Bad Tölz:Es bleibt in der Familie

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ReAL-Verbund-Geschäftsführer Torhorst will sich zurückziehen, seine Tochter soll folgen

Von Klaus Schieder, Bad Tölz

22 Jahre nach der Gründung vollzieht sich im Verbund von "ReAL Isarwinkel", der sich um psychisch Kranke kümmert, ein Generationswechsel. Der Psychiater Arnold Torhorst möchte sich mit 69 Jahren in den nächsten zwei, drei Jahren aus dem operativen Geschäft zurückziehen, das jetzt schon seine 41-jährige Tochter Eva-Marie Torhorst übernimmt. Zugleich werden die vier Gesellschaften des Verbunds unterm Dach der Real gGmbH vereint: die GRG (Gemeinnützige Rehabilitations-Gesellschaft), die GTG (Gemeinnützige Trainings- und Therapie-Gesellschaft), die Isarwinkler Werkstätten und die CIPP GmbH, die für die Verwaltung der Immobilien verantwortlich zeichnet. Neu ist die Real Holding AG, die seit Oktober 2016 besteht. Das sei eine "reine Familien-Aktiengesellschaft", sagt Torhorst. In ihr sollen außer ihm die vier Gesellschaften dabei sein.

An der Philosophie des Verbunds ändert sich dadurch nichts. Das Merkmal von Real (Rehabilitation, Arbeit, Leben) bleibt die Integration psychisch Erkrankter in die Gesellschaft, etwa durch ihre völlige oder teilweise Eingliederung in den Arbeitsmarkt. Medizinische und berufliche Reha gehen dabei Hand in Hand. Man wolle nicht "eine Fürsorgeindustrie aufbauen", sagt Eva-Marie Torhorst. Ihr Vater bringt es auf die Formel: so viel Förderung wie nötig, so viel Selbststimmung wie möglich. Darin sind sich beide einig. "Wir denken seltsamerweise sehr ähnlich, wir müssen nicht groß diskutieren", sagt Arnold Torhorst. Wenn seine Tochter als Geschäftsführerin künftig jedoch mehr Investitionen fordere, er selbst in der AG finanziell bremse, könnte es schon Konfliktpotenzial geben. "Wir müssen uns in dieser Funktion aneinander gewöhnen", so Torhorst.

Eva-Marie Torhorst hat ein Wirtschaftsstudium und nebenher auch eine Ausbildung zur Schwesternhelferin absolviert. Neben diversen anderen Tätigkeiten war sie zehn Jahre lang Politikberaterin für Gesundheits- und Sozialwesen im bayerischen Landtag. Als Geschäftsführerin kommt es für sie nun darauf an, die etwa 220 Mitarbeiter, die bislang in vier verschiedenen Gesellschaften arbeiteten, zu einer harmonischen Belegschaft zusammenzuführen. "Das hat viel mit Schnittstellen zu tun, es haben sich unterschiedliche Kulturen entwickelt", sagt sie.

Wichtig sind ihr Transparenz und die Attraktivität als Arbeitgeber. "Die beste Leistung erbringen wir, wenn wir Mitarbeiter haben, die lange bei uns sind." Der Umgang mit psychisch Kranken und ihren Angehörigen erfordere "eigenverantwortliches Handeln, immer eingebunden in die Teamstruktur". 85 der 220 Beschäftigten sind schon fünf, zehn oder 20 Jahre bei Real. Nachdrücklich verweist Arnold Torhorst darauf, das er Wert auf eine "flache Hierarchie" gelegt habe, nicht auf ein "Von oben nach unten". Dennoch fehlen derzeit Sozialpädagogen und Krankenpfleger, vor allem im "Haus Rosenwinkel", einer Einrichtung für sozialtherapeutischen Langzeitwohnen in Bad Tölz. "Der Markt wurde durch die Flüchtlinge rasiert", sagt er.

Trotz seines langsamen Rückzugs aus der Geschäftsführung bleibt dem Psychiater noch genügend Arbeit. Er ist weiterhin für die Strategieentwicklung von Real zuständig, außerdem setzt er seine Lobbyarbeit für psychische Kranke fort, auf regionaler Ebene wie im Steuerungsverbund für psychische Gesundheit, aber auch national und international. Das Ziel: Seine Klientel soll körperlich Erkrankten tatsächlich gleichgestellt sein. Eva-Marie Torhorst will in ihrem neuen Job "die beste Leistung im bestehenden System für unsere Rehabilitanden erreichen". Dazu gehört unter anderem das Aushandeln von Verträgen und Leistungen durch die Real-Mitarbeiter. "Für unsere Klienten wäre das eine Überforderung."

© SZ vom 21.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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