Bad Tölz:"Ich bin ein sonniges Kind"

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Jugendamt sucht mit ungewohnter Annonce nach Pflegefamilie

Von Klaus Schieder, Bad Tölz

Es ist eine ungewöhnliche, etwas merkwürdig anmutende Annonce, mit der das Landratsamt in Bad Tölz in Form einer E-Mail an die Öffentlichkeit geht. Für ein Mädchen aus dem Landkreis sucht der Pflegekinderfachdienst des Amtes für Jugend und Familie derzeit ein neues Zuhause, wobei die Fünfjährige gewissermaßen selbst zu Wort kommt. "Ich bin ein sonniges Kind und suche eine warmherzige, liebevolle Pflegefamilie, die auch mit meinen Belastungen aus der Vergangenheit und den daraus entstandenen Bedürfnissen umgehen kann", heißt es darin. Und weiter: "Ich bin wissbegierig, musikalisch, turne gerne und gut, kann Rad fahren, besuche einen Kindergarten." Das liest sich beinahe wie "Tiere suchen ein Zuhause", ist vom Fachdienst aber ein bewusst gewähltes Stilmittel. "Wir wollten, dass es die Menschen anspricht", sagt Sachbearbeiterin Kathrin Eckstädt. Deshalb habe man den Text aus der Sicht des Kindes verfasst, "dann sieht man dieses Kind vor sich und fühlt sich angesprochen."

Normalerweise hat das Landratsamt etliche Pflegefamilien zur Hand und muss nicht erst eine Art Anzeige aufgeben. In diesem Fall werden jedoch Eltern "mit besonderen pädagogischen Fähigkeiten und Erfahrungen" gesucht. Konkret ausgedrückt: Es sollte sich um die Familie eines Erziehers, eines Sozialpädagogen, eines Psychologen oder eines Therapeuten, vielleicht auch einer Kinderkrankenschwester handeln. Psychologische Kenntnisse seien notwendig, weil "dieses Kind einen sehr hohen Bedarf hat, man muss sein Verhalten verstehen können", sagt Eckstädt.

Die Fünfjährige ist in ihrer eigenen Familie die ältere Schwester und wurde dort "nicht wirklich als Kind gesehen", wie die Sachbearbeiterin erzählt. Ob dieser Überforderung sucht der Fachdienst auch Pflegeeltern, die neben ihrer beruflichen Qualifikation selbst deutlich ältere Söhne oder Töchter haben. Ansonsten wäre der Konkurrenzkampf unter den kleinen Kindern zu groß, die Belastungen nicht alleine für die Fünfjährige, sondern auch für die eigenen Sprösslinge zu hoch, betont die Sachbearbeiterin. Das Mädchen, das seit neun Monaten über eine Bereitschaftspflege betreut wird, brauche jetzt aber ganz dringend die Fürsorge und Hinwendung, die in einer Familie für gewöhnlich dem jüngsten Kind zuteil werde.

Weitere Informationen gibt der Pflegekinderfachdienst im Amt für Jugend und Familie unter Telefon 08041/505-462 oder -459.

© SZ vom 09.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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