Bad Tölz:Der Nestor der Maler im Isarwinkel

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Bis zu 160 Bilder von Spethmann sollen in der Ausstellung zu sehen sein. Viele finden sich in Dietramszell, wo Spethmann seine Frau kennenlernte. (Foto: Neubauer)

Der Freundeskreis Albert Spethmann sammelt Werke des Künstlers für eine große Retrospektive im Tölzer Landratsamt. Leihgaben sind erwünscht

Von Klaus Schieder, Bad Tölz

Auf einem Selbstporträt setzt sich Albert Spethmann mit Hut, Palette und Pinsel in Szene. Die Mundwinkel hängen nach unten, die Augenbrauen sind zusammengezogen, abweisend schaut er durch die Brille. Den renommierten Maler von Landschaften und Porträts hat Walter Frei vor 31 Jahren selbst noch so kennen gelernt: Er erlebte ihn nicht als umgänglich. "Er war kein bequemer Mensch", sagt Frei. Das spürte er, als er eine Ausstellung mit 25 bis 30 Spethmann-Werken im Saal des Sparkasse an der Tölzer Sparkasse organisierte. Damals habe der Künstler mit seinen Gemälden "gemauert". Er sei "nicht so kooperativ" gewesen, erzählt Frei.

Die Ausstellung, die der Tölzer Spethmann-Freundeskreis zusammen mit dem Kulturverein Dietramszell im Oktober im Landratsamt zeigt, ist wesentlich umfangreicher. Bis zu 160 Bilder sollen dort zu sehen sein. Das Besondere daran: Viele von ihnen stammen aus Privatbesitz und sind deshalb unbekannt. Seit drei, vier Monaten suchen Frei und seine Mitstreiter wie Walter Koob die Besitzer auf, vor allem in Dietramszell wurden sie fündig, wo Spethmann im Jahr 1920 seine Frau Marie Hobmeier kennenlernte. "Es ist ein Glück, dass wir so viele Bilder haben", sagt Frei. Dennoch geht die Suche weiter: Wer einen Spethmann sein eigen nenne, soll sich melden.

Ursprünglich sollte die Werkschau im Stadtmuseum in Bad Tölz stattfinden. Räumlich seien die Kapazitäten dort aber begrenzt, selbst wenn man die Gemälde eng zusammenhänge, könnte man nur etwa 60 davon zeigen, erklärt Frei. Aus diesem Grund wandten sich Freundeskreis und Kulturverein an das Landratsamt, das die Kosten für die Ausstellung trägt, unter anderem für die Versicherung. Vernissage ist am Donnerstag, 1. Oktober. Die Spethmann-Bilder sollen dort von 2. Oktober bis 13. November während der Öffnungszeiten der Behörde nicht bloß im Eingangsfoyer, sondern auch in den langen Gängen, etwa im ersten Stock, zu sehen sein.

An der Schau beteiligt sich auch Cord Schmidt, der Enkel des Malers. Er wohnt in dem Künstlerhäuschen an der Tölzer Austraße, das sein 1884 im Hamburg geborener Großvater im Jahr 1921 zusammen mit seiner Frau Marie bezog. "Er hat sich dort recht wohl gefühlt", erzählt Frei. Von dort aus streifte der Maler, der bei Willi Spatz an der Düsseldorfer Kunstakademie und bei Hugo von Habermann an der Akademie für Bildende Künste in München studiert hatte, immer wieder auf der Suche nach Motiven durch den Isarwinkel und das Loisachtal. Er malte Ansichten von Bad Tölz, wuchernde Bauerngärten um Hechenberg, alte Werkstätten oder Höfe. Und immer wieder Porträts von Einheimischen. Aus seinen Bildern sprächen "trotz aller wortkargen Spröde und Sperrigkeit des Wahl-Tölzers eine lebensbejahende Grundstimmung, die Liebe zu Natur und Schöpfung", schrieb der Tölzer Schriftsteller Gregor Dorfmeister. Ähnlich äußert sich Frei: Spethmann sei ungeachtet seines knorrigen Verhaltens "im Grunde seines Herzens ein Pfundskerl gewesen". 1986 starb der Künstler in Berlin, begraben ist er allerdings in Bad Tölz.

Für Walter Frei ist Spethmann der "Nestor der Maler", die im Isarwinkel gewirkt haben. Ihm persönlich gefällt an den Bildern vor allem, dass sie "wahnsinnig realistisch" gemalt seien. Dabei sagten ihm die frühen Schaffensperioden mehr zu als das Alterswerk, in dem der Künstler "eine sehr pastöse Malweise" an den Tag legte. In der Fachwelt ist Spethmann durchaus anerkannt, seine Werke hängen beispielsweise in der Bayerischen Staatsgemäldesammlung in München, im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg, in Museen in Salzburg, Berlin, Düsseldorf und Frankfurt. Die Schau in Tölz soll weniger Bekanntes von ihm zeigen, nicht zuletzt auch den Einheimischen. "Das ist das Entscheidende", sagt Frei.

Wer ein Bild von Albert Spethmann besitzt und es als Leihgabe für die Ausstellung zur Verfügung stellen möchte, kann einen Termin mit Walter Frei, Telefon 08041/7 33 88, oder mit Walter Koob, Telefon 08027/90 44 44, vereinbaren.

© SZ vom 16.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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