Bad Tölz:Grüne Leuchttürme

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Michael Spindler, Josef Birzele, Hans Orterer, Udo Denk, Christoph Spindler, Fritz Haberkorn, dieWendts und Christine Oswald sind Umweltpreisträger. (Foto: Manfred Neubauer)

Der Landkreis hat die Anbietergemeinschaft Bauernhofurlaub im Tölzer Land, die Bürgermeinschaft Ramsau sowie die Weidenkam-Gärtner Leni und Horst Wendt mit seinem Umweltpreis ausgezeichnet

Von Klaus Schieder

Bad TölzWer die Natur schützen will, der muss Verzicht üben: Dieses Diktum stimmt für Landrat Josef Niedermaier (FW) nicht. Nach seinem Dafürhalten ist sogar das Gegenteil richtig. Immer mehr Supermärkte und Gewerbegebiete am Stadtrand, immer mehr Freizeit-Tourismus, immer mehr Straßen bedeuteten einen Verzicht auf eine intakte Natur, sagte er bei der Verleihung des Umweltpreises am Donnerstagabend im Landratsamt. Um diesem Trend entgegenzusteuern, seien Drohszenarien wie in den Siebziger und Achtziger Jahren jedoch falsch. Wichtig sei die Idee der Nachhaltigkeit und das Bewusstsein, dass jeder an der Gestaltung der Zukunft mitwirken könne, ja müsse, sagte der Landrat. Dies hätten die drei Preisträger in besonderer Weise gezeigt.

Den Umweltpreis, den der Landkreis seit 2004 in zweijährigem Turnus vergibt, erhielten die Anbietergemeinschaft Bauernhofurlaub im Tölzer Land, die Bürgermeinschaft Ramsau sowie das Ehepaar Leni und Horst Wendt, Bio-Gärtner auf Schloss Weidenkam. Die Bauern, die Urlauber beherbergen und ihnen zeigen, wie Milch, Käse und Butter erzeugt wird, sind laut Viktoria Lofner-Meir, Referatsleiterin im bayerischen Landwirtschaftsministerium, "Botschafter für die Landwirtschaft". Das i-Tüpfelchen bei der Anbietergemeinschaft sei die Vernetzung mehrerer Höfe. "Nur gemeinsam sind wir stark", drückten die Bauern damit aus. Der Verein sei "ein würdiger Preisträger".

Rund 60 Prozent der landwirtschaftlichen Betriebe im Freistaat benötigen nach den Zahlen des Ministeriums eine zweite Einkommensquelle, um über die Runden zu kommen. "Der Urlaub auf dem Bauernhof ist ein bedeutendes zweites Standbein." Im Landkreis nimmt fast jeder fünfte Landwirt Feriengäste auf. Das ist nicht so einfach, denn das Angebot muss qualitativ stimmen. Außerdem obliegt den Gastgebern auch noch der Erhalt der Kulturlandschaft, teilweise bis hinauf zu den Almen. Aber das Potenzial an Urlaubern ist groß. Bayerns Bauerhöfe verbuchen laut Lofner-Meir zusammen zwölf Millionen Übernachtungen pro Jahr.

Als ein "echtes Leuchtturmprojekt" apostrophierte Wolfgang Seiler das Nahwärmenetz, das die Bürgermeinschaft Ramsau in eigener Regie in dem Ortsteil von Bad Heilbrunn geschaffen hat. Sie habe damit gezeigt, dass die Energiewende "im Gegensatz zur hohen Politik fest in den Köpfen der Bürger verankert ist,", sagte der Vorstandsvorsitzende der Bürgerstiftung Energiewende Oberland (EWO). Das Netz versorgt zehn Haushalte mit Wärme, die über eine Hackschnitzelanlage auf dem Hof von Josef Birzele erzeugt wird; das Holz dafür kommt aus heimischen Wäldern. Anders als einst die Pläne für eine Steuererklärung, die auf einen Bierdeckel passen sollte, sei das ebenfalls auf dem Bierfilz in einer Gaststätte entstandene Projekt trotz aller Widrigkeiten umgesetzt worden, sagte Seiler. Das Vorhaben trage nicht bloß zur Energiewende bei, sondern sei auch "ein exzellentes Beispiel für eine echte Dorfgemeinschaft". In seiner Laudatio kritisierte der EWO-Vorsitzende, dass die Energiewende "auf der Hitliste der Politik immer weiter nach unten rutscht", weil die Agenda von Griechenland-Krise und der Zuwanderung beherrscht wird. Bad Heilbrunns Bürgermeister Thomas Gründl (CSU) würdigte den Mut, die Ausdauer und den Gemeinschaftssinn der Bürgergemeinschaft.

Als der Begriff Ökologie für die meisten Leute nur im Fremdwörterlexikon stand, da begannen Horst und Leni Wendt schon mit ökologischem Anbau in der Schlossgärtnerei Weidenkam. Das war vor gut 50 Jahren. Seither sei die anfängliche Skepsis gegenüber dem "zug'roasten" Ehepaar einem Wohlwollen und später "stiller Bewunderung" gewichen, sagt Michael Grasl (CSU), Bürgermeister von Münsing. Die Eheleute waren auch Lehrmeister für Scharen von Studenten, Schulklassen und Seminarteilnehmern. Dabei hätten sie die Besucher "oft verblüfft, mit welch einfachen Mitteln ökologischer Anbau betrieben werden kann", ohne zu Pestiziden oder ins "Giftregal" von Baumärkten zu greifen, sagte Grasl. Horst und Leni Wendt attestierte er Achtsamkeit, Sorgfalt und Zuwendung im Umgang mit Menschen, Tieren und Pflanzen. "Ihr Lebenswerk ist etwas ganz Besonderes."

© SZ vom 26.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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