Bad Tölz:Erst klauen, dann umtauschen

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Eine Kassiererin, ihre Tochter und deren Bekannter stehlen Elektrogeräte für viele tausend Euro. Das Amtsgericht verurteilt das diebische Trio wegen Bandendiebstahls zu Bewährungsstrafen

Von Benjamin Engel, Bad Tölz

Es war wohl der letzte einer ganzen Serie von Diebstählen in der Tölzer Kaufland-Filiale, bei dem Mitte September 2014 eine Diebesbande auf frischer Tat ertappt wurde. Das Trio - eine 52-jährige Kassiererin der Filiale, ihre 24-jährige Tochter und deren 29-jähriger Bekannter - soll Elektrogeräte aus der Filiale gestohlen haben. Hatte die Kassiererin Dienst, packten die anderen beiden oder Helfer Einkaufswägen mit der Ware voll. Die schoben sie an der Kasse vorbei, ohne die Geräte zu verbuchen und zu zahlen. Das Diebesgut sollte in anderen Kaufland-Filialen umgetauscht, der Erlös geteilt werden. Mutter und Tochter gestanden am Montag vor dem Amtsgericht Wolfratshausen die beiden Diebstähle von September 2014. Der Dritte bestritt, beteiligt gewesen zu sein. Das Gericht verurteilte das Trio wegen schweren Bandendiebstahls in zwei Fällen zu Bewährungsstrafen.

Die Kassierin sagte aus, ihre Tochter sei an dem Tag im September 2014 zweimal in der Filiale gewesen. Vormittags habe sie drei Fernseher und eine Kaffeemaschine an der Kasse vorbeigeschmuggelt, mittags noch einmal drei Fernseher, zwei Radios und auch Lebensmittel. Der Gesamtschaden: rund 1300 Euro. Beim zweiten Mal passten Mitarbeiter der Supermarkt-Filiale die Tochter ab. Die Kassiererin wurde fristlos entlassen.

Nach den Angaben der 52-Jährigen hatte der Bekannte der Tochter die Idee, gemeinsam zu klauen. Mit den Worten "Davon könnten wir alle profitieren" habe er sie im Sommer 2014 angesprochen. "Ich habe aber nie etwas abbekommen", sagte die Frau. Die Vorgehensweise war immer die selbe: Kauften Kunden in der Filiale Elektrogeräte, machte sie Kopien der Kassenzettel. Die gab sie dem Bekannten als "Einkaufsliste". Der junge Mann sei rund zwei Monate etwa alle 14-Tage in die Tölzer Filiale gekommen - oft zwei bis dreimal täglich. Er habe Elektrogeräte wie Fernseher, Musikanlagen, Bierkästen oder Zigaretten an der Kasse vorbeigeschafft. Auch Freunde hätten mitgemacht. Laut Tochter wollte der 29-Jährige mit den Kassenzettel-Kopien die Elektroartikel in anderen Kaufland-Filialen umtauschen.

Der Angeklagte hatte bei der Polizei bereits eine Beteiligung an den Diebstählen eingeräumt. Er stritt aber ab , bei den beiden Taten Mitte September 2014 mitgemacht zu haben. Zu dieser Zeit will er einer Nachbarin beim Umzug geholfen haben und rund 180 Kilometer entfernt von Bad Tölz gewesen sein. Die 57-Jährige bestätigte das. Sie seien aber noch einmal mit ihm nach Bad Tölz gefahren, um weitere Sachen zu holen. Sie könne nicht ausschließen, dass er auch einmal weg gewesen sei.

Das Team der Kaufland-Filiale hatte indes schon länger Verdacht geschöpft. Im Lager wurden die Regale mit Elektroartikeln auffallend schnell leer. Die Tölzer Filialleiterin sagte, eine Mitarbeiterin einer Augsburger Filiale habe angerufen. Dort hätten zwei Frauen versucht, Elektrogeräte mit kopierten Kassenzetteln aus Bad Tölz umzutauschen. Anhand der Bediennummer auf dem Coupon sei schnell klar gewesen, dass die 57-Jährige die fragliche Kassiererin gewesen sei. Das Team habe sie beobachtet und schließlich auf frischer Tat ertappt. Bei der Jahresinventur wurde Fehlbestand von Minus 142 000 Euro festgestellt. Laut Filialleiterin sind 30 000 bis 40 000 Euro normal. "Das ist erschütternd", sagte der Mann vor Gericht.

Der Staatsanwalt sah das Trio schuldig. Der Anwalt des Angeklagten forderte Freispruch. Richter Helmut Berger verurteilte das Trio wegen schweren Bandendiebstahls - dazu braucht es mindestens drei Mittäter. Der vorbestrafte Mann, der in psychiatrischer Behandlung ist, erhielt eine Bewährungsstrafe von einem Jahr und elf Monaten. In das Urteil floss eine Verurteilung wegen zweimaligen Fahrens ohne Fahrerlaubnis ein. Die Frau wurde mit einem Jahr und vier Monaten, ihre Tochter mit einem Jahr und zwei Monaten auf Bewährung verurteilt. Beide müssen je 500 Euro an den Kinderschutzbund zahlen.

© SZ vom 15.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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