Bad Tölz:Historisches Sanatorium soll stehen bleiben

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Das denkmalgeschützte Kursanatorium Dr. Fruth im Bäderviertel darf nun doch nicht abgerissen werden. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Tölzer Bauausschuss stimmt mit knapper Mehrheit für Erhalt des Gebäudes im Kurviertel

Von .Klaus Schieder, Bad Tölz

Das ehemalige Kursanatorium Dr. Fruth im Bäderviertel darf nicht abgerissen werden. Diese Entscheidung fällte der städtische Bauausschuss am Donnerstagabend denkbar knapp mit sieben zu sechs Stimmen. Nicht weniger als drei Mal hatte der Eigentümer den Abbruch des denkmalgeschützten Anwesens beantragt, erst 2013 und zuletzt im Oktober. Vor mehr als einem Monat hatten ihm die Stadträte zu verstehen gegeben, dass er mit einer Billigung rechnen könne, falls er einen historisierenden Neubau plane. Solche Entwürfe legte der Besitzer jetzt auch vor: Sie zeigen ein Haus mit Mansardenwalmdach, das dem Kursanatorium stark ähnelt. Die Mehrheit der Stadträte stimmte dennoch für den Erhalt des alten Sanatoriums. "Solange Denkmalschutz besteht, können wir nicht so tun, als wäre er nicht", sagte Peter Priller (Grüne).

Das Kursanatorium an der Höckhstraße wurde 1927 von Ludwig Friedl gebaut. Mit seinem Mansardenwalmdach, seiner Eingangsaltane und seinem Kranzgesims gilt es als ein Beispiel für die Tourismus-Architektur der Zwanzigerjahre und steht deshalb unter Denkmalschutz. Das Haus hat schon lange keine Patienten mehr gesehen, später diente es als Verwaltungsschule und als Flüchtlingsunterkunft, seit Jahren steht es aber nun schon leer und verfällt. Ob des maroden Zustands zeigte sich Camilla Plöckl (SPD) empört. "Im Moment kocht meine Seele", sagte sie. Da kaufe jemand ein altes Haus, wisse, dass es sich um ein Denkmal handle, wolle aber gar nicht darin wohnen, lasse es verrotten und stelle dann einen Antrag auf Abriss, um einen Neubau zu errichten. "Dem dürfen wir auf keinen Fall zustimmen", forderte Plöckl. Ansonsten öffne man Tür und Tor für andere Leute, die mit ihren Baudenkmälern ebenso verfahren wollten - "davon gibt es in Tölz einige".

Weniger emotional, aber ebenso unmissverständlich formulierte René Mühlberger (CSU) sein Nein zu einem Abbruch. "Wir sind in der Situation, dass das Gebäude über viele, viele Jahre belassen, ja alleine gelassen wurde", sagte Mühlberger. Zwar sei das Recht auf Eigentum ein hohes Gut, doch wenn es um ein Denkmal gehe, sehe der Gesetzgeber ganz bewusst auch Eingriffe in dieses Recht vor - "bis hin zur Enteignung". Einen historisierenden Ersatzbau bezeichnete Mühlberger als "verführerischen Ansatz", der aber den Denkmalschutz umgehe. Auch die Haltung von Jürgen Renner (SPD), der im Oktober in der Sitzung des Bauausschusses gefehlt hatte und sich über den Beschluss damals wunderte, war eindeutig: "Für mich gibt es nur ein klares Nein."

Die Gegenposition vertrat unter anderem Ludwig Janker (CSU). Ihm sei ein Neubau, der in ähnlichem Stil errichtet werde, lieber als ein verfallenes altes Gebäude, sagte er. Zumal dann, "wenn die Bausubstanz wirklich so schlecht ist, dass sie eigentlich nur noch für den Bagger geeignet ist". Dem pflichtete Michael Lindmair (FWG) bei. Ihm gefiel der Entwurf des Eigentümers für einen historisierenden Neubau. "Solche Dachformen oder die zurückgesetzten Balkone würden wir uns bei anderen Häusern wünschen", sagte er. Außerdem könne er nicht erkennen, wie das alte Sanatorium überhaupt noch wirtschaftlich zu sanieren sei.

Für Bürgermeister Josef Janker (CSU) führte das Für und Wider an der Zuständigkeit des Bauausschusses vorbei. Das Gremium habe über Art und Maß der baulichen Nutzung zu befinden, ansonsten könnten die Stadträte nur den Wunsch äußern, das Sanatorium zu erhalten. Über den Abriss entschieden letztlich das Landratsamt und das Landesamt für Denkmalpflege, so Janker. Für Josef Steigenberger (CSU) hieße dies jedoch, sich aus der Verantwortung zu stehlen. "Wir können nicht sagen, das macht ein anderer", sagte er. Wenn man Denkmalschutz wolle, müsse man auch dazu stehen.

Schon im Vorfeld hatte der Verein Freundkreis Badeteil in Schreiben an den Stadtrat und das Landratsamt gegen einen Abriss protestiert. Für einen Neubau seien wichtige Fragen offen, so Vorsitzender Willibald Raab. Der Baugrund, die Gefahr für den Altbestand in der Nachbarschaft, die Problematik mit Niederschlags- und Schichtenwasser - all dies sei nicht geklärt. Das Landratsamt sei an den Beschluss der Stadt weitgehend gebunden und könne diese Aspekte hernach nur mehr begrenzt prüfen. Im Übrigen mag Raab dem Hinweis von Bauamtsleiter Christian Fürstberger nicht glauben, dass das Kursanatorium von einer Eigentümergruppe, darunter dem heutigen Besitzer, erworben wurde, die damals nicht gewusst habe, dass es ein Denkmal sei. Der Antragsteller stehe "als alleiniger Eigentümer im Grundbuch", meint Raab.

Eine Kutsche mit dem Stadtrat, die von den vier größten Bauträgerfirmen in Bad Tölz, darunter dem Besitzer des alten Kursanatoriums, als Rössern gezogen wird - diese Nummer bekamen die Zuschauer beim obligatorischen Kabarettabend vor der Leonhardifahrt zu sehen. Franz Mayer-Schwendner (Grüne) bezeichnete diese Szene als gar nicht so verkehrt, solange die Stadträte bestimmten, wohin die Fahrt geht. "Lassen wir uns die Zügel nicht aus der Hand nehmen", sagte er. Das schon mehrmalige Nein des Stadtrats zu einem Abbruch dürfe "durch ein Runterwirtschaften des Gebäudes nicht in Frage gestellt werden"

© SZ vom 03.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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