Bad Tölz:Herausfordernde Spurensuche zwischen Fels und Eis

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Für ihre Seminare drehen Schüler des Tölzer Gymnasiums mit professioneller Unterstützung einen Dokumentarfilm über den "Alpenkrieg" in den Dolomiten.

Von Lisa Fey, Bad Tölz

Rollstuhlbasketballfest und eine Alpenüberquerung mit dem Fahrrad zum Beispiel: In den Seminaren am Gabriel-von-Seidl-Gymnasium in Bad Tölz planen die Schüler des Abiturjahrgangs 2017 die unterschiedlichsten Projekte. Ein Seminarkurs zeichnet sich durch ein Vorhaben mit besonders großem Aufwand aus: Gabriel Menzinger und Christoph Leitenstorfer sind zwei von insgesamt zwölf Schülern, welche im Rahmen ihres Projekt-Seminars einen Dokumentarfilm über den sogenannten "Alpenkrieg" in den Dolomiten drehen. Die 16- bis 18-jährigen Schüler wollen mit dem Dokumentarfilm "aufzeigen, wie sinnlos der Krieg war". Der Film soll im Frühjahr 2017 zunächst in der schuleigenen Aula und anschließende im Sudetendeutschen Haus in München gezeigt werden.

Während des Alpenkriegs, einem Nebenschauplatz des Ersten Weltkrieges, kämpften Soldaten vom 23. Mai 1915 bis zum 13. November 1918 in den Dolomiten. Beteiligt waren zum einen das Deutsche Reich sowie Österreich-Ungarn und zum anderen Italien, England, Frankreich und die USA. Politische Auswirkungen auf den Verlauf und Ausgang des Ersten Weltkriegs hatte er nicht. Der Alpenkrieg forderte jedoch mindestens 150 000 Todesopfer. Im Jahr 2015 jährte sich der Beginn des Alpenkriegs zum 100. Mal.

Die Dreharbeiten für den Dokumentarfilm der Schüler finden an Kriegsschauplätzen in den Dolomiten statt. Für erste Filmaufnahmen machte der Kurs eine dreitägige Vorexkursion zu den Sextner Dolomiten. Geografielehrer Cornelius von der Heyden leitet nicht nur das Seminar, sondern auch die Wanderungen durch die Dolomiten. Der ausgebildete Bergführer weist seine Schüler in die Kletterausrüstung ein, die sie benötigen. Denn der Kurs klettert zum Teil auf über 2400 Metern Höhe, um ein Interview mit dem Hüttenwirt der Dreizinnenhütte, Hugo Reider, zu filmen.

"Ich führe den Zuschauer durch den Film", erklärt Gabriel Menzinger, der die Moderation des Dokumentarfilms übernimmt. Er plane die Texte und Inhalte der Interviews und übernehme die redaktionelle Arbeit. Menzinger beschreibt die Dreharbeiten in schwindeliger Höhe als "ziemlich fordernd". Auf dem Gipfel des Paternkofel etwa habe er "nur auf einem Felstritt" gestanden. "Man hat dann schon Respekt."

Christoph Leitenstorfers Aufgabe ist es, die Kommunikation und Motivation innerhalb der Gruppe zu fördern. Außerdem stehe er gemeinsam mit dem professionellen Dokumentarfilmer Edwin Bude aus München hinter der Kamera, sagt er. "Bude ist eine Art Mentor." Der Filmemacher stelle unter anderem sein Equipment zur Verfügung und werde dem Kurs bei der Endproduktion des Films unterstützen. Er arbeite kostenfrei an dem Projekt, erklärt Leitenstorfer. Die Schüler müssen jedoch für anfallende Maut-Gebühren, Sprit sowie Kost und Logis des Dokumentarfilmers aufkommen. Die Finanzierung erfolge durch Spenden, sagen die Schüler. Sponsoren seien unter anderem Sportgeschäfte, Bäckereien und Banken.

Die Idee von P-Seminaren ist, den Schüler auf das spätere Berufsleben vorzubereiten. Die Schule gibt das Thema und den Rahmen des Projektes vor, den Rest sollen die Schüler selbstständig erarbeiten. In den ersten Wochen habe der Kurs zunächst über verschiedene Berufe referiert, erklären die beiden Schüler. Der Kurs habe dann zwar mit der selbstständigen Planung einer Exkursion in die Dolomiten gerechnet, sagt Menzinger. Das Vorhaben ihres Lehrers, einen umfassenden Dokumentarfilm zu drehen, habe sie aber überrascht.

Neben den Projekt-Seminaren besuchen die Schüler in der elften und zwölften Klasse auch ein wissenschaftliches Seminar (W-Seminar), in welchem jeder zu einem ausgewählten Themenschwerpunkt eine Facharbeit von zehn bis 15 Seiten anfertigt. Das soll einen Eindruck vom wissenschaftlichen Arbeiten im Studiums ermöglichen. Stefanie Regus, Geschichtslehrerin am Tölzer Gymnasium, leitet das W-Seminar. Üblicherweise verlaufen die Seminare unabhängig von einander. Aufgrund der historischen Bedeutung und Komplexität des Alpenkriegs sei hier jedoch eine seminarübergreifende Zusammenarbeit sinnvoll gewesen, sagen die Schüler.

Jeder Seminarist habe sich auf einen gesonderten Aspekt zum Thema Alpenkrieg spezialisiert, über das er die Facharbeit im W-Seminar schreibe, erklärt Menzinger. Für dieses Thema sei er zugleich im P-Seminar zuständig und damit in dem Dokumentarfilm Experte. Leitenstorfers Thema lautet: "Verantwortungsübernahme deutscher Giftgasunternehmen für den Giftgaseinsatz im Alpenkrieg". Er habe "keine Lust auf ein 08/15 Thema gehabt", erklärt er seine Wahl. Ihn fessle besonders der soziologische Aspekt: "Mich hat der Mensch selber, hinter der Ausrüstung, interessiert."

Der Kurs plant, nach Beginn ihres zwölften und letzten Schuljahres am Montag noch im September eine drei- bis viertägige Hauptexkursion zum Valparolapass. Dafür suchen die Schüler erneut nach Sponsoren, um die Dreharbeiten abschließen zu können. Danach arbeiten die Schüler am Schnitt und der Endproduktion des Films. Der Dokumentarfilm soll etwa 60 Minuten lang werden.

© SZ vom 12.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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