbeit und bekam noch zwei Kinder. Mit ihrem Mann bewirtschaftet sie einen Einödhof bei Kirchbichl mit 45 Kühen, den sie vor drei Jahren auf bio umgestellt haben, die beiden haben zwei Enkel.

Stöckl unterrichtet an der Dorfhelferinnenschule in Neuburg an der Donau Familienpsychologie und kandidiert auf der Kreistagsliste der Freien Wähler. Ihr Arbeitstag hat zwölf Stunden, für die Dorfhelferinnen ist sie auch abends und am Wochenende erreichbar. Sie empfindet diese Aufgabe als Bereicherung. "Das Einödleben wäre sonst sehr einsam", sagt sie und lacht. Und außerdem sei man im Ehrenamt freier. "Ich kann meine Meinung offener sagen, weil ich von niemandem bezahlt werde." Stöckl hat ihre Meinung gesagt und sich quer gestellt, als es um Pläne ging, die Dorfhelferinnenschule von Neuburg nach Mittelfranken zu verlegen - mit noch längerer Anfahrt für die Schülerinnen. "Die Madln gehen in andere Berufe, wenn man es ihnen so schwer macht", warnte Stöckl. Die Verlegungspläne wurden schließlich gekippt.

Dass sie nun mit der Isar-Loisach-Medaille geehrt wird, freut sie, sagt Stöckl. Vor allem, weil die wichtige Arbeit der Dorfhelferinnen dadurch mehr Aufmerksamkeit bekomme.

© SZ vom 11.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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