Bad Tölz:"Ich bin erst einmal nur schockiert"

Lesezeit: 3 min

FC Bayern ohne Bastian Schweinsteiger? Das Aushängeschild der Fans, der Hias Hammerl aus Kochel am See, versteht die Welt nicht mehr. Keiner seiner Mitstreiter habe Verständnis. Läuft Schweini mit Manchester gegen den Rekordmeister auf, wird er wohl ausgepfiffen werden

Von Benjamin Engel, Bad Tölz

Seit Freitag stehen viele FC-Bayern Fans unter Schock: Vor vier Tagen hat Bastian Schweinsteiger seinen Wechsel zu Manchester United offiziell bestätigt. Auf seiner Facebook-Seite hat der Fußballspieler bereits am späten Montagnachmittag ein Foto im Trikot seines neuen Clubs veröffentlicht. Währenddessen machen viele Fans im Internet seit Tagen ihrem Unmut auch über die Vereinsführung Luft. Der Wechsel von Schweinsteiger nach 17 Jahren FC Bayern hat auch dem glühenden FC-Bayern-Anhänger Matthäus - genannt Hias - Hammerl sichtlich zugesetzt. Der 71-jährige Kochler ist seit mehr als 60 Jahren FC Bayern-Fan und im Münchner Klub seit rund 40 Jahren Mitglied. In Tracht hat Hammerl seinen Lieblingsklub zu vielen wichtigen Spielen begleitet.

SZ: Herr Hammerl, wie haben Sie überhaupt vom Wechsel erfahren?

Matthäus Hammerl: Ich habe die Nachricht im Radio gehört. Ich habe gar nicht glauben können, dass das überhaupt stimmt.

Viele Fans sind regelrecht verärgert über den Wechsel und machen auch die Vereinsführung verantwortlich. Andere zeigen Verständnis. Was ist mit ihnen?

Ich bin erst einmal nur schockiert. Der FC Bayern München und Bastian Schweinsteiger waren für mich immer eine Einheit. Sie gehörten einfach zusammen. Schweinsteiger war als Oberbayer in einem oberbayerischen Klub einfach die Identifikationsfigur. In den vergangenen Tagen habe ich mit vielen Fans telefoniert. Mit dem Wechsel ist keiner, den ich kenne zufrieden. Schweinsteiger hätte noch locker drei Jahre auf hohem Niveau als Spielmacher bei den Bayern spielen können.

Zur Mannschaftsvorstellung für die nächste Saison haben viele Fans Bayern-Boss Karl-Heinz-Rummenigge sogar ausgepfiffen. Ist er für den Weggang verantwortlich?

Was der genaue Grund war, muss sich erst noch herausstellen. Ich hätte Schweinsteiger jedenfalls nicht gehen lassen. Die Verantwortlichen hätten besser verhandeln und ihm ruhig auch mehr Geld bieten sollen. Unter dem Uli (Anm. d. Red.: der wegen Steuerhinterziehung 2014 verurteilte ehemalige Bayern-Präsident Uli Hoeneß) hätte es das jedenfalls nicht gegeben. Da wäre Schweinsteiger geblieben. Seit Hoeneß weg ist, geht es ohnehin bergab. Wenn Hoeneß noch in Verantwortung wäre, hätte auch Mannschaftsarzt Wilhelm Müller -Wohlfahrt den Verein nicht verlassen. Ich würde mir wünschen, dass Hoeneß nach seiner Haftstrafe wieder Bayern-Präsident wird.

Manche Fans zeigen aber auch Verständnis für Schweinsteigers Entscheidung.

Ich bin enttäuscht, auch von Schweinsteiger. Ich bin ihm öfter begegnet. Der war schwer in Ordnung, ganz normal, kein Angeber. Nicht der Typ abgehobener Profi, dem es nur ums Geld geht. Sicherlich hat ihn womöglich die Neugier getrieben, noch einmal im Ausland auf Weltklasseniveau zu spielen. Verständnis kann ich nur schwer aufbringen.

Und was ist mit denen, die sagen, der Verein könne froh sein , dass er einen bald 31-jährigen Spieler elegant mit Gewinn verkauft hat?

Das ist totaler Schmarrn. Der Schweinsteiger hatte doch eine Super-Bilanz. Er hat volle Leistung gebracht. Den kann keiner ersetzen. Die Spieler, die der FC Bayern bisher für die neue Saison verpflichtet hat, haben mich noch nicht überzeugt. Ich blicke ein bisschen skeptisch in die Zukunft. Schließlich sind Arjen Robben und Franck Ribery auch nicht mehr die Jüngsten.

Was ist der FC Bayern ohne Schweinsteiger?

Dem Verein fehlt ein oberbayerisches Aushängeschild. Schweinsteiger war eine Identifikationsfigur. Er war ja von Jugend an bei den Bayern. Der Verein verliert einen Großteil seines oberbayerischen Charakters. Die Nachwuchsarbeit ist beim FC Bayern ja leider nicht so weltbewegend. Schweinsteiger ist ein einzigartiger Kämpfer gewesen, der immer alles gegeben hat. Aber jetzt müssen wir Fans da durch. Es muss weitergehen.

Und was tun Sie, wenn Schweinsteiger bald im Manchester-Trikot gegen Bayern spielt?

Dann muss ich ihn wohl auspfeifen. Das ist wegen seiner Verdienste für den FC Bayern und die deutsche Nationalmannschaft aber gar nicht so einfach. Ohne ihn wäre Deutschland vor einem Jahr nicht Fußball-Weltmeister geworden.

Haben Sie schon beim Verein direkt protestiert?

Eine E-Mail werde ich sicher nicht schreiben. Aber ich werde das Thema sicher in der nächsten Jahresversammlung anschneiden.

Schon über einen Austritt nachgedacht?

Nein. Ich bin und bleibe tausendprozentiger FC Bayern-Fan. Ich werde den Verein nie im Stich lassen. Ich bleibe bis zum bitteren Ende Mitglied.

© SZ vom 14.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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