Bad Tölz:Eilige Erklärungen

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An Stehtischen wurden die Kreisräte nach ihrer Sitzung empfangen. (Foto: oh)

Arbeitsagentur und Jobcenter informieren Kreisräte über ihre Aufgaben

Von Klaus Schieder, Bad Tölz

Udo Kohnen und Andreas Baumann mussten sich in Geduld fassen. Fast zwei Stunden lang warteten die Chefs der Arbeitsagentur und des Jobcenters mit ihren Mitarbeitern im Foyer des Landratsamts auf die Kreisräte, die im großen Sitzungssaal tagten und tagten. Zwischendurch kam Hubert Oberhauser (Freie Wähler) mit seiner Aktentasche raus, entschuldigte sich und eilte von dannen. Baumann sah dem Rathauschef von Egling ein wenig frustriert hinterher. "Ausgerechnet mein Lieblingsbürgermeister", sagte der Leiter des Jobcenters. An Stehtischen hatten sich die Angestellten der Arbeitsagentur und des Jobcenters postiert, um den Kreisräten in einem Sozialgespräch zu verdeutlichen, wofür mehr als 8,5 Millionen Euro im Haushalt für das Jobcenter vorgesehen sind. Er glaube, dass die Lokalpolitiker da "null Ahnung" hätten, sagte Baumann.

Die Aktion sollte denn auch dazu dienen, die Mandatsträger über die Leistungen der beiden Einrichtungen zu informieren - "damit sie wissen, was läuft, und das ihren Wählern erklären können", wie Initiator Baumann sagte. Das sollte nicht mit Fachvorträgen in epischer Breite geschehen, sondern mit ganz kurzen Fragen an die Kreisräte, die ihnen von Bürgern gestellt werden könnten. Zum Beispiel: Was passiert mit meinem Auto, wenn ich Hartz IV beantrage? Die Antwort sei simpel, so Baumann: "Das kann man behalten." Sofern es nicht gerade ein Rolls Royce sei, ergänzte Kohnen. Ein anderes Thema: Ein Firmenchef sucht Mitarbeiter und fragt, wer ihm helfen könne. Dazu biete die Arbeitsagentur einen Arbeitgeber-Service an, erwiderte Kohnen. Der umfasst außer individueller Beratung und einer Jobbörse auch die Vermittlung von möglichen Kandidaten - nicht bloß solchen, die arbeitslos gemeldet sind, sondern auch Kunden, die noch im Berufsleben stehen und sich selbst nach einer neuen Stelle umsehen.

Außer Hartz IV und Arbeitslosigkeit spielte auch das Projekt "Forward" eine Rolle, mit dem Flüchtlinge, die eine Bleibeperspektive haben, so früh wie möglich in einer Ausbildung oder sogar auf dem Arbeitsmarkt untergebracht werden sollen. "Wir stellen seine Kompetenzen fest, erstellen ein Profil und beraten ihn", sagte Kohnen. Das funktioniere auch, wenn ein Flüchtling ins Jobcenter hinüber wechsle oder ein Studium anstrebe. Die Agentur für Arbeit betreut derzeit 469, das Jobcenter kümmert sich um 318 Asylbewerber im Landkreis. Von ihnen wurden 50 in einen Arbeitsplatz und fünf in eine Ausbildung vermittelt, für 107 wurden Maßnahmen beim Arbeitgeber (MAG) veranlasst, eine Art Trainingsprogramm. 31 nehmen an einer Weiterbildung teil.

Auch wenn die Kreisräte erst nach 17.30 Uhr allmählich aus dem Sitzungssaal kamen und mancher von ihnen wegen wichtiger Abendtermine an den Stehtischen vorbeilief, zieht Baumann ein positives Fazit des Sozialgesprächs: "Das hat sich rentiert." Die Lokalpolitiker seien wirklich interessiert gewesen und hätten auch tief greifende Fragen gestellt, allerdings sei die Diskussion meist nur kurz ausgefallen, resümiert der Leiter des Jobcenters. "Viele waren überrascht, welche vielfältigen Aufgaben in der Arbeitsverwaltung anfallen." Nach einer halben Stunde war alles vorbei, die Sitzung hatte einfach zu lange gedauert. "Ich wollte das ja im Sommer machen, aber da hatte der Kreistag sein Sommerfest", sagte Baumann. "Das wäre noch blöder gewesen."

© SZ vom 26.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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