Bad Tölz:Abstrakte Gärtnerin

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Kräftige Farben, Linien und Strukturen fein verwoben: So wirken die meisten Werke der Münchner Künstlerin Carola Ludwig im Tölzer Kunstsalon. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Der Tölzer Kunstsalon zeigt ungegenständliche Werke der Münchner Künstlerin Carola Ludwig, die deren Eindrücke aus dem "Urban Gardening" widerspiegeln

Von Alexandra Vecchiato, Bad Tölz

Es sind Bilder von eigenartiger Schönheit. Linien und Strukturen fein verwoben, kräftige Farben, die von innen heraus zu leuchten scheinen. Bei näherer Betrachtung zeigt sich, dass keine der Oberflächen glatt ist. Und immer wieder diese Intensität. "Ground Level . . . unter und über der Graswurzel" heißt die aktuelle Ausstellung im Tölzer Kunstsalon in der Marktstraße. Eingeladen hat die Galeristin Patrizia Zewe dieses Mal die Münchner Künstlerin Carola Ludwig. Sie zeigt allerdings nur einen Ausschnitt ihrer Ausstellung "Urban Gardening. Transformation", die vergangenes Jahr in der Seidlvilla in München zu sehen war.

Es mag erstaunen, dass diese ganz und gar ungegenständlichen Werke etwas mit Gärten zu tun haben sollen. Es seien ihre Eindrücke, die sie beim Urban Gardening erfahren habe, sagt Ludwig. Die Künstlerin mit Atelier in Englschalking wirkt am Gemeinschaftsgartenprojekt "O'pflanzt is" in Schwabing mit. Die Bewegung des städtischen Gärtnerns beschäftige sie seit fünf Jahren. Für sie, so Ludwig, gehe es dabei um den Aspekt der Transformation. Sie wollte Erdoberflächen schaffen, sagt sie über ihre etwa ein Dutzend Bilder im Kunstsalon. Ihre große Ausstellung umfasse daneben Objekte, Installationen und Wandbehänge, sogenannte "Hangings".

Bei den Werken in Bad Tölz handelt es sich um Enkaustik-Arbeiten. Auf verschiedene Maluntergründe werden heiße Wachsschichten vermischt mit Farbpigmenten aufgetragen und wieder abgezogen. Ludwig verwendet Papiere, Leinwände und Holz als Untergrund. Das Wachs wird mit einem heißen Eisen aufgetragen. Bienenwachs, Paraffin - es gebe verschiedene Arten, sagt die Künstlerin. Konzeptionell arbeite sie nach Joseph Heinrich Beuys. Um dem Organischen des Urban Gardening gerecht zu werden, habe sie nach einem organischen Medium gesucht und sei so zu Wachs und der jahrtausendealten Enkaustik-Technik gekommen. Zudem passe Wachs zum Thema Transformation, da es verschiedene Aggregatszustände habe.

Entstanden sind in dieser Technik sinnlich erfass- und erfahrbar reliefartige Wandräume mit Rissen, Brüchen und Verdichtungen. "Ich bin ein haptischer Typ", sagt Ludwig über sich selbst. Sie setzt lineare Strukturen und füllt diese mit gemalten Flächen aus. "Spuren", nennt sie das dann. Die Bilder tragen deshalb auch Titel wie "Spurensicherung" oder "Ground Level Blue".

Das urbane Gärtnern - eine Bewegung, die sich in den 1970er-Jahren in New York formierte - sei der Wunsch der mobilen Gesellschaft nach einem Stück Heimat. Der urbane Nomade wolle sich ein Refugium schaffen, was auf der ganzen Welt funktioniere. Salat bleibe Salat, sagt die Künstlerin. Diese Rückeroberung brach liegender öffentlicher Flächen ist ihrer Ansicht nach auch ein wichtiger Aspekt der Gentrifizierung. Viele Familien lebten wieder in Städten und sehnten sich dort nach ihrem Stückchen Land. "Jeder kann sich einbringen. Das finde ich toll."

Die Ausstellung von Carola Ludwig unter dem Motto "Ground Level - unter und über der Graswurzel" ist noch bis 27. Juni im Kunstsalon Patrizia Zewe an der Marktstraße 6, Bad Tölz, zu sehen. Geöffnet ist die Galerie Freitag und Samstag von 14 bis 18 Uhr und nach Vereinbarung unter Telefon 08041/793 75 99.

© SZ vom 08.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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