Bad Heilbrunn:Ansteckend kreativ

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Die private Kunstakademie "EigenArt" in der Heilbrunner Parkvilla hat sich in fünf Jahren zu einer gefragten Adresse für Hobbykünstler entwickelt

Von Lisa Fey, Bad Heilbrunn

Signalrot, Orange und Terracotta - in starken Rottönen malt Kristin Eissa mit Acryl Elemente aus Containerlandschaften, die sie zuvor fotografiert hat. Auf einem ihrer Werke hat sie dem Container ein Rostloch hinzugefügt, durch das der Himmel zu erkennen ist. Einen Namen hat das Bild noch nicht. "Vielleicht Himmelsleiter", sagt die 42-Jährige. Sie steht in einem der drei Ateliers in der Parkvilla in Bad Heilbrunn. Seit 2011 können Laienkünstler sich in der Akademie "EigenArt" kreativ weiterentwickeln. Heuer geben 32 überregional und zum Teil international tätige Dozenten 57 Mal-, Zeichen-, Druck- und Objektkunstkurse.

Begonnen hat die Akademie des Ehepaars Michael Scheingraber und Katrin Hoerner eher klein. 2011 hatten die beiden einen Raum in der malerisch gelegenen Parkvilla von der Gemeinde gemietet. Das Programm umfasste im ersten Jahr acht Kurse. Es habe sich "organisch vergrößert", sagt Hoerner. "Wir waren halt noch nicht bekannt." Sie hätten darauf setzen müssen, dass Interessierte auf ihren Kurskatalog stoßen. Das Ehepaar versteht sein Angebot als eine "exklusive Akademie". Die Teilnehmerzahl werde klein gehalten. Je nach Kurs seien acht bis zehn Anmeldungen möglich, sagt Scheingraber. "Für 2017 stocken wir noch einmal richtig auf", ergänzt Hoerner. Von Ende Januar bis Mitte Oktober sollen 35 Dozenten 72 Kurse anbieten.

Dozent Jan Bresinski mit Schülerin Kristin Eissa. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Scheingraber war 34 Jahre lang als Regisseur und Autor tätig. Die Entscheidung, aus dem Filmgeschäft auszusteigen, habe er nie bereut, sagt er. "Es ist viel spannender, noch mal etwas Neues zu machen." Hoerner leitet neben der Kunstakademie mehrere Online-Ressorts des Focus.

Die Kunstakademie "EigenArt" hat drei Räume im ersten Stock der Parkvilla gemietet. Die Ateliers sind hell und geräumig; jeder, der hier malt oder zeichnet, hat Platz für Kreativität. Es riecht nach Ölfarbe. Die trockne sehr langsam, sagt Scheingraber. Die meisten Teilnehmer kämen aber von weither, aus Hamburg, Berlin, Österreich und der Schweiz und zum Teil sogar aus New York. Deshalb seien Bilder aus Acryl sehr beliebt, die seien schneller transportfähig. Das Highlight ist der Raum mit dem Balkon, welcher an einem Sommertag einen weiten Blick über Bad Heilbrunn gewährt.

Neben Staffeleien stehen Tische mit Künstlerbedarf bereit. In alten Joghurteimern warten Pinsel auf ihren Einsatz. Verschiede Farben können auf Papptellern zu neuen Farbtönen vermischt werden. Auf einem der Tische stehen Kaffee und Milch. Wer eine längere Mittagspause machen möchte, kann sich bei einem Spaziergang im Park inspirieren lassen oder im Restaurant Park Villa deutsch oder mediterran speisen.

Die Teilnehmer nutzten das Kursangebot für einen Kreativurlaub, erzählt Scheingraber. Der Großteil sei mindestens 40 Jahre alt, der älteste Teilnehmer 85. Die Gäste befänden sich in der Lebensphase, in der sie wieder mehr Zeit für ihre eigene kreativen Entfaltung hätten. Die Kunstkurse dienten nicht nur der Vermittlung von Fähigkeiten, sondern auch der Bildung einer Gemeinschaft. So besuchen die Teilnehmer das Franz-Marc-Museum in Kochel am See oder gehen zusammen essen. Da werde man auch mal "gemeinsam lustig", sagt Scheingraber und lacht. 70 Prozent der Teilnehmer seien Wiederkehrer, sagt Hoerner.

Das Ehepaar Michael Scheingraber und Katrin Hoerner betreibt die Kunstakademie in der malerisch gelegenen Parkvilla. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Kristin Eissa besucht den Kurs "Jenseits der Grenzen" von Jan Bresinski, den sie bereits vom vergangenen Jahr kennt. "Es ist jedes Mal wieder spannend", findet sie. Die 42-Jährige lebt in der Nähe von Stuttgart und arbeitet als Sängerin und Architektin. Für den fünftägigen Kurs hat sie sich frei genommen und ein Hotelzimmer in der Nähe der Akademie gemietet. Bresinski sei sehr einfühlsam und gehe auf jeden Kursteilnehmer individuell ein, erklärt Eissa. Der Dozent sagt über seine Schüler: "Ich hole sie dort ab, wo sie sind." Jeder habe seine eigene Handschrift.

Im benachbarten Raum unterrichtet Angelika Sieger den Kurs "Gegen den Strich". Die Dozentin ist mit eigenen Bildern in der Sammlung der Pinakothek der Moderne in München vertreten. In diesem Jahr sind ihre Werke außerdem auch in Perth in Australien ausgestellt.

Jeder Dozent werde mit Bedacht gewählt, sagen Scheingraber und Hoerner. Bedeutend sei dabei auch, dass die Künstler in Bayern und im näheren Umland keine anderen Kurse anbieten. So entstehe die Exklusivität, welche die Akademie ausmache, erklärt Hoerner. Ein "Dauerbrenner" sei der Kurs "Reiseskizzen", berichtet Scheingraber. Gerhard Marquard gebe Teilnehmern die Möglichkeit, im Urlaub mit Füller, Tinte und einem Skizzenbuch statt "300 Handybildern" in kurzer Zeit etwas Lebendiges festzuhalten. Der Dozent gebe seit der Gründung der "EigenArt" Kurse in der Parkvilla, erklärt Scheingraber.

Dem einen oder anderen ambitionierten Künstler tropft in einer kreativen Phase schon mal die Farbe auf den Boden. Das sei jedoch kein Problem, erklärt Hoerner. Denn der Boden, der auf den ersten Blick wie Parkett aussieht, werde durch einen Belag aus PVC bewahrt. "Schließlich ist die Villa denkmalgeschützt".

© SZ vom 23.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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