Bad Tölz:Glanzvoll mit Rossini

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Belcanto ist ihre Welt: die Sopranistin Ekaterina Korotkova. (Foto: Wolfsbauer)

Sopranistin Ekaterina Korotkova gab ihr Debüt in Bad Tölz

Von Reinhard Szyszka, Bad Tölz

Nein, ein Publikumsmagnet ist Ekaterina Korotkova nicht - noch nicht. Gerade einmal 15 Interessierte hatten sich in den Kleinen Kursaal verirrt, als die junge Sängerin dort am Freitag ihr Tölzer Debüt gab. Die Sopranistin hat ihre Gesangsausbildung im Alter von sechs Jahren in Moskau begonnen und mit 19 Jahren dort abgeschlossen, bevor sie nach Italien ging, um Operngesang, insbesondere Belcanto, zu studieren. Zurzeit tourt sie mit wechselnden Pianisten durch Deutschland und die Nachbarländer, um sich und ihr Repertoire vorzustellen. In Bad Tölz saß Yamile Cruz Montero am Klavier. Eine echte musikalische Partnerschaft zwischen Sängerin und Pianistin kann so nicht entstehen. Dennoch machte Montero das Beste aus der Situation und erwies sich als sensible Begleiterin, die allen Gestaltungsnuancen von Korotkova flexibel folgte.

Die Sängerin begann den Abend mit einigen Liedern von Franz Schubert, obwohl sie sich erst seit vier Monaten mit dem deutschsprachigen Kunstlied-Repertoire beschäftigt. Eine ausgereifte, durchdachte Interpretation kann in derart kurzer Zeit nicht entstehen, und so blieben bei diesem Programmteil etliche Wünsche offen. Der einleitende "Frühlingstraum" aus der "Winterreise" ließ die Tragik, die Hoffnungslosigkeit der Szene nicht einmal erahnen, und bei "Nacht und Träume" wollte sich die schwärmerische Stimmung, die der Text vermittelt, auch nicht einstellen. Das elegant-beschwingte "Liebe schwärmt auf allen Wegen" gelang innerhalb der Schubert-Gruppe noch am besten, und bezeichnenderweise ist dieses Werk nicht eigentlich ein Lied, sondern entstammt einem der vielen Opern-Versuche Schuberts.

Korotkova verfügt über eine angenehme, gut geführte, in allen Lagen ausgeglichene und sauber intonierte Sopranstimme. Sie verwendet eine eigenartige Gesangstechnik und singt fast durchwegs mit halbgeöffnetem, oft sogar in die Breite gezogenem Mund, was zu einem gedeckten Stimmklang führt. Lediglich bei einigen exponierten Spitzentönen öffnet sie den Mund ganz. Der zweite Teil des Programms war Sergei Rachmaninow gewidmet, hier fühlte sich die Künstlerin weit mehr zu Hause als bei Schubert. Man merkte ihr geradezu Erleichterung an, dass sie in ihrer Muttersprache singen durfte.

Doch der eigentliche Höhepunkt des Abends folgte nach der Pause mit fünf überaus anspruchsvollen Arien aus Opern von Rossini. Die Sängerin hat in Italien mit dem Rossini-Spezialisten Alberto Zedda zusammengearbeitet und von ihm die Feinheiten der Belcanto-Technik erlernt. Mit Begeisterung und Wagemut stürzte sie sich in die schweren Koloraturen, die Rossini seinen Sängern zumutet. Beifall und Bravo-Rufe nach jeder Arie konnten da nicht ausbleiben. Fünf große Arien hintereinander sind rein physisch eine beeindruckende Leistung, aber Ekaterina Korotkova meisterte alle Schwierigkeiten mit Bravour. Auch Yamile Cruz Montero am Klavier blühte richtig auf und zeigte bei den anspruchsvollen Parts, die ja ein volles Orchester ersetzen müssen, ihr Können.

Nach einer schwachen Schubert-Gruppe zu Beginn kam die erste Steigerung mit einem guten, aber nicht überragenden Rachmaninow-Block, bis zuletzt die brillante Folge von Rossini-Arien dem Ganzen die Krone aufsetzte.

© SZ vom 05.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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