Austausch mit Folgen:Das Isarwehr ist nicht mehr ganz dicht

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Das mittlere der drei Wehre an der Isar schließt nicht mehr richtig. Das stelle keine Gefahr dar, sagt der Tölzer Stadtwerke-Chef Walter Huber. (Foto: Manfred Neubauer)

Stadtwerke ersetzen Kette im Isarwehr - jetzt ist es nicht mehr ganz dicht

Von Alexandra Vecchiato, Bad Tölz

60 Jahre ist das Wehr am Tölzer Stausee alt. "So etwas kauft man nicht von der Stange", sagt Stadtwerke-Chef Walter Huber. Im Juli wurde am mittleren Wehr die Antriebskette ausgetauscht. Seitdem schließt die Klappe nicht mehr richtig. Eine Firma zu finden, die den 20 Tonnen schweren Verschluss reparieren kann, ist gar nicht so leicht. Bei Stahlwasserbaufirmen in der Schweiz, in Österreich und in Deutschland habe man angeklopft, sagt Huber. Die meisten seien ausgebucht. Ein erstes Angebot aus Baden-Württemberg liegt den Tölzer Stadtwerken vor. Die Reparatur soll in vier bis fünf Wochen losgehen. Billig wird das nicht: Eine erste Grobschätzung geht von 200 000 bis 250 000 Euro aus. Genauer könne man die Kosten nicht beziffern, weil noch nicht klar sei, was genau kaputt ist, sagt Huber.

Als die Stadtwerke das Tor nach dem Austausch der Kette wieder in Betrieb nehmen wollten, stellte sich heraus, dass die Klappe nicht mehr ganz nach unten fährt. Das Wehr ist nicht mehr ganz dicht.

Eine Gefahr stelle dieser Defekt nicht dar, sagt Huber, zumal die beiden anderen Wehre einwandfrei funktionieren. Ein extremes Hochwasser mit bis zu 600 Kubikmeter Wasser, was dem Pfingsthochwasser 1999 entspräche, könne man ohne Probleme auffangen. Denn das Mittelwehr wurde zur Reparatur komplett mit "Nadeln" abgeriegelt - einer Wand aus etlichen, acht Meter langen und 30 Zentimeter dicken Eisenstangen. Müsste Wasser abgelassen werden, würden "die Nadeln gezogen", also der starre Verschluss geöffnet, sagt der Stadtwerke-Chef. Da ein Hochwasser nicht von einer Sekunde auf die andere daherkomme, sondern mit ein bis zwei Tagen Vorlauf, sei das kein Aufwand. "In einer Stunde ist das erledigt."

Aufwendig sei dagegen die Feinregelung. Wenn nach einem Gewitter der Pegelstand um einen Meter steigt, fließe das überschüssige Wasser normalerweise automatisch über die geschlossene Klappe ab. Momentan müssten Schwankungen ausgeglichen werden. "Das bedeutet, dass unsere Mitarbeiter auch mal nachts rausfahren müssen, um die Maschine anzuwerfen."

Noch nicht genau geklärt ist, was am Mittelwehr eigentlich kaputt ist. Da der Schaden auftrat, als die Antriebskette, die die Klappe nach oben zieht, ausgetauscht wurde, liege der Verdacht nahe, dass es damit zu tun haben könnte, sagt Huber. Zumindest habe sich die Mechanik verzogen. Per Ultraschall soll nach Haarrissen gesucht werden. Eines erschwert die Reparatur: Solche Klappen seien früher oft mit asbesthaltiger Farbe gestrichen worden, sagt Huber. So auch am Tölzer Wehr. Das hätten Laboruntersuchungen ergeben. Daher müsse man eine Spezialfirma mit der Reparatur betrauen. Zuerst einmal muss die Klappe ausgebaut werden. Dafür muss der Stausee abgelassen werden, die Isar wird für diesen Zeitraum wieder zum reißenden Fluss. Achteinhalb Meter beträgt die Fallhöhe des Stausees - allein die drei Wehre halten diese Wassermassen ab.

Sollte die alte Klappe ersetzt werden müssen, sei die Alternative, das komplette Wehr im Tölzer Stausee neu zu bauen. Allerdings ist Huber von dieser Lösung nicht begeistert. Die Konzession der Stadtwerke zur Nutzung der Wasserkraft, um Strom zu erzeugen, laufe im Jahr 2024 aus. Die Investition in ein neues Wehr mit nur sieben Jahren Planungssicherheit sei wenig sinnvoll, sagt der Leiter der Tölzer Stadtwerke.

© SZ vom 20.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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