Bad Tölz:Kreisel, Brücke, Aufzug, Seilbahn

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Der Verkehrsplan ist bei einer Veranstaltung der Grünen noch einmal genau durchleuchtet worden. Manches darin hat gute Chancen, anderes erscheint illusorisch.

Von Klaus Schieder, Bad Tölz

Zwei Jahre ist es her, da saßen im Schnitt 20 bis 30 Bürger mit den Münchner Büros "Transver" und "Urbanes Wohnen" zusammen, um einen Verkehrsentwicklungsplan für Bad Tölz zu erarbeiten. Heraus kam ein 313 Seiten dickes Kompendium, das 53 Empfehlungen umfasst. Danach geschah lange nichts. Erst im Januar befasste sich der Stadtrat mit dem Werk, allerdings eher kursorisch. Das missfiel den Tölzer Grünen. Die Präsentation vor drei Monaten sei "nicht sehr differenziert" gewesen, kritisiert Stadtrat Franz Mayer-Schwendner. Deshalb organisierten die Grünen einen Informationsabend unter dem Motto "Fairkehr", zu dem am Donnerstag gut 20 Teilnehmer ins Hotel Kolberbräu kamen - viele von ihnen Bürger, die an dem Konzept mitgearbeitet hatten, und einige Stadträte. Ziel sei es, den Verkehrsplan noch einmal tiefer zu durchleuchten, sagte Mayer-Schwendner.

Kreisverkehre

Ein kleiner Kreisverkehr am Max-Höfler-Platz ist der erste und bisher einzige Vorschlag aus dem Konzept, den die Stadträte angepackt haben (Grafik, Nummer 4). Im Bauausschuss beschlossen sie vor knapp zwei Wochen den Bau des Rondells. Einen weitaus größeren Kreisel mit 50 Metern Radius und drei Bypässen am Rande sieht der Verkehrsplan an der Einmündung der Lenggrieser Straße in die Bundesstraße 13 vor (Nummer 1) . Das Staatliche Bauamt Weilheim lehnt dies ab und favorisiert einen fünfspurigen Ausbau der B 13 dort am Moraltverteiler. Für Ludwig Janker, CSU-Stadtrat und Vorsitzender der Verkehrskommission der Stadt, wäre dies "ein Rückschritt". Er hofft, dass nun ein andere Variante mehr Gehör bei der Behörde findet: ein Turbo-Kreisel. Der hätte anstatt Bypass-Spuren am Rande zwei Fahrstreifen im Rondell, wie Ulrich Glöckl, Verkehrsplaner vom Büro Transver, erklärte.

Einen Kreisverkehr wünscht sich Janker auch an der Einmündung der Benediktbeurer Straße in die B 472 beim alten Gasthaus "Treibhaus". Die CSU habe das "schon seit 14 Jahren in der Pipeline", sagte er. Schwerlastwagen müssten dort drei Fahrspuren kreuzen, "mich wundert's, dass es dort nicht öfters scheppert". Mayer-Schwendner hält einen solchen Kreisel für einen Wunschtraum. Ebenso an der Kreuzung der Sachsenkamer Straße mit der B 472 auf der Flinthöhe - eine Stelle, über die einmal die Nordumfahrung führen soll. "Ist das realistisch?", fragte er und lieferte die Antwort gleich mit: "Gehen wir zum nächsten Punkt." Hintangestellt ist derzeit ein weiteres Rondell an der Hindenburgstraße und Wachterstraße, da noch unklar ist, ob und wie das Areal der Post umgestaltet werden kann.

SZ-Grafik; Quelle: Google Earth Pro (Foto: SZ-Karte)

Dritte Isarbrücke

Neben den Isarbrücken in der Stadtmitte und auf der B 472 soll es eine dritte vom Gewerbegebiet Farchet zur verlängerten Königsdorfer Straße geben (Nummer 6). Diese Anregung aus dem Verkehrsplan hält Glöckl selbst für "nicht richtig sinnvoll". Über den neuen Übergang würden zwar 12 000 Fahrzeuge pro Tag rollen, gesteuert jeweils zur Hälfte von einheimischen und auswärtigen Fahrern. Auf der B 472 und der Brücke im Zentrum würde dies auch eine Entlastung von je 3000 Fahrzeugen am Tag bewirken. Der große Nachteil sei jedoch, dass mögliche Zufahrtsstraßen zur dritten Isarbrücke, die allesamt mitten durch Tölz führen, stark belastet würden. Für Janker hätte dies nur einen Sinn, "wenn wir eine weitere Umgehungsstraße hätten". Die würde dann aber durch das reine Wohnquartier Ellbach führen. "Ein hochsensibles Gebiet", so Janker.

Einig waren sich die Teilnehmer, die bisher Radlern und Fußgängern vorbehaltene Bahnüberführung "Am Schuss" für Fahrzeuge wieder freizugeben, allerdings bloß für Anlieger. Man wolle dort keinen Schleichverkehr erzeugen, sagte Mayer-Schwendner. Für Janker wäre dies jedoch ein Bypass, wenn mit der Osterleite eine Hauptverkehrsader wegen eines Unfalls gesperrt werden müsste.

Auf der Flinthöhe

Auch wenn die Nordumfahrung gebaut ist, wird die Flinthöhe damit nicht automatisch zu einer verkehrsarmen Zone. Davon ist Glöckl überzeugt. Behördenzentrum, Lettenholz-Siedlung, Supermärkte und andere Geschäfte - "es bleiben mehr als 10 000 Fahrzeuge pro Tag übrig", prophezeite er. Wenn die Stadt, wie vorgesehen, das Gebiet beruhigen und verschönern möchte, genüge es nicht, die Tegernseer Straße (B 472 auf der Flinthöhe) ein bisschen zurückzubauen (Nummer 3). Glöckl plädierte für einen städtebaulichen Wettbewerb: "Es muss etwas sein, was Mehrwert und Lebensqualität schafft." Zuhörer Rainer Pinell warnte hingegen davor, den Verkehr in dem Siedlungs- und Gewerbegebiet abzuwürgen. "Man kann ihn nicht in Flaschenhälse zwingen", sagte er.

Neue Radwege

Dem Verkehrsplan zufolge soll es einen Streifen für Radler auf der stark befahrenen Lenggrieser Straße geben. Die sei dafür breit genug, sagte Glöckl. Dies sieht Mayer-Schwendner genau so und forderte, dass die Stadt dafür "wirklich Geld in die Hand nimmt". Janker widersprach. Er hält eine Route über die parallel laufende, aber weit weniger frequentierte Kohlstattstraße für besser. Mehr Querungshilfen für Fußgänger auf der Lenggrieser Straße, die Stadträtin Camilla Plöckl (SPD) anregte, erteilte er ebenfalls eine Absage. Man könne nicht alle 100 Meter eine Ampel aufstellen, sagte Janker. Einig war sich die Runde, einen beleuchteten Rad- und Fußweg vom Moraltpark entlang der Isar bis zum Zentrum anzulegen. "Das mag nachts nicht angenehm sein, aber tagsüber ist das eine prima Alternative", sagte Mayer-Schwendner. Plöckl ergänzte: "Er gehört attraktiv hergerichtet, die Container müssen weg." Auf der Agenda des Verkehrsplans steht auch der Radweg vom Eisstadion an der B 472 hinunter in Richtung Innenstadt (Nummer 2). Mayer-Schwendner sprach sich dafür aus, dies bald anzupacken: "Das ist nicht billig, aber auch nicht so teuer."

Aufzug und Arkade

Um vom Kurviertel zum Bahnhof zu gelangen, können Radler nur die Osterleite nutzen. Oder sie schieben ihr Gefährt die Marktstraße hinauf, wo das Radfahren verboten ist. Eine Alternative wäre, die Nockhergasse, die bergab bis zum Parkplatz Kolbergarten eine Einbahnstraße ist, in der Gegenrichtung für Radler freizugeben. Allerdings gibt es am Anwesen Jägergasse 2 eine Engstelle, durch die gerade mal ein Auto passt. Glöckl regte an dieser Stelle eine Art Baustellenampel für Radler an, für die allerdings die Ampelschaltung oben an der Hindenburgstraße/Wachterstraße (Nummer 5) so geändert werden müsste, dass die Autos von dort immer in einem Pulk herunterfahren. Oder die Stadt erwerbe das Haus Jägergasse 2 und baue darin eine Arkade für Radler ein, meinte der Verkehrsplaner.

Eine zweite Variante: Der Obere Schulgraben wird im Zuge des Rathaus-Umbaus für Radfahrer umgestaltet. Die Treppe, die hinauf zum Rathaus führt, müsste dann einer Rampe weichen. Ob dies vom Steigungswinkel her funktioniert, ist ungewiss. "Eine charmante Lösung" wäre für Glöckl, einen Aufzug anstelle der Treppe zu bauen. Der wäre auch für Rollstuhlfahrer geeignet und überhaupt eine Attraktion: "Das macht Spaß, vor allem auch Kindern." An der Osterleite wiederum sollten bergan 2,50 Meter breite Hochboards entstehen, die allerdings den Gehweg bergab verschmälern würden. "Das gehört gescheit vermessen", sagte Glöckl. "Das braucht eine Machbarkeitsstudie."

Schleifen mit dem Bus

Mit seinen drei Stadtbus-Linien hat Bad Tölz für seine Größe nach Glöckls Dafürhalten ein "grundsätzlich sehr gutes Angebot". Ein Nachteil sei jedoch, dass die Busse zeitraubende Schleifen fahren. "Das muss jemand neu entwerfen", forderte er. Am Bahnhof und am ZOB (Nummer 7) sollen die Fahrgäste künftig Echtzeit-Informationen über Digitalanzeigen bekommen.

Zu Fuß unterwegs

Bessere Ampelschaltungen, sichere Querungshilfen, ein breiterer Gehsteig - mit solchen Maßnahmen soll Fußgängern der Weg von der Lettenholz-Siedlung entlang der Sachsenkamer Straße in Richtung Innenstadt erleichtert werden. Verbesserungen plant dort auch das Staatliche Bauamt Weilheim mit dem Bau der Nordspange. Die Ideen der Behörde hält Glöckl indes für untauglich. Ein Beispiel: "Der Umweg über die Fußgängerbrücke ist total unbefriedigend."

Den Blick auf den Kalvarienberg richtete der Zuhörer Melchior Sappl. Der Fußweg hinunter zur Moralt-Alm sei wegen zahlreicher Wurzeln halsbrecherisch, erzählte er. Und für den Aufstieg auf der anderen Hangseite von der Fröhlichgasse aus müsse man wegen der Treppen schon gut zu Fuß sein. Seine Lösung: eine Rampe oder vielleicht sogar eine kleine Seilbahn. Die hält Christof Botzenhart (CSU) zwar für illusorisch. "Aber es ist keine Zauberei, den Weg zur Moralt-Alm so herzurichten, dass man sich nicht den Haxn bricht", sagte der Stadtrat.

© SZ vom 16.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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