Bad Tölz:Besinnung in Variationen

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"Musik und Worte zu Beginn der Passionszeit" in der evangelischen Johanneskirche Bad Tölz

Von Sabine Näher, Bad Tölz

Die evangelische Gemeinde Bad Tölz hat den Übergang von der ausgelassenen Faschings- in die stille Passionszeit mit einer besinnlichen Stunde mit Texten und Musik begangen. In der Johanneskirche fanden sich dazu zwei Dutzend Interessierte ein. Dekanatskantorin Elisabeth Göbel hatte Musik ausgewählt, die sich, so Dekan Martin Steinbach, der für den Wortanteil zuständig war, im Jahr 2017 bewusst auf Luthersche Choräle konzentrierte.

Noch vor der Musik aber waren die Glocken zu hören. Mit ihrem klangvollen Geläut waren sie die bestmögliche Einstimmung auf den Abend. Johann Sebastian Bachs Choralvorspiel zu "Ein feste Burg ist unser Gott" BWV 720 schloss sich mit seiner Freude verkündenden, erhebenden Stimmung, von Göbel mit hellen Farben an der Orgel registriert, trefflich an. Eine gute Gelegenheit für die Organistin, sogleich ihre virtuose Geläufigkeit unter Beweis zu stellen.

Wer ein Konzert im Lutherschen Sinne ausrichten will, tut gut daran, die "Gemeinde", respektive das Publikum, miteinzubeziehen. Denn die aktive Beteiligung durch den Gesang war für den Reformator ein wesentliches Element jeder Liturgie. Göbel hatte dafür vier der schönsten und bekanntesten Lieder ausgesucht, die mitzusingen Freude und Bereicherung war: "Es ist das Heil uns kommen her", natürlich das im Luther-Jahr unvermeidliche "Ein feste Burg ist unser Gott", "Erhalt uns Herr, bei deinem Wort" und schließlich die derzeit leider wieder sehr nötige Bitte "Verleih uns Frieden gnädiglich", die sich ursprünglich auf die leidvollen Erfahrungen des Dreißigjährigen Krieges bezieht.

Obwohl die Besucherzahl überschaubar war, ertönte der Gesang kräftig und mit Freude, von Göbel kunstvoll an der Orgel unterstützt. Dass sie die jeweils passenden Choralvorspiele voransetzte beziehungsweise mitunter auch kontrastierend nachschob, brachte interessante Farben in das Programm. So erklang "Es ist das Heil uns kommen her" bei dem zeitgenössischen Komponisten Zsolt Gárdony (*1946) sehr expressiv und höchst ausgelassen. Bei Händels Hallenser Orgellehrer Friedrich Zachow (1663-1712) dagegen hob es sehr nachdenklich, fast meditativ an, um dann schließlich in heller Freude zu enden. Auch die Fantasie über "Ein feste Burg" des 1950 geborenen Komponisten Denis Bédard brachte neue Klangfarben: Hell aufblitzend, fast übermütig beginnend, mit einem erhaben-feierlichen Mittelteil, in dem immer wieder Klangkaskaden glitzerten, zu einem breiten, behäbigen Schlussteil, in den so etwas wie vorlaute Kommentare eingestreut waren.

Hernach der Altmeister Dietrich Buxtehude (1637-1707): Verschlungene Tongirlanden, mit schönsten Verzierungen ausgeschmückt, entfalteten eine bittende, fast schon flehende Geste.

Dekan Steinbach nahm den Choraltext jeweils zum Ausgangspunkt seiner Betrachtungen. Von allgemein zwischenmenschlichen Situationen berichtend kam er zu theologischen Schlussfolgerungen. "Wie kann ich mit einem Mitmenschen, der mir überheblich und abweisend begegnet, in Kontakt kommen? Ebenso schwer fällt das mit dem 'gesetzlichen Gott'. Ganz anders der liebende Gott, der mir offen begegnet: Für ihn und seine Sache mag ich mich gerne einsetzen."

Diesen habe Martin Luther immer wieder ins Zentrum gestellt. Auch die große Bedeutung des (verständlichen, also nicht lateinischen) Wortes kam zum Tragen: "Luther hat das Wort gleichbedeutend neben die Zeichen, die Sakramente gestellt. 'Erhalt uns, Herr, bei deinem Wort' meint nichts anderes als 'Bleibe bei uns Herr - und weise uns den Weg'." Das sei doch eine sehr passende und schöne Bitte für die beginnende Passionszeit.

Georg Böhms (1661-1733) Choralvorspiel "Vater unser im Himmelreich" mit seiner tief anrührenden, innigen Schlichtheit, wie ein Musik gewordenes Gebet, war die perfekte Überleitung zum gemeinsam gesprochenen "Vaterunser".

Sehr eindringlich gestaltete sich daraufhin das Schlusslied des Abends, "Verleih uns Frieden gnädiglich", gefolgt von Carl Piuttis (1846-1902) reich verzierter und ausgestatteter Orgelversion - dem Abschluss einer wunderbaren Möglichkeit zur Besinnung und inneren Einkehr in der Gemeinschaft.

© SZ vom 04.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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