Bad Tölz:Die unsichtbare Gefahr

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Die Verschmutzung von Gewässern mit Mikroplastik bereitet Fischer Nikolaus Schöfmann Sorgen. (Foto: Hartmut Pöstges)

Der Fischereiverband warnt vor kleinsten Plastikpartikeln, die in Flüssen und Seen schwimmen

Von Martina Schulz, Bad Tölz

Dass Plastik in der Natur nichts verloren hat, ist eine Binsenweisheit. Dass es nicht nur offensichtlichen Makromüll gibt, sondern auch winzige Mikropartikel, ist weniger geläufig. Nikolaus Schöfmann, der Beauftragte des Landkreises Bad Tölz-Wolfratshausen für den Fischereiverband Oberbayern, hatte deshalb zur Jahresversammlung der Fischereiverbände Anton Steiner eingeladen. Der Ministerialrat im bayerischen Umweltministerium ist für den Bereich Monitoring, Wasserhaushalt und Warndienste zuständig und referiert kenntnisreich über Mikroplastik in hiesigen Gewässern.

"Wir sind von einer Plastikwelt umgeben", sagte Steiner. Wenn es zu Shakespeares Zeiten schon Plastik gegeben hätte, wäre der Zersetzungsprozess erst jetzt, rund 400 Jahre später, allmählich abgeschlossen. Jeder Europäer verbrauche im Jahr etwa 100 Kilogramm Plastik und vieles davon lande durch "Littering" (neudeutsch für Entsorgen des Mülls durch Wegwerfen) in der Natur, wo es nicht nur eine sichtbare Gefahr für Tiere darstelle, die sich darin verfangen könnten, sondern wo sich oft winzige Partikel durch Zersetzung abspalten, das sogenannte Mikroplastik, das kleiner als fünf Millimeter ist.

Neben diesem sekundären Mikroplastik, das durch mechanische, chemische und biologische Prozesse entsteht, gelangt aber auch primäres Mikroplastik in die Umwelt. Wer denke schon beim Waschen seiner Fleecejacke daran, dass sich Fasern lösen können? Diese sind so klein, dass Kläranlagen sie nicht filtern. Dasselbe gelte auch für Reinigungsmittel oder Kosmetikprodukte, denen Plastikteilchen beigesetzt seien, um Produkte wirksamer zu machen. Als Beispiel nannte Steiner hier Reinigungsperlen, die sich in einigen Zahnpasta-Marken befänden. Auch in Bier habe man bereits Plastikpartikel entdeckt, die wohl durch Fasern hinein gelangt seien, die sich aus Filtern lösen, die bei der Produktion benutzt würden. Das Trinkwasser sei aber bisher nicht betroffen, versicherte Steiner.

Die Auswirkungen von Mikroplastik auf Binnengewässer untersucht Bayern seit 2013 - und war damit das erste Land, das sich mit dieser Problematik auseinander setzte. In Wielenbach bei Weilheim steht diesbezüglich die wichtigste Forschungsanlage Deutschlands. Dort werden unter anderem Fische mit Mikroplastik gefüttert, um die Folgen abschätzen zu können. Man gehe Fragen nach, inwieweit Fische diese Teilchen mit echtem Futter verwechseln und inwiefern Gentoxität vorliege - ob also das Plastik das Erbgut und damit auch die Nachkommen der Fische schädige. Im Landkreis gehörten der Starnberger See und die Isar zu den Gewässern, die untersucht würden, sagte Steiner. Man könne bisher allerdings feststellen, dass es eine Belastung gebe. Was diese genau bedeute, darüber lasse sich bis zum Abschluss der Studien 2016 nichts sagen.

Die Fischereiverbände im Landkreis unternehmen jedoch bereits etwas gegen die unbekannten Gefahren, die von Mikro- wie von Makroplastik ausgehen könnten. Bei der jüngsten gemeinsamen Säuberungsaktion entlang der Isar Anfang Oktober habe man 50 Säcke voller Müll gesammelt, darunter auch Sessel und eine große Anzahl Schlauchboote, die entsorgt worden seien.

© SZ vom 02.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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