Bad Tölz:Bestnoten für Stollen

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Bei der Prüfung der Bäcker-Innung bekommen 27 von 54 eingereichten Süßspeisen die höchste Punktzahl. Ein hervorragendes Ergebnis, befindet Obermeister Konrad Stelmaszek. Jede Bäckerei hat ihr eigenes Rezept

Von Thekla Krausseneck, Bad Tölz

Der Stollen gehört in Bayern zur Weihnachtszeit wie der Christbaum. Dieses Jahr haben die Liebhaber der Süßspeise ganz besonders großes Glück: Genau die Hälfte aller zur Prüfung eingereichten Stollen sind heuer von der Bäcker-Innung Miesbach-Bad Tölz-Wolfratshausen mit der Bestnote ausgezeichnet worden. Weitere 43 Prozent erhielten die Note gut. Kleiner Wermutstropfen: Vier Stollen wurden nicht zur Prüfung zugelassen, weil die Benotung zu schlecht ausgefallen wäre. Ein Bäcker hatte etwa beim Zuckern des Stollens versehentlich zum Salz gegriffen.

Sobald der Hochsommer endet, stehen die Stollen in den Supermärkten, zusammen mit Spekulatius, Marzipankartoffeln und Dominosteinen. Üblicherweise seien sie günstig, industriell hergestellt, in Plastik verpackt, voller Farb- und Konservierungsstoffe - und von einer Qualität, die von der Bäcker-Innung nicht einmal als zufriedenstellend bewertet werden würde, sagte Innungsobermeister Konrad Stelmaszek bei der Bekanntgabe der Prüfungsergebnisse am Freitag. Wer bei der Bäcker-Innung ein gutes Ergebnis erzielen wolle, müsse mit hochwertigen Rohstoffen aufwarten und noch eine ganze Reihe anderer Kriterien erfüllen.

Manfred Stiefel, Anton Lugauer und Konrad Stelmaszek (v. li.) testeten das Weihnachtsgebäck der Betriebe, die an der Stollenprüfung teilnahmen. (Foto: Manfred Neubauer)

Die Prüfung ist eine Abfolge genau festgelegter Handgriffe: Zuerst wird der Stollen mit Händen und Augen abgetastet. Dann kommt die Oberfläche dran: Welche Konsistenz hat die Kruste? Ist sie zu weich, zu hart? In den nächsten Schritten bewerten die Prüfer die Lockerung, die Struktur sowie Elastizität und den Geruch. Erst am Ende wird der Stollen aufgeschnitten und gekostet. Dabei gehe es dann nicht etwa um den persönlichen Geschmack, sagte Manfred Stiefel vom Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks, einer der Prüfer. Wenn er einen Stollen koste, dann achte er etwa darauf, ob der Geschmack zum Namen des Stollens passe: Ein Nussstollen müsse nach Nuss schmecken, ein klassischer Stollen nach Butter und Zitronat oder Orangeat. "Die Dosierung muss passen", sagte Stiefel.

Das Stollenbacken sei auch für Bäcker jedes Jahr wieder eine Herausforderung. Die Übung verliere sich übers Jahr hinweg, jeder Bäcker müsse sich im Winter erst neu daran gewöhnen. Deshalb seien die ersten Stollen einer Saison "selten die besten", sagte Stiefel. Umso besser sei das Jahr 2016 zu bewerten: "Das Ergebnis ist hervorragend."

Von den 54 eingereichten Stollen verliehen die Prüfer 27 glatte 100 Punkte, 23 Stollen erreichten zwischen 91 und 98 Punkte. Dabei waren sie teilweise so individuell wie ihre Bäcker: Neben dem klassischen Butterstollen gab es Mohn-, Nuss-, Mandel- und sogar einen Bananen-Nugatstollen. Der kam von der Königsdorfer Backstube, die 16 und damit mit Abstand am meisten Stollen eingereicht hatte. Elf davon wurden mit der Bestnote prämiert, dazu gab es drei goldene Urkunden - für einen Schoko-Walnuss-, einen Eierlikör- und einen Pistazienstollen, die allesamt drei Jahre in Folge 100 Punkte erzielt hatten. Auch die Bäckerei Schmid-Bäck aus Geretsried konnte sich zwei goldene Urkunden sichern, für einen Nuss- und einen Weihnachtsstollen. Grund zur Freude gab es für die Berufsschule Bad Tölz: Die hat mit ihrem Butterstollen heuer erstmals 100 Punkte erzielt.

Mit der öffentlichkeitswirksamen Stollenprüfung wollen die Bäcker auf ein bedrohtes Handwerk aufmerksam machen. Anders als bei den billigen Stollen aus den Supermärkten gleiche bei den Bäckereistollen kein Produkt dem anderen: "Die Stollen sind individuell und nicht von der Stange", sagte Stelmaszek. Jeder Betrieb habe sein ganz eigenes Rezept.

© SZ vom 31.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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